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Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Titel: Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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hatten einen Zwischenhalt auf der Manas Air Base in Kirgisistan, wo die Luft kalt war und nach Gras roch. Während der dreistündigen Wartezeit versuchte Ross, seinen Großvater anzurufen, dann Ivy, dann seine Mutter. Doch er hatte kein Glück. Also ging er in den Speisesaal, um sich etwas zu essen zu holen. Obwohl es mitten in der Nacht war, wimmelte es nur so vor Aktivität. Ross schaute sich die Poster über Moral, Gesundheitsfürsorge und Erholung an, die überall hingen und Ausflüge, Golfexkursionen und Spabehandlungen anboten, was für ihn so exotisch klang wie ein Glas französischer Brandy. Bevor er sich eingeschrieben hatte, war Luxus dank seines Großvaters ein Teil seines Lebens gewesen. Nunkehrte er verändert zurück durch die Dinge, die er gesehen und getan hatte. Doch zumindest hielt er das Versprechen, das er seinem Großvater gegeben hatte.
    Ich hoffe, es geht dir gut, Granddad, dachte er. Bitte sei wie ein verwundeter Soldat, der zusammengeflickt und wieder hinausgeschickt wird. Beim nächsten Zwischenstopp in Baku, Aserbaidschan, unterdrückte er den Drang, abzuhauen und wie ein Zivilist zu reisen. Er atmete tief durch und wartete auf den Flug zum Shannon Airport in Irland. Er konnte es sich nicht erlauben, jetzt vom Weg abzukommen.
    Denn offenbar benahm sich sein Großvater ziemlich verrückt. Die Behandlung abzubrechen und sich auf den Weg zu einem Bruder zu machen, den er nie zuvor auch nur erwähnt hatte, war doch verrückt, oder?
    Während seiner Entsendung hatte Ross viel darüber gelernt, Menschenleben zu retten – aber von Granatsplitterwunden und traumatischen Amputationen, nicht von Gehirntumoren. In seinem Kopf steckte noch ein Bild von seinem letzten Einsatz. Er dachte an den Jungen und den verwundeten alten Mann, die in dem Haus gefangen gewesen waren und sich aneinander festgehalten hatten. Alles war ihnen genommen worden, und doch hatten sie beide eine unglaubliche Ruhe ausgestrahlt. Er hatte nicht herausgefunden, was aus den beiden Dorfbewohnern geworden war; aus den Augen, aus dem Sinn war meistens das Motto ihrer Einsätze.
    Er wünschte, er hätte sich nach ihnen erkundigt.

3. KAPITEL
    N a“, sagte George Bellamy und schnallte sich wieder an. „Das war ja mal aufregend.“ Claire lenkte den Wagen auf die Straße und versuchte, ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden. „Auf so eine Art Aufregung kann ich gut verzichten.“ Sie fuhr langsam und extra vorsichtig, als wenn tausend Augen sie beobachteten.
    George schien völlig ungerührt von der Begegnung mit dem Polizisten. Er hatte höflich darauf hingewiesen, dass das hier ein freies Land war. Nur weil gewisse Familienmitglieder sich Sorgen machten, hieß das nicht, dass er gegen irgendein Gesetz verstoßen habe.
    Officer Tolley hatte ihnen eine Reihe von Fragen gestellt. Zu Claires Erleichterung waren die meisten davon an George gerichtet. Die sachlichen Antworten des alten Mannes hatten ihnen den Tag gerettet. „Junger Mann“, hatte er gesagt. „So sehr es mir gefallen würde, von einer attraktiven Frau gefangen gehalten zu werden, aber das ist hier nicht der Fall.“
    Claire hatte ihre Lizenz und ihr Zertifikat als Krankenschwester vorgezeigt. Dabei hatte sie versucht, sich wie eine ganz normale Frau zu geben, höflich und freundlich. Darin hatte sie ja auch reichlich Übung.
    Die Anstrengung schien sich gelohnt zu haben, denn der Polizist fand nichts, was gerechtfertigt hätte, sie weiter aufzuhalten. Er schickte sie mit einem „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag“ ihrer Wege.
    „Geht es Ihnen immer noch gut?“, fragte Claire George. Vor ihnen tauchte eine Tankstelle auf. „Sollen wir hier kurz anhalten?“
    „Nein, danke“, erwiderte er. „Wir sind doch gleich da, oder?“
    Sie zeigte auf das Navigationsgerät zwischen ihnen. „Dem Navi nach sind es noch elf Komma sieben Meilen.“
    „Als ich ein Junge war“, sagte George, „haben wir immer den Zug von der Grand Central Station nach Avalon genommen. Da sind wir in einen alten, klapprigen Bus gestiegen, der am Bahnhof auf uns wartete, um uns zum Camp Kioga hinaufzufahren.“ Er hielt inne. „Tut mir leid.“
    „Was denn?“
    „Dass ich eine Geschichte mit den Worten ‚Als ich ein Junge war‘ angefangen habe. Ich schätze, das werden Sie noch öfter von mir zu hören bekommen.“
    „Sie müssen sich nicht entschuldigen. Jede Geschichte fängt irgendwo an.“
    „Guter Punkt. Aber für die Welt im Allgemeinen ist meine eigene Geschichte nicht

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