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Sommernachtsschrei

Sommernachtsschrei

Titel: Sommernachtsschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Maurice gestritten. Leonie hat mir die Karte gezeigt, weil sie mir eine andere Erinnerung geben wollte. Sie wollte mein Gedächtnis manipulieren! Das war, wie wenn man lange und oft genug ein Foto betrachtete, bis man dieses Bild zusammen mit anderen, echten Erinnerungen abgespeichert hat. Man wusste dann gar nicht mehr, ob die Erinnerung vom Foto stammte oder ob man es selbst erlebt hatte.
    Es gibt keine Zweifel: Leonie will, dass ich glaube, dass ich es war. Damit der wahre Täter nie gefunden wird. Und Nadia benutzt sie für ihre eigenen Interessen. Angeblich hat sie mich ja gesehen, aber ich wage zu zweifeln, dass das stimmt. Wen also schützt sie? Sich selbst? Vivian?
    In diesem Augenblick wird ein Motor angelassen, Scheinwerfer blitzen auf, ich ducke mich tiefer hinter den Blumenkübel. Hoffentlich will jetzt keiner in die Tiefgarage! Doch der Wagen schießt vorbei und ich kann gerade noch den silberfarbenen Mercedes von Leonies Eltern erkennen. Wo wollen sie hin? Zur Party? Mich suchen? Wenigstens haben sie mich nicht entdeckt.
    Ich betrachte die gefalteten Papierbögen. Ausgefranst auf einer Seite. Herausgerissen aus einem Heft. Aber das ist eindeutig nicht Leonies Schrift! Sie ist gedrungener und liegt jeweils ein paar Millimeter unter der Zeilenlinie. Ich überfliege die einzelnen Seiten, dann sehe ich das Datum: 13. Juli letztes Jahr. Das war der Tag vor der Sommerparty.
    Ich erwarte nichts Gutes, als ich anfange zu lesen.
    27. Mai
    Ich muss immer an ihn denken! Jede Faser meines Ichs sehnt sich nach ihm.
    Seine Stimme ist wie Samt und trotzdem so männlich. Seine Augen so sanft und doch so fordernd. Seine Hände, er hat so wahnsinnig schöne Hände, schlank und doch muskulös. Und sein Körper, so stark und…
    Ich könnte ihn immer ansehen! Aber er beachtet mich nicht. Das tut so weh. So unbeschreiblich weh.
    Wer ist damit gemeint? Und wer hat das geschrieben? Ich falte die nächste Seite auseinander.
    13. Juli
    Heute nach Englisch bin ich als Letzte noch im Raum geblieben. Da hat er mich ansehen müssen! Morgen ist doch die Party am See. Gehen Sie hin? Meine Schwester tritt da mit ihrer Band auf. So was hab ich gesagt. Etwas Besseres ist mir nicht eingefallen.
    Und er? Hat mich angesehen!
    Das ist doch eine Schülerparty, oder? Lehrer unerwünscht!
    Mann, wie er dabei gelächelt hat! Ich bin, glaub ich, ein bisschen rot geworden.
    Das gilt nur für ein paar!, hab ich gesagt und musste mich anstrengen, ihn nicht so anzuhimmeln. Und außerdem sind Sie ja Referendar!, hab ich noch hinzugefügt.
    Als er nichts gesagt, nur gelächelt und dann seine Tasche zugemacht hat, konnte ich nicht anders und hab einen ziemlich blöden Vorwand benutzt, um ihn einzuladen. Ausgerechnet Leonie hab ich hergenommen. Sie würde sich sehr freuen, also sie und ihre Band würden sich wahnsinnig freuen, wenn Sie kommen würden, hab ich behauptet.
    Superlüge. Und so was gefaselt wie: Es gibt ja nicht so viele Lehrer hier, die die Musik der Flings verstehen.
    Und ich soll sie verstehen?, hat er gefragt.
    Ich hab die Schultern gezuckt und mich angestrengt, nicht so aufgeregt zu sein.
    Wieder sein Lächeln. Dann sag deiner Schwester einen schönen Gruß, ich werd mal sehen, was sich machen lässt!
    Als er rausgegangen war, hab ich ganz fest die Faust auf die Tischplatte gehauen, sonst wäre ich vor Glück wahrscheinlich verrückt geworden.
    Nadia also…
    15. Juli steht auf der anderen Seite. Der Tag nach der Party. Der Tag, an dem für mich nichts mehr so war wie vorher.
    Ich lehne mich gegen die Mauer der Tiefgarageneinfahrt, strecke meine Beine aus, dann lese ich:
    Alles ist aus. Was passiert ist, hat alles verändert. Ich liege seit letzter Nacht im Bett, ich will auch die nächsten Tage nicht aufstehen. Nie mehr. Mum und alle denken, ich bin krank. Franziska hat Maurice erschlagen!
    Ich war mit Olaf am Bootshaus, es war alles so schön! Ich hab ihn dahingelockt, ja, hab gesagt, unten am Bootshaus würden ein paar Leute Joints rauchen. Stimmte überhaupt nicht, aber ich wollte, dass er mit mir runter zum See geht. Denn oben auf der Wiese hat er mir so seltsam zugelächelt. Und er hat so viel gelacht…
    Natürlich war unten am Bootshaus niemand, hab ich jedenfalls gedacht. Da hab ich einen Joint angezündet und wir haben ein bisschen rumgestanden. Und er hat nichts wegen des Joints gesagt. Ich glaube, er war ein bisschen beschwipst und dann hat er auch ein paar Züge genommen und wir haben gelacht und ich hab mich ganz nah zu

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