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Sommerkussverkauf

Sommerkussverkauf

Titel: Sommerkussverkauf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jill Mansell
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Weib, hast du kein bisschen Grips im Kopf?« Also hatte Estelle kapituliert und sich eingeredet, dass sie womöglich falsch lag. Die lange unterdrückten Zweifel waren jedoch oft zurückgekehrt und hatten sie verfolgt. Was die örtliche Schule anging, nun, Maddy und Jake Harvey schien sie nicht geschadet zu haben. Sie mochten nicht promoviert und auch keine stratosphärische Karriere eingeschlagen haben, aber sie waren durch und durch nette, junge Leute, auf die jedes Elternpaar stolz wäre. Und natürlich beteten sie ihre Mutter an. Trotz all der wirklich schlimmen Dinge, die Marcella im Laufe der Jahre zugestoßen waren, beneidete Estelle sie insgeheim.
    »Da ist er! Dad, Dad, da drüben!« Die Familie neben ihr fing an zu kreischen, und Estelle war gezwungen, sich zu ducken, um nicht in das Transparent gewickelt zu werden. Ihr Dad stieß einen Schrei des Entzückens aus und kam angelaufen, um gleich mehrere Kleinkinder in seine Arme zu schließen. Während sie ihn abküssten und er ihnen sagte, wie sehr er sie vermisst habe, sah Estelle, wie er den Blick seiner Frau auffing und mit den Lippen
Ich liebe dich
formte. Die Frau, die mindestens vierzig sein musste, strahlte wie eine junge Braut und warf ihm eine Kusshand zu. Glücklich wartete sie, bis sie an der Reihe war.
    Plötzlich füllten sich Estelles Augen mit Tränen. Jetzt beneidete sie schon fremde Menschen – völlig Fremde, die ein Plakat in die Höhe hielten, über das sich ihre eigene Tochter lustig machen und es für prollig erklären würde.
    Bestimmt hatte dieses Paar heute Nacht fabelhaften Sex.
    Dann riss sie sich zusammen, weil Kate durch die Pforte kam, mit einem Gepäckwagen, auf dem sich turmhoch die Koffer stapelten. Sie sah aus wie eine Prominente in ihrem eleganten, grauen Hosenanzug, der dunklen Brille und dem Filzhut.
    »Liebling! Ju-hu!«, rief Estelle (etwas prollig) und winkte, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Kate entdeckte sie, kam auf sie zu und bot ihr die unbeschädigte Seite ihres Gesichts zum Kuss. Estelle umarmte sie etwas zu stürmisch in dem Versuch, mit den Nachbarn mitzuhalten. Dadurch rutschte der Filzhut von Kates Kopf und landete direkt in einem Kinderwagen.
    Der kleine Junge starrte den Hut an, als sei er eine Bombe. Kate nahm den Hut rasch wieder an sich und setzte ihn auf. Estelle zuckte zusammen, als eines der kleinen Kinder rief: »Mum, was ist mit dem Gesicht der Dame passiert?«
    »Pst«, schalt seine Mutter. »Es ist nicht nett, so etwas zu fragen. Die arme Frau …« Sie lächelte Kate mitfühlend an. »Es tut mir so leid. Sie wissen ja, wie Kinder sind.«
    Kate bedachte die Frau mit einem Blick, der eine Walnuss hätte knacken können. Brüsk verlangte sie: »Mum, können wir von hier weg?
Jetzt?
«
    Kate wartete, bis sie im Lancia die M 4 entlangbrausten, bevor sie wieder etwas sagte. »Wird Dad zu Hause sein, wenn wir kommen?«
    Estelle warf ihr einen Blick des Bedauerns zu. »Tut mir leid, Liebes. Er muss arbeiten.«
    »Wie üblich.« Kate sah zu, wie sich ihre Mutter eine Zigarette anzündete. Estelle rauchte heimlich, wenn ihr Mann nicht in der Nähe war.
    »Aber er kommt bald nach Hause«, fuhr Estelle fröhlich fort. »Er kann es kaum erwarten, dich zu sehen.« Sie schwieg kurz. »Ich dachte, wir essen heute gemeinsam im
Fallen Angel
zu Abend. Nur du und ich.«
    Kate schauderte. Das
Fallen Angel
war das einzige Pub in Ashcombe. ›Nur du und ich‹ ließ sich ungefähr so übersetzen: Wir beide sitzen am Tisch, während alle anderen Gäste uns von der Bar beäugen und sich über die wohlverdiente Strafe der arroganten Ziege lustig machen.
    Sie hatte nicht darum gebeten, zur arroganten Ziege erklärt zu werden, dieses Etikett hatte man ihr vor Gott weiß wie vielen Jahren einfach aufgedrückt und seitdem haftete es an ihr.
    »Liebling, ich weiß. Aber du musst dich ihnen irgendwann stellen.« Estelle wusste nur zu gut, wie Klatsch und Tratsch in einer Kleinstadt blühen konnten.
    Kate seufzte und starrte aus dem Fenster, während Berkshire an ihnen vorbeischoss, in einem verschwommenen Bild aus smaragdgrünen Grasnarben und geometrisch angepflanzten Bäumen. Sie wusste, dass ihre Mutter recht hatte.
    Laut sagte sie: »Wir werden sehen.«
     
    »Du musst es Mum sagen«, erklärte Jake.
    »Ich kann es Mum nicht sagen.« Maddy vergrub das Gesicht in den Händen. »Sie flippt aus.«
    »Du solltest es dennoch tun. Sie hat ein Recht darauf, zu erfahren, dass er wieder zurück ist.« Jake sprach leise.

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