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Titel: Sonderauftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. Heidenreich; T. Trczinka
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Sprit und Reifen waren in diesen Zeiten mehr als Gold wert, aber die Zeiten würden sich auch wieder ändern. Wichtiger waren die drei Kisten im hinteren Teil. Nur ihretwegen hatte er die Strapazen auf sich genommen, von Süd nach Nord zu fahren.
    Er schloss die Ladungsklappe und sicherte die Riegel mit den Splinten. Leicht fröstelnd schlug er den Kragen der Uniformjacke hoch. Dann schwang er sich hinter das Lenkrad. Mit ruhigen Fingern zündete er sich eine Zigarette an und inhalierte tief einatmend den Rauch.
    Vieles hatte er lernen müssen, auch das Töten. Er schoss nicht oft, aber der Fahrer war eine Gefahr geworden – zu viel hatte er gesehen und gehört, genauso wie der Unterfeldwebel vor einigen Wochen. In den letzten Monaten hatte er mehr Menschen erschossen als all die Jahre zuvor. Er durfte keine Mitwisser hinterlassen, alle Spuren der Vergangenheit mussten ausgelöscht werden.
    Ein kurzer Blick noch durch das kleine Kabinenfenster in Richtung Ladefläche, dann startete er den Motor, legte einen Gang ein und wendete den Laster. Wieder zurück auf der Allee beschleunigte er stark. Die Reifen dröhnten auf dem Kopfsteinpflaster. Nur noch wenige Kilometer und er würde sein Elternhaus erreichen. Von da an ginge es nur noch Richtung Westen. Ihn kriegten die Russen nicht – ihn nicht. Sein Gesicht war zu einer hässlichen Fratze verzogen, die ihm etwas Dämonenhaftes gab.

2
    Mit kräftigen Schlägen trieb Werner Peters den Meißel in die Fuge. Langsam löste sich der erste Stein aus dem Verbund. Gleich würde er den Ziegel herausheben können und es würde leichter werden.
    Mit seinen 48 Lenzen war er der Älteste in der Brigade und froh, überhaupt noch Arbeit zu haben. Der Umbau des ehemaligen Gutshauses zu einem Hotel war wie ein warmer Sommerwind über die Region gekommen. In diesem ruhigen, abgelegenen Winkel von Vorpommern entstanden endlich wieder neue Arbeitsplätze.
    Lage für Lage hob Werner Peters die ehemals roten Ziegel ab und ließ sie in die hinter ihm stehende Schubkarre fallen. War diese gefüllt, so schob der Lehrling sie mit kräftigem Schwung über die ausgelegten Bohlen aus dem Keller und kippte sie in den bereitgestellten Container.
    Seit zwei Wochen arbeiteten sie schon hier. Der Umbau hatte sie bisher vor keine Probleme gestellt. Heute würden sie den zugemauerten Gewölbeteil öffnen und morgen könnten sie an den Abriss des Ofenfundamentes gehen. Dieses Fundament machte ihm einige Sorgen. Stahlbewehrter Beton war vor circa 100 Jahren beim Unterbau der Heizungsanlage verwendet worden. Große Technik konnten sie im Keller nicht einsetzen und so mussten sie alles in mühseliger Handarbeit herausschaffen. Zu allem Überfluss war am Morgen auch noch der elektrische Meißelhammer ausgefallen.
    Werner Peters arbeitete in ruhigen, gleichmäßigen Zügen. Die Arbeit machte ihm Spaß. Hier sah man noch, was man schaffte, außerdem gab es kaum Krach. Wenn es nach ihm ginge und wenn das Fundament nicht wäre, dann könnte der Meißelhammer noch länger defekt bleiben, aber der Vorarbeiter war schon nach Ersatz unterwegs. Heute musste alles schnell, schnell gehen. Peters hielt kurz inne und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann machte er weiter. Mit seinen großen Händen schaffte er Stein für Stein beiseite. Schon konnte man in den seit Jahrzehnten von niemandem betretenen Teil des Kellers hineinschauen.
    Staub lag wie Nebel in der Luft und machte das Atmen schwer. Peters bekam Durst. Die Zunge klebte ihm am Gaumen und der Staub kribbelte in seiner Nase. Nur noch die letzten Lagen Ziegel, dann konnten sie Pause machen. Plötzlich wurden die Bewegungen von Werner Peters immer langsamer. Etwas in dem freigelegten Abschnitt erregte seine Aufmerksamkeit.
    »Hol mal die Lampe«, rief er dem Lehrling zu, »und leuchte da rein!« Er zeigte mit behandschuhtem Finger in Richtung des freigelegten Teils, der, in Dunkelheit gehüllt, vor ihnen lag.
    Der Lehrling nahm die nächstbeste Baulampe vom Haken und beugte sich über den stehen gebliebenen Rest der Wand. Er erblickte auf dem Boden einen menschlichen Schädel, dessen leere Augenhöhlen ihn anzustarren schienen. Im kalten Licht der Lampe sah der Schädel bleich und unnatürlich aus, ein gespenstisches Relikt aus vergangenen Zeiten. Weitere Knochen und dunklen, zerfallenen Stoff riss das Licht erbarmungslos aus der Finsternis. Ein Goldzahn glänzte, als er direkt angeleuchtet wurde, kurz auf.
    »Meine Fresse!«, staunte der Lehrling. »Ein

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