Somnambul Eliza (German Edition)
entschlossen.
Valeriu kräuselte die Lippen. Dann
fragte er streng: „Hast du deinen Ring dabei?“
„Schon, aber den kann ich doch in deinem
Beisein nicht anziehen“, meinte Eliza irritiert.
„Vorhin wäre das sicherlich
kontraproduktiv gewesen, da stimme ich dir zu. Aber wenn du unbedingt hier
bleiben möchtest, kann ich das nur verantworten, wenn ich mit absoluter
Sicherheit weiß, dass René dich nicht anrühren kann“, erklärte Valeriu ernst.
„Ich habe dir viel Blut genommen und du bist immer noch unsicher auf den
Beinen. Bitte sei vernünftig und warte hier bei Wilbert“, bat er und gab ihr
einen langen, intensiven Kuss.
Dann gab er Wilbert Anweisung, auf Eliza
achtzugeben und war im nächsten Augenblick erneut in dem alten Fabrikgebäude
verschwunden.
Eliza saß bei offener Tür auf dem
Beifahrersitz des Jaguars und verkrallte ihre Finger im Sitzleder. Kurz darauf
strich sie nervös über den Opalring, der wieder einmal blutrot schillerte. Sie
konnte doch nicht einfach hier sitzen und untätig abwarten.
„Soll ich Ihnen nicht die Wolldecke aus
dem Kofferraum geben, Miss Hoffmann? Es ist bitterkalt und nach allem, was ich
bisher gehört habe, haben Sie in den letzten Stunden Entsetzliches
durchgemacht“, meinte Wilbert besorgt.
„Er wird im Keller nach René suchen,
oder?“ fragte sie unvermittelt, ohne auf Wilberts Frage einzugehen.
„Ja, davon würde ich ausgehen. Bitte
machen Sie sich keine Sorgen. Der Baron weiß, was er tut“, versuchte er sie zu
beruhigen, doch da war Eliza schon erneut aus dem Wagen gestiegen.
Sie fühlte sich schon besser. Das
Schwindelgefühl im Kopf war fast gänzlich verschwunden und ihre Beine gaben
nicht mehr bei jedem Schritt nach.
„Miss Hoffmann, bitte!“ Wilbert
versuchte verzweifelt, sie aufzuhalten, doch sie hatte die Haustür schon
erreicht. Das Treppenhaus mit dem schmiedeeisernen Geländer, durch das sie vom
zweiten Stock ins Erdgeschoss gelangt waren, führte auch noch tiefer hinab.
Eliza atmete tief durch und schlich dann, immer an der Wand entlang, lautlos
die Treppe hinunter. Eine Weile gab es noch ausreichend Tageslicht, das die
Stufen diffus ausleuchtete, doch als sie unten angekommen war, gab es nur noch
vereinzelte, freihängende Glühbirnen die mit ihrem gespenstisch unregelmäßigen
Licht den dunklen Korridor erhellten.
Aber Eliza brauchte nicht lange zu
suchen.
Einige Schritte vor der einzigen
offenstehenden Tür blieb sie wie angewurzelt und mit klopfendem Herzen stehen und
drückte sich gegen die kalte Backsteinwand. Aus dem Raum drangen Stimmen, die
sie nur zu gut kannte.
„Ich hatte dich für altmodisch gehalten,
aber nicht für derart antiquiert“, erklärte Valeriu soeben. „In heutigen Zeiten
in einem Sarg zu schlafen ist nun wirklich abgeschmackt, geradezu beschämend
vulgär“, fuhr er in herablassendem Ton fort.
Eliza vernahm ein schauderhaftes Stöhnen
und Ächzen, einem affektierten Gähnen nicht unähnlich. Dann war erneut Valerius
Stimme zu hören: „Nun komm endlich zu dir, René, und sei mir ein würdiger
Gegner.“
„Valeriu!“ René klang im ersten Moment
ernsthaft überrascht. Dann lachte er höhnisch auf: „Du hast dich also doch auf
deine Natur besonnen. Schade, dass du wohl zu schwach warst, um dein Festmahl
mit allen Sinnen genießen zu können. Oder hast du sie doch noch mit einem
letzten ultimativen Vampirfick ins Nirvana befördert?“
„René, du ekelst mich an. Das hast du
immer schon getan“, erklärte Valeriu kühl. „Lass uns endlich zur Sache kommen.
Ich kann dein perverses Geschwätz nicht länger ertragen.“
Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu:
„René de Voland, ich fordere dich zum Renkontre mit freier Waffenwahl. Ich
denke, auf den Dienst von Sekundanten können wir unter den gegebenen Umständen
verzichten.“
Eliza
konnte Renés süffisantes Grinsen förmlich hören. „Und du willst mir
Antiquiertheit vorwerfen? Dein vorsintflutlicher Sinn für Anstand und Moral,
dein alberner Ehrenkodex ist doch geradezu lächerlich. Warum hast du mir nicht
einen x-beliebigen Pflock ins Herz gerammt, statt meinen Schönheitsschlaf zu
stören? Ich werde dich nie verstehen, Valeriu Bazon-Arany. Aber natürlich nehme
ich deine Forderung an, wenn dir so viel daran liegt.“
Eliza schlich noch einen Schritt näher
heran, so dass sie von ihrem Platz hinter der Tür aus einen Teil des Raumes
einsehen konnte. Sie spähte in einen unspektakulären Kellerraum mit
backsteinerner Gewölbedecke,
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