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Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Donohue
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und erinnerte sich nicht mehr an seine Ermahnung. Als sie mit der Sonne aufwachte, streckte sie die Hand nach ihm aus, und ihre Finger berührten Fell. Sie drehte sich um, um ihn anzusehen, doch er sah genauso aus wie ein Mensch. Sie stützte sich auf die Ellbogen, setzte sich auf und hielt Ausschau nach den anderen Leuten, die auf der Erde schliefen, doch alle um sie herum waren Braunbären, die im Sonnenlicht schlummerten. Sie stand auf und drehte sich auf den Zehenspitzen, doch wohin sie auch sah, erblickte sie Braunbären. Als der Mann ihr die Hand auf die Schulter legte, flößte er ihr Angst ein, aber in ihren Augen war er noch immer ein Mensch.
    »Fürchte dich nicht«, sagte er. »Das sind meine Brüder und Schwestern. Sie werden dich nicht verletzen. Und obwohl du mich – und alle Bären – mit deiner Schwester im Wald beleidigt hast, wird dir kein Leid geschehen. Trotz deiner Flüche habe ich mich in dich verliebt. Ich möchte dich zur Frau.«
    »Gunalche’esh hó hó«, sagte sie. Ich danke dir sehr . »Ax téix’katix’áayi i jeewu.« Du hast den Schlüssel zu meinem Herzen .
    Der alte Mann neben mir räusperte sich, um zu einer weiteren Bemerkung anzusetzen, aber ich brachte ihn mit einer brüsken Geste und einem klagenden Blick zum Schweigen.
    In jeder anderen Hinsicht waren sie ein frisch vermähltes Paar. Da er nicht wollte, dass sie ihn als Bär sah, nahm er nur im Schutz der Dunkelheit Bärengestalt an – wenn er auf ihren Rücken stieg, war er, wie er war. Zu allen anderen Zeiten erschien er ihr als schöner Mann. Sie liebte den Basstriller in seiner Stimme, die dunkle Tiefe seiner Augen und die Art, wie er seine Wirbelsäule durchstreckte, wenn er aufstand und den Duft des Windes erschnupperte. Er brachte ihr Eichhörnchen, Schneehühner, wilde Beeren und Lachse voller Rogen und baute ein Zuhause; fern von den anderen Bären grub er eine Höhle in den Südhang eines Berges. Ihr Rücken und ihre Schultern waren von seinen Krallen zerkratzt. Seine Lenden schmerzten von der Häufigkeit ihrer wilden Liebesspiele. In diesem ersten Winter lebte sie, während er seinen Winterschlaf hielt, von mit Baumsaft gesüßten Tees und von Maulwürfen und Mäusen, die sich in ihre Höhle verirrten; und sie gab sich größte Mühe, die Langeweile zu vertreiben, indem sie sich seine Träume ausmalte. Ihre Entschädigung war, dass er die Wärme der Welt in seiner Brust barg, und vom ersten Frost bis zur Schneeschmelze fand sie den ganzen Winter über Unterschlupf unter einem Fellmantel. S’ee war glücklich mit ihm, mit dem, den sie einfach X’oots nannte oder Brauner Bär.
    Während draußen ihr erster Winter tobte, spürte sie die fremden Tritte und Regungen in ihrem Bauch, und bis es Sommer wurde, war sie voll der Sorge, ob ihr Kind ein Grizzly oder ein Tlingit werden würde. X’oots brüllte, als das Baby geboren wurde, rosa wie ein Rotlachs, ein menschlicher Junge. Sie nannte ihn Yei koo.shk’ nach dem Vater, den sie nicht gekannt hatte. Mit dem ei nen Kind an der Brust, das aber wie ein Bärenjunges wuchs, wurde sie in diesem Herbst erneut schwanger, und in ihrem zweiten Sommer kam ein kleines Mädchen unter den Bären zur Welt. Die beiden kleinen Kinder beschäftigten sie so sehr, dass sie ihren Stamm vergaß – und man kann sagen, dass die erste Aufwallung der Liebe in jedem von uns den irrigen Glauben nährt, wir wären nun ein ganz anderer Mensch als zuvor. Nur wenn sie nicht an ihre Vergangenheit dachte, konnte es geschehen, dass sie sich wie ein Fuchs in die Höhle schlich. Als die Sonne wieder eine Fremde wurde, machte sich X’oots auf, ein neues Zuhause zu suchen, und der Gedanke, dass er monatelang schnarchen würde, während sie sich um ihre Babys kümmerte, erfüllte sie mit Grauen. Eines Morgens, als die Kinder umherkrabbelten und sich um ein Stück getrockneten Fisch balgten, fragte S’ee ihren Mann: »Wer wird mir helfen, während du den ganzen Winter schläfst?«
    »Wir alle werden schlafen«, grummelte er. »Du, ich, die Babys.«
    »Nein, die Babys schlafen nie, oder wenn sie schlafen, bin ich hellwach, und wenn ich müde bin, wollen sie gestillt werden oder spielen. Dein Junge besteht nur aus Zähnen und glaubt, meine Brustwarze wäre ein Stück Rinde. Und du liegst auf den besten Zweigen in der Ecke. Und nie öffnest du ein Auge, das Baby könnte noch so schreien, den Fuß in ein Loch eingeklemmt, und nun sind zwei da.«
    »Ich bin ein Bär, Dolly, und sie sind halbe Bären. Wir

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