Sommernachtszauber
schubsen?«
Gleichgültig spähte Sukie durch den Kneipenmief.
O Gott!
Der Mann, der da mit Joss und Freddo sprach, sah haargenau aus wie der junge Bryan Ferry – erotische Glut, in die Stirn fallendes schwarzes Haar und markante Wangenknochen. Sukie kannte dieses Gesicht von dem Foto neben Millas Bett.
Er sah auf und begegnete ihrem Blick. Er lächelte.
»Ähem.« Sukie räusperte sich. »Hm, ich habe gehört, Sie suchen nach Milla? Sie sind wohl nicht etwa -«
»Boswell Borthington.« Er lächelte und zeigte strahlend weiße Zähne. »Sir Boswell Borthington für meine Feinde – für meine Freunde Bo-Bo.«
Zum Teufel noch mal! Sukie schloss die Augen. Bo-Bo! Endlich! Aber viel zu spät!
25. Kapitel
J erns und Timmys Hochzeitsparty war in vollem Gange. Auf dem weitläufigen Dorfanger von Fiddlesticks – ein englischer Traum mit verschlungenen Kieswegen, zahlreichen Trauerweiden und einer rustikalen Brücke über einem breiten, träge dahinfließenden dunklen Fluss – ging es seit Mittag zu wie bei einer extravaganten Mischung aus Mardi Gras und Notting-Hill-Karneval. So kam es zumindest den Dorfbewohnern vor, die am Maifeiertag in Scharen herbeiströmten, um alle angebotenen Vergnügungen zu genießen, solange sie nur kostenlos waren.
Die Wettervorhersage hatte sich ausnahmsweise als richtig erwiesen, und Fiddlesticks glänzte unter strahlend blauem Himmel im hellen Sonnenschein. Unmengen von Leuten waren aus Hassocks und Bagley und Winterbrook gekommen – sogar von so weit entfernten Orten wie Steeple Fritton, Lesser Fritton und Fritton Magna – um bei freier Verpflegung vor dem Weasel and Bucket und kostenlosen Getränken im Schankraum den Tag und die Nacht durchzufeiern. Auf Petronella Bradleys Nostalgie-Jahrmarkt konnte man wie früher auf Pferden reiten, während Flynn und Posy Malones Kirmes-Dampfmaschine dabei für den Zauber und Reiz vergangener Zeiten sorgte.
Joss, die Feiertage sonst immer gefürchtet hatte, weil Marvin dann den ganzen Tag zu Hause blieb und noch ungenießbarer war als sonst, konnte sich an die neue Freiheit noch gar nicht ganz gewöhnen und kam sich fast so vor, als würde sie die Schule schwänzen. Sollte sie denn als erwachsene Frau nicht eigentlich irgendetwas »Vernünftiges« tun?
Aber ja: Später würde sie da oben im Rahmen des abendlichen Unterhaltungsprogramms Cancan tanzen – sie warf erneut einen nervösen Blick auf die höchst professionelle Bühne samt Scheinwerfern, Lautsprechertürmen und schwarzen Kabeltrommeln am anderen Ende der Wiese – aber vorerst genoss sie einfach nur jeden Moment der Party.
Zugegeben, sie hatte ganz schön Bammel davor, zum ersten Mal in aller Öffentlichkeit zu tanzen, auch wenn sie die Schrittfolgen immer wieder geprobt und jeden Abend bis zum Umfallen geübt hatte. Sukie und Chelsea hatten unendlich viel Geduld mit ihr gehabt und ihr sehr geholfen.
Joss konnte nur hoffen, dass sie die beiden heute Abend nicht enttäuschte.
Fern und Timmy waren eine Zeit lang in vollem Hochzeitsstaat, überglücklich und braun gebrannt von den Flitterwochen am Indischen Ozean, über die Wiese gewandelt. Joss hatte ihnen mit Freddo an der Hand alles Gute gewünscht und sich, wie jeden Tag seit ihrer Rückkehr aus Battersea, gefragt, ob das Leben denn eigentlich überhaupt noch schöner sein könnte.
Sie hatte begonnen, in der Künstleragentur zu arbeiten, und fand es herrlich. Sie und Freddo waren in jeder Hinsicht ein ideales Team, und es kümmerte Joss nicht die Bohne, wie lange die Anwälte bräuchten, um die Bande ihres früheren Lebens zu lösen. Sie fühlte sich gebraucht, geliebt und anerkannt und war über die Maßen glücklich.
Über kurz oder lang würde sie Freddo bitten, seine reichlich chaotische Wohnung in Winterbrook aufzugeben und zu ihr in den Bungalow zu ziehen, und sie wusste, da würde sie nicht lange bitten müssen – aber so weit war es noch nicht. Auch wenn sie an Selbstsicherheit gewonnen hatte, würde sie sich doch niemals aufdringlich oder tonangebend zeigen. Außerdem hatten sie ja alle Zeit der Welt. Momentan genoss sie einfach nur ihr neues Leben in vollen Zügen; ihre Unabhängigkeit, die beruflichen Herausforderungen und vor allem das Gefühl, zu lieben und geliebt zu werden.
»Ich hab für die Band noch einiges zu erledigen«, sagte Freddo, als sie über den sonnenbeschienenen Jahrmarkt mit den altmodischen, braun-goldenen Wohnwagen und den im Kreis trabenden Reitpferden schlenderten. »Sie müssten bald
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