Sommernachtszauber
hohen Gras lagen mehrere Pärchen verborgen und auf der Suche nach der Kühlbox stolperte Sukie, Entschuldigungen murmelnd, über so manche halb entblößte Hautpartie.
»Hier! Ich hab’s! Fang auf!«, schrie Chelsea, um die Band zu übertönen.
Sukie fing.
Gerade hatten sie die eiskalten Bierdosen mit einem köstlichen Schaumzischen geöffnet und an die dürstenden Münder gesetzt, als jemand von der seitlichen Bühnenwand um die Ecke gestapft kam.
»Was machen Sie da?«, knurrte eine Stimme. »Sie beide da! Ja, Sie!«
Sie hielten inne. Ein Polizist tauchte als Schatten aus der Dunkelheit auf. Mist, dachte Sukie, Liebeskummer und Gefängnis, und das innerhalb von nur vierundzwanzig Stunden. Wie könnte das Leben schöner sein?
Seine Blicke wanderten über ihre hochgeschnürten Busen, die Netzstrümpfe und die farbenprächtigen Kleider, und er grinste – dann erstarb sein Lächeln, und er machte ein verdutztes Gesicht. »Chelsea? Chelsea Hopkins? Und Sukie Ambrose? Ich glaub es nicht! Ich hätte gedacht, ihr wärt inzwischen weit, weit weg von hier! Das ist ja ein Ding – habt ihr da getanzt? Seid wirklich ihr das gewesen da droben? Das war ja eine sagenhaft scharfe Nummer!«
Na toll, dachte Sukie, ein sexgeiler Polizist – der gruseligerweise auch noch ihre Namen kannte.
Sie beäugte ihn. Groß, schlank, dunkelhaarig …
Er stand da wie angewurzelt. »Ich kann es kaum fassen … Chelsea, du wirst dich an mich wohl kaum noch erinnern, aber in der Schule war ich total verknallt in dich. Ich hatte allerdings solche Angst, dass du nur mit mir spielst, dass ich dir immer ausgewichen bin. So ein Trottel war ich. Seitdem bin ich nie einer anderen begegnet, die dir das Wasser reichen konnte …«
Chelsea gab ein ersticktes Geräusch von sich.
»Liebe Güte!« Sukie schüttelte den Kopf. »Nicky Hambly! Ich dachte, du wärst bei der Air Force – aber eine Uniform lässt sich bestimmt leicht gegen eine andere tauschen. Chelsea, das ist -«
Aber es war offenbar vollkommen überflüssig, ihn Chelsea vorzustellen. Nicky und sie sahen einander kurz verklärt an, und im nächsten Augenblick sprangen sie schon mit einem Freudenjuchzer lachend und Händchen haltend in die Dunkelheit davon.
Sukie war sich selten so überflüssig vorgekommen. Sie nahm Chelseas stehen gelassenes Bier und trottete unglücklich wieder zur Vorderseite der Bühne.
Die Bandmitglieder hüpften in wilden Verrenkungen auf der Bühne herum und röhrten einen Lee-Dorsey-Klassiker, zu dem das Publikum begeistert tanzte.
Sukie umrundete das Gehege, in dem Ambers Coronation-Street -Ziegen für die Nacht sicher eingepfercht waren, und setzte sich im Dunkeln auf eine rustikale Bank. Wie konnte man sich, umgeben von so viel Fröhlichkeit, Lärm und Scharen glücklicher Menschen, nur so einsam fühlen? Wie kam es, dass sie für ihre besten Freunde, zahlreichen Bekannten und ein paar Leute, die gar nichts davon wussten, Romanzen hatte heraufbeschwören können – und selbst so furchtbar unglücklich war?
Sie würde sich jetzt einfach auf ihre Karriere konzentrieren müssen und sich so in die Arbeit stürzen, dass gar keine Zeit bliebe, an Derry zu denken und an das, was hätte sein können. So bald wie möglich würde sie Jennifer sagen, dass sie sich von Beauty’s Blessings lösen wolle, um sich mit der Aromatherapie selbstständig zu machen, und dann mindestens zwanzig Stunden am Tag arbeiten. Jennifer würde letztlich schon einverstanden sein, wenn sie für jeden Termin, der über den Salon gebucht wurde, eine kleine Provision bekäme. Ja, das ließe sich bestimmt machen.
Und ob die Verwendung von Liebestränken nun moralisch fragwürdig war oder nicht, sie würde auf jeden Fall für ihre Massageöle weiter die Pflanzen aus dem Garten von Pixies Laughter verwenden und Coras Vermächtnis in Ehren halten. Sie würde die Tradition fortführen und mit Hilfe der Naturkräfte auf ihre Weise die Leute glücklich machen.
Traurig nickte Sukie im Dunkeln. Wenn sie doch nur auch selbst glücklich werden könnte …
»Rutsch mal.«
Sie wandte den Kopf.
Derry lächelte ihr entgegen. »Rück ein wenig. Deine Petticoats brauchen ja einen ganzen Sitzplatz für sich.«
Sukie schluckte und schaute weg, sie wollte nicht Milla überglücklich hinter ihm stehen sehen.
»Ach, und ein Bier!« Derry zwängte sich auf die Bank und nahm ihr eine der Dosen aus der Hand. »Hervorragend. Da sitzt das schönste Mädchen der Welt, herausgeputzt in einem Kostüm, das
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