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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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haben.«
    Judith machte Anstalten aufzustehen. »Gib dir keine Mühe! Es ist alles gesagt. Ich sehe dich morgen bei der Ärztekammer.«
    »Einen Moment. Ich bin gleich wieder da. Ich habe etwas, was dich interessieren wird. Etwas, was du nicht weißt.«
    Sie stand schon fast. Sah mich an. Ich bemühte mich, normal zu atmen. Sie setzte sich wieder hin.
    »Einen Augenblick«, sagte ich.
    Ohne diesmal meine wartenden Patienten auch nur eines Blickes zu würdigen, steuerte ich auf meine Assistentin zu. Sie telefonierte gerade.
    »Nur die Salbe oder auch die Creme?«, fragte sie.
    »Liesbeth, könntest du mal kurz …«
    »Moment bitte«, sprach sie in die Muschel.
    »Schick bitte alle Patienten nach Hause«, sagte ich leise, »und sag den anderen ab. Denk dir irgendwas aus, egal was. Und geh dann auch nach Hause. Nimm dir den Rest des Tages frei. Ich muss jetzt kurz mit Judith … Es ist gut, wenn ich mit ihr etwas länger …«
    »Hast du gehört, wie sie dich genannt hat? Das kannst du dir doch nicht –«
    »Ich bin nicht schwerhörig, Liesbeth«, unterbrach ich sie. »Judith ist ziemlich durcheinander. Sie weiß nicht, was sie sagt. Vielleicht habe ich bei Ralph den Ernst der Krankheit unterschätzt. Das ist schlimm genug. Ich werde erst … Ich unternehme was mit ihr, mal raus, einen Kaffee trinken auf einer Terrasse. Sie braucht etwas Zuwendung. Sehr verständlich. Aber ich will nicht, dass die Patienten mich mit ihr weggehen sehen. Also schick sie so schnell wie möglich weg.«
    Als ich wieder in mein Sprechzimmer kam, saß Judith Meier immer noch auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch.
    Sie wendete den Kopf, sah meine leeren Hände und warf mir einen fragenden Blick zu.
    »Die Akte muss doch irgendwo hier liegen«, sagte ich.

[Menü]
5
    Eine Hausarztpraxis wie meine hat ihre Schattenseiten. Man bekommt ständig Einladungen. Die Leute finden, dass man ein bisschen dazugehört – mit Betonung auf »ein bisschen«. Vernissagen, Buchpräsentationen, Film- und Theaterpremieren, kein Tag vergeht, an dem nicht eine Einladung im Briefkasten liegt. Nicht hinzugehen ist keine Alternative. Wenn es um ein Buch geht, kann man sich noch damit herausreden, dass man erst bis zur Hälfte ist, man könne kein Urteil abgeben, solange man es noch nicht ausgelesen hat. Aber Theaterpremieren sind Theaterpremieren. Hinterher muss man etwas sagen. Das wird von einem erwartet: dass man etwas sagt. Ich rate dringend davon ab. Nicht tun. Niemals . Was man davon hält, behält man wohlweislich für sich. Eine Zeit lang habe ich es mit Floskeln versucht. Floskeln wie »Es gab ein paar schöne Szenen« oder »Wie hat es euch denn gefallen?«. Aber damit gaben sie sich nicht zufrieden. Man muss sagen, dass man es fantastisch fand, dass man dankbar ist, bei einer solch historischen Premiere dabei gewesen zu sein. Filmpremieren finden meist montagabends statt. Aber auch dann kann man anschließend nicht einfach verschwinden. Man muss sein Gesicht zeigen. Man will nicht zu spät nach Hause, man ist der Einzige, der am nächsten Tag zur normalen Zeit arbeiten muss. Man steht vor einem Hauptdarsteller oder einem Regisseur, und man sagt, dass man es fantastisch fand.
    Das Zweitbeste ist »bewegend«. Das sagt man über das Ende eines Films. Ein Sektglas in der Hand, sieht man dem Hauptdarsteller oder dem Regisseur tief in die Augen. Man hat zwar das Ende des Films schon vergessen oder, besser gesagt, es ist einem gelungen, das Ende gleich wieder zu verdrängen, doch man macht eine ernste Miene und sagt: »Ich fand das Ende bewegend.« Danach kann man nach Hause.
    Ich bin mir noch nicht im Klaren darüber, was schlimmer ist: der Film oder die Theatervorstellung an sich oder das Herumstehen hinterher. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man während eines Films leichter an andere Dinge denken kann als während einer Theatervorstellung. Bei einer Theatervorstellung ist man sich seiner eigenen Anwesenheit bewusster. Seiner eigenen Anwesenheit und des Verstreichens der Zeit. Des Zeigers der Uhr. Für die Theaterpremieren habe ich mir extra eine Armbanduhr mit Leuchtzeigern angeschafft. Es passiert etwas mit der Zeit in einer Theatervorstellung. Etwas, was ich noch immer nicht ganz verstehe. Sie steht nicht still, die Zeit, nein, sie stockt. Man folgt den Bewegungen der Schauspieler, hört die Sätze, die aus ihren Mündern kommen, und es ist, als würde man mit einem Löffel in einer immer zäher werdenden Substanz rühren. Irgendwann lässt sich

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