Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
der Kellner ihm eine Pizza vor die Nase stellte und dann Sebastian. »Das sind lediglich Déjà-vu-Erlebnisse. Die hatte ich auch schon oft«, meinte Maurice, nachdem er sich all das angehört hatte, und packte sein Besteck.
»Dass in der Zeitung steht, dass ich unter Mordverdacht stehe, wirkt auf mich nicht gerade wie ein Déjà-vu-Erlebnis. Oder das mit der Kapuzengestalt oder das Gothic-Mädel«, erwiderte Sebastian.
»Ich dachte, das hättest du geträumt?«
»Ich weiß nicht. Es wirkte so real.«
»Kennst du denn die Tussi? Schon irgendwo mal gesehen? Vielleicht aus einem Horrorfilm?«, hakte Maurice nach und nahm einen Bissen zu sich. Er schien wirklich zu versuchen, Sebastian zu glauben.
»An so ein Dämonen-Tattoo würde ich mich erinnern.«
»Kauf dir doch lieber ein Buch über Traumdeutung. Vielleicht steht die Killerin ja für ... was weiß ich. Wahrscheinlich für deine unterdrückte Aggression, weil sich deine Linda nicht fest binden will.«
»Ich unterdrücke keine Aggression ...« Sebastian griff sich nachdenklich das Besteck. Dass es an dieser unglücklichen Situation mit Linda liegen könnte, glaubte er nicht.
»Ich versteh nicht, wieso du dich so lange hinhalten lässt. Linda sucht nur ihren Spaß.«
»Sie ist verletzt worden und hat einfach nur extreme Bindungsangst.«
»Aha?! Und du wartest darauf, dass sie Heilung erfährt und dann mit dir ne göttliche Bindung eingeht?«
Sebastian ließ das so stehen und nahm frustriert einen Bissen zu sich. Maurice suchte in seinem Handy nach einem Bild. »Schau!« Er präsentierte ihm eine schlafende Blondine. »Die hab ich letzte Nacht geknallt.«
»Na dann Glückwunsch.«
»Und du solltest das mit Linda auch mehr als Spaß betrachten.«
»Das kannst du vielleicht. Ich will was Festes. Eine Familie.«
»Dir hängt das mit deiner Mutter nach ...«
Sebastian legte das Besteck weg. Ihm war der Hunger vergangen.
»Wenn es sich mal ergibt, dann will ich auch etwas festes. Aber bis dahin hab ich Spaß.«
Sebastian starrte missmutig auf die Pizza.
»Wenn du nicht so verdammt verbissen wärst ... Geh mal raus. In die Disko. Oder ...«
Sebastian versank in Gedanken.
***
Die Afghanin hatte eine Flasche Limonade und ein belegtes Brötchen aus ihrer Tasche ausgepackt und neben sich auf der Bank abgestellt. Sie beobachtete ihren Jungen, wie er Steine zu kleinen Haufen hortete. Eine Wespe flog vor ihrem Gesicht herum. Sie wedelte das Insekt weg, dann genoss sie die Sonnenwärme auf ihrer Haut. Der Fluss hinter ihr plätscherte leise vor sich hin, alles wirkte friedlich. Da krabbelte die Wespe unbemerkt den Flaschenhals hinauf, kostete am Rand und verschwand in der Öffnung. Das Insekt rutschte ab und landete in der Limonade. Dort schlug es heftig mit den Flügeln und drohte zu ertrinken.
Der Junge kam zu seiner Mutter gelaufen und war ganz außer Atem. Er keuchte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sie bot ihm das belegte Brötchen an, er nahm einen großen Bissen. Mit der Limo wollte er es runterspülen. Ohne dass die beiden die Wespe bemerkten, trank der Junge in großen Schlucken. Etwas Limo rann ihm über die Mundwinkel, tropfte vom Kinn und hinterließ auf seinem T-Shirt einen feuchten, klebrigen Fleck. Die Afghanin nahm ihm die Flasche ab und schimpfte ihn dafür, dass er das T-Shirt versaut hatte. Die Wespe war noch immer in der Limo heftig am Flügelschlagen. Der Junge reagierte bockig. Er forderte die Flasche zurück. Sie gab ihm die Limo und er trank erneut hastig. Als er die Flasche absetzte, war die Wespe verschwunden. Mit einem Mal merkte der Junge, dass er etwas verschluckt hatte. Er ließ die Flasche fallen und packte sich an den Hals. Die Afghanin redete auf ihn ein und geriet zunehmend in Panik. Sein Kopf wurde rot, er röchelte, sein Hals schwoll an. Die Leute um sie herum wurden auf die beiden aufmerksam. Der junge Afghane ging in die Knie und war nicht einmal mehr imstande, zu atmen. Der von der Limo gelb gefärbte Speichel tropfte aus seinem Mund. Während sie um Hilfe schrie, erstickte der Junge unter ihren Händen.
***
Sebastian ließ das Besteck so fest auf den Unterteller fallen, dass es klirrte.
»Was ist denn los?«, fragte Maurice.
»Komm schon! Schnell!«
»Hä? Wo willst du denn hin?«
Sebastian rannte hinüber zu seinem Fahrrad, schwang sich rauf und fuhr los.
»Mensch Alter, ich versteh nur Bahnhof!«, rief Maurice hinterher.
Doch Sebastian reagierte nicht auf ihn und radelte so schnell
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