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Sommerliches Schloßgewitter

Sommerliches Schloßgewitter

Titel: Sommerliches Schloßgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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mich irren, aber mir kam das wie ein massiver Wink mit dem Zaunpfahl vor. Jetzt möchte ich nur eins wissen. Wenn dieser Baxter wirklich so ein Meister aller Klassen war, warum hat man ihn dann gehen lassen?«
    Der Butler sicherte vorsichtig nach allen Seiten.
    »Es gab da gewisse Schwierigkeiten, Sir.«
    »Silberne Löffel geklaut, wie? Immer dasselbe mit diesen Strebern.«
    »Es ist mir nie gelungen, alle Einzelheiten in Erfahrung zu bringen, Sir, aber es hatte etwas mit Blumentöpfen zu tun.«
    »Hat er Blumentöpfe geklaut?«
    »Dem Vernehmen nach hat er damit nach seiner Lordschaft geworfen.«
    Hugo sah jetzt empört aus. Er war ein schneidiger junger Mann, den ungerechte Behandlung in Harnisch bringen konnte.
    »Dann möchte ich aber verdammt nochmal wissen«, sagte er, »weshalb dieser Baxter als Sekretär soviel besser gewesen sein soll als ich. Schön, ich mag nicht der Eilfertigste sein, ich mag vergessen, Briefe zu beantworten, ich mag mich auch gelegentlich an warmen Nachmittagen einmal dem Schlummer hingeben – aber zumindest werfe ich nach niemandem mit Blumentöpfen. Nicht einmal mit einem Radiergummi habe ich bisher nach Lord Emsworth geworfen. – Aber zurück zur Arbeit. Dieser Ausritt heute morgen und das Nickerchen nach dem Essen haben mich ein bißchen zurückgeworfen. Bitte, vergessen Sie das Briefchen nicht.«
    »Nein, Sir.«
    Hugo dachte nach.
    »Wenn ich mir’s recht überlege«, sagte er dann, »ist es vielleicht besser, Sie geben es mir wieder. Zu unsicher, so viel Geschriebenes in Umlauf zu haben. Sagen Sie Miss Millicent nur, daß sie mich Punkt sechs im Rosengarten finden wird.«
    »Im Rosengarten …«
    »Um Punkt sechs.«
    »Sehr wohl, Sir. Ich sorge dafür, daß sie die Nachricht erhält.«
2
    Während der nächsten zwei Stunden ereignete sich rein gar nichts in und um Blandings Castle. Dann klang durch die schläfrige Stille ein schläfriger Glockenton. Er kam von der Uhr über den Ställen, die fünf schlug. Im selben Augenblick trat eine kleine, aber sehenswerte Prozession aus dem Haus und nahm ihren Weg über den sonnenbeschienenen Rasen in Richtung auf die große Zeder, die einen wohltuenden Schatten spendete. Angeführt wurde sie von James, einem Diener, der ein voll beladenes Tablett trug. Ihm folgte Thomas, ein weiterer Diener, mit einem Klapptisch. Die Nachhut bildete Beach, der nichts trug, sondern dem Ganzen lediglich Würde verlieh.
    Jene innere Stimme, die allen guten Engländern Bescheid sagt, wenn der Tee fertig ist, trat nun in Aktion. Noch während Thomas den Klapptisch aufstellte, erschien wie auf ein Stichwort hin ein älterer Gentleman in einer fleckigen Tweedjacke und einem Hut, dessen er sich hätte schämen sollen: Clarence, der neunte Earl von Emsworth persönlich. Er war ein großer, hagerer Mann von ungefähr sechzig, augenblicklich leicht mit Stallmist bespritzt, denn er hatte die meiste Zeit an diesem Nachmittag damit verbracht, durch Schweinekoben zu schlendern. Er beäugte die Vorbereitungen für den Fünf-Uhr-Tee mit vager Freundlichkeit durch einen randlosen Kneifer.
    »Tee?«
    »Jawohl, Euer Lordschaft.«
    »So?« sagte Lord Emsworth. »Aha. Tee, wie? Tee? Jaja, Tee. Schön, schön, Tee. Großartig.«
    Seinen Bemerkungen konnte man entnehmen, daß er das Herannahen der Teestunde mit Befriedigung zur Kenntnis genommen hatte. Er machte jetzt Anstalten, diese Entdeckung seiner Nichte Millicent mitzuteilen, die sich, von derselben inneren Stimme herbeigerufen, soeben an seiner Seite eingefunden hatte.
    »Tee, Millicent.«
    »Ja.«
    »Äh … Tee«, wiederholte Lord Emsworth, um Mißverständnisse zu vermeiden.
    Millicent setzte sich und bediente die Teekanne. Sie war schlank, blond, hatte sanfte blaue Augen und ein Gesicht wie von Tizian gemalt. Ihre ganze Erscheinung strahlte reine Unschuld aus. Nicht einmal ein Fachmann hätte feststellen können, daß sie eben erst von einem bestochenen Butler eine geflüsterte Mitteilung erhalten hatte und beabsichtigte, sich um Punkt sechs mit einem völlig unstandesgemäßen jungen Mann zwischen den Rosenhecken zu treffen.
    »Warst du bei der Kaiserin, Onkel Clarence?«
    »Wie? Oh, ja. Ja, mein Kind. Ich war den ganzen Nachmittag bei ihr.«
    Lord Emsworths milde Augen leuchteten wie immer, wenn dieses edle Tier, die Kaiserin von Blandings, erwähnt wurde. Der neunte Earl von Emsworth hatte nur einige bescheidene Ziele in diesem Leben. Es hatte ihn nie danach verlangt, die Geschicke des Staates zu beeinflussen,

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