Sommergayflüster
Ich ächzte laut.
Als er vom Bad zurückkam, stellte er sich neben mein Bett und beobachtete mich, wie ich das Glas in einem Zug leerte. „Ich spreche nicht von dem Pferd …“
„Nein?“
„Nein, ich spreche von gestern … Was zwischen uns passiert ist, und das weißt du.“
„Hm, das verstehe ich nicht. War es etwa nicht geil für dich? Okay, du bist nicht gekommen, aber ich hätte …“ Wieder fiel mir Viktor ins Wort.
„Darum geht es doch nicht!“
„Um was denn dann?“
„Was du gesagt hast. Dass deine Freunde dir empfohlen hätten, hier Urlaub zu machen, weil … weil ich schwul bin. Damit du hier Sex haben kannst … Normalerweise fange ich mir nichts mit Gästen an, aber du … du bist eine Ausnahme gewesen.“
Verblüfft öffnete ich den Mund. Viktor hatte da etwas in den falschen Hals bekommen. „Du denkst, ich habe hier Urlaub gemacht, weil ich ein wenig Spaß mit dir haben wollte?“
„Ist es nicht so?“
„Ich …“ Mürrisch richtete ich mich auf. „Ja, vielleicht hatte ich einen Hintergedanken, aber … du musst zugeben, es war eine geile Nummer.“
Viktor nickte. „Ja, sie war geil … aber ein Fehler.“
„Ein Fehler?“, giftete ich und sah ihn böse an. „Sag mir, dass du mir nicht sofort wieder an die Wäsche gehen würdest, wenn du die Chance hättest.“ Ich grinste boshaft.
„Würde ich, trotzdem … Hör zu, das gestern war wirklich toll und ich habe es genossen. Ich wünschte, es würde mehr Sex mit dir geben, aber du bist ein Gast. Dementsprechend werde ich dich auch behandeln.“
„Was?“ Ich funkelte Viktor wütend an. Laufpässe gab immer noch ich und nicht umgekehrt!
„Du hast mich richtig verstanden. Ich bin keine schnelle Bettnummer, mit der du dir den Urlaub vertreiben kannst. Was gestern passiert ist, kann ich nicht mehr rückgängig machen, aber es wird nicht mehr vorkommen.“
Aufgebracht, weil er mich tatsächlich abweisen wollte, fasste ich nach dem Verschluss seiner Hose. „Ach ja? Gibs doch zu. Du willst es noch einmal. Lass es uns tun.“
Doch Viktor stieß mich von sich. Er umklammerte meine Handgelenke und presste mich auf mein Bett. Mit seinem Körpergewicht hielt er mich unter sich gefangen. „Jetzt hör mir mal gut zu: Ich bin nicht auf der Suche nach flüchtigen Bekanntschaften. Das gestern war … was soll ich sagen: Auch ich bin nur ein Mann, und ich bin deinen Reizen erlegen. Aber es wird nicht wieder passieren. Solange du keine ernsthaften Interessen hast und nicht offen für mehr als ein schnelles Abenteuer bist, brauchst du es gar nicht wieder zu versuchen.“
Ohne darauf reagieren zu können, stieß er sich von mir ab und eilte zur Tür. „Also noch einmal: Es tut mir leid. Ich bin zu weit gegangen. Aber mehr ist nicht drin.“ Damit wandte er sich ab und verließ mein Zimmer. Wütend griff ich nach dem Kissen und schleuderte es ihm hinterher. Doch es traf nur die verschlossene Tür.
Ich hatte, seit ich in der Pubertät war, alles geknallt, was nicht rechtzeitig auf den Bäumen war. Ich hatte immer nach meinen Spielregeln gespielt. Und plötzlich änderte Viktor meine Gesetze? Meine Regeln? Niemand, aber wirklich niemand, beendete eine Liaison ohne meine Zustimmung!
***
Seit Stunden starrte ich auf die Uhr. Die Zeit wollte nicht vergehen. Unruhig wälzte ich mich auf die andere Seite. Mein Hintern brannte.
„Scheiße“, fluchte ich und erhob mich. Nach wie vor geisterte Viktor in meinen Gedanken herum. Seine Worte hatten mich verletzt. Ja, ich musste zugeben, ich hatte einen Hintergedanken gehabt, als ich diesen Urlaub gebucht hatte. Aber es hatte auch keine Garantie gegeben, dass Viktor auf mich eingehen würde. Außerdem war der Sex mit ihm besser als alles andere in meinem Leben gewesen. Noch nie hatte sich jemand mit so viel Hingabe mit mir beschäftigt.
Ich schlug auf die Decke ein. Das alles hatte keinen Sinn. Ich würde nicht schlafen können, bis ich nicht mit Viktor gesprochen hätte. Ich musste ihm sagen, dass er etwas Besonderes gewesen war, dass ich bei ihm alle Regeln über Bord geworfen hatte.
Leise schlich ich aus meinem Zimmer und stieg die Treppen hinunter. Unten an der Rezeption führte eine zweite Treppe nach oben zu den Privatzimmern des Wirts. Diese nahm ich. Einen Augenblick später stand ich im oberen Stockwerk und blickte mich um. Hinter einer der vielen Türen war Viktors Schlafzimmer. Eine Gänsehaut zog sich bei dem Gedanken über meinen Körper. Schlief Viktor vielleicht
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