Sonea - Die Hueterin
Diesmal würde sie um die Natur der Beute, auf die sie Jagd machten, wissen müssen. Bei diesem Feind half es nicht, sich einfach in den Kampf zu stürzen, falls etwas schiefging. Einen Magier mit dem Messer anzugreifen war sinnlos und selbstmörderisch.
»Ja, die Gilde. Es wird Zeit, dass du erfährst, womit wir es zu tun haben«, eröffnete ihr Cery. »Aber zuerst muss ich einige Nachrichten ausschicken. Es gibt drei Dinge, die du aus der heutigen Nacht lernen wirst: Selbst der mächtigste Dieb hat Grenzen, es zahlt sich aus, Freunde an hoher Stelle zu haben, und es gibt einige Dinge, die man am besten Magiern überlässt.«
Zwischen dem Moment, in dem Sonea an die Tür von Administrator Osens Büro klopfte, und dem, als sie endlich aufschwang, geschah lange Zeit gar nichts. Als Osen sie hereinbat, war sein Blick leicht abwesend.
»Schwarzmagierin Sonea, Lord Rothen«, sagte er zögernd. »Ich habe Euch hierhergerufen, weil Botschafter Dannyl und die Sachakaner, die sich erboten haben, ihm zu helfen, kurz davor stehen, Lord Lorkin und seine Entführer einzufangen.«
Soneas Herz hörte zu schlagen auf, dann begann es zu rasen. Sie öffnete den Mund, um zu fragen... Was? Was sollte sie als Erstes fragen? Wo war Lorkin? Verstanden die Sachakaner, dass sie ihn nicht töten durften?
»Wie lange wird es noch dauern, bis sie es tun?«, fragte Rothen.
»Dannyl kann es nicht genau sagen. Eine halbe Stunde. Vielleicht weniger. Ihr solltet es Euch besser bequem machen.«
Osen setzte sich hinter seinen Schreibtisch, und sie und Rothen benutzten Magie, um zwei Armsessel vor den Schreibtisch zu bewegen. Osen blickte ins Leere.
Er ist durch einen Blutring mit Dannyl verbunden,
vermutete sie.
Was kann er sehen?
Sie wollte verlangen, dass er alles, was er beobachtete, detailliert beschrieb, doch stattdessen holte sie tief Luft und stieß den Atem langsam wieder aus.
»Ihr habt von Entführern im Plural gesprochen«, bemerkte sie. »Ist mehr als eine Person an der Entführung beteiligt?«
Osen hielt inne, und sein Blick wanderte zu einem Punkt weit jenseits der Wände des Büros. »Ja. Mehrere Verräterinnen. Unh denkt, es sind acht.«
»Unh?«
Der Administrator konzentrierte seinen Blick mit einiger Mühe auf Sonea. »Ein Mann vom Stamm der Düna. Er ist ihr Fährtensucher. Anscheinend macht er seine Sache ziemlich gut. Einen Moment...« Seine Miene veränderte sich, und ein eifriger Ausdruck trat in seine Züge. »Sie können sie sehen. Nur ganz flüchtig...«
Er schwieg und starrte qualvoll lange Augenblicke das Schreibpult an, ohne es zu sehen. Sonea wurde bewusst, dass sie die Armlehnen ihres Sessels umklammert hielt. Sie zwang sich, sich zu entspannen, und faltete stattdessen die Hände im Schoß.
»Ah.« Osen ließ vor Enttäuschung die Schultern sinken.
»Was?«, fragte Rothen. Sonea sah ihn an. Er beugte sich mit großen Augen vor.
Osen schüttelte den Kopf. »Er ist nicht da. Nicht bei dieser Gruppe. Sie folgen der falschen Spur - den falschen Leuten.« Er holte Luft, hielt den Atem an und seufzte schließlich. »Es gab anscheinend drei Spuren. Sie dachten, er sei bei dieser Gruppe, aber sie haben sich geirrt. Sie werden umkehren und es mit einer anderen Spur versuchen müssen.«
Sonea stieß einen frustrierten Seufzer aus. Rothen stöhnte und lehnte sich in seinen Sessel zurück. Schweigen erfüllte den Raum. Niemand sprach. Osens Blick war wieder in die Ferne gerichtet. Rothen massierte sich die Stirn.
Dann zuckten sie alle zusammen, als ein lautes Klopfen an der Tür ertönte.
Osen machte eine Handbewegung. Die Tür wurde geöffnet, und ein Heiler trat ein. Der junge Mann sah Sonea an, lächelte und eilte dann auf sie zu. In der Hand hielt er ein Stück Papier.
»Verzeiht die Störung, Administrator«, sagte er. »Ich habe eine dringende Nachricht für Schwarzmagierin Sonea.«
Sie nahm das Papier von ihm entgegen und nickte zur Antwort, als er eine knappe Verbeugung machte. Dann eilte er aus dem Raum. Als die Tür geschlossen war, blickte sie auf die Notiz hinab und faltete sie auseinander.
Euer Freund in der Stadt sagt, sein Freund habe gefunden, worauf Ihr aus seid. Ihr müsst bis Sonnenuntergang bei der alten Schlachterei in der Inneren Westseite sein. Bringt Euren anderen Freund mit.
Wäre sie in besserer Stimmung gewesen, hätte sie über die vage und recht törichte Formulierung gelacht. Aber dies war das Letzte, was sie brauchte. Wie konnte sie in die Stadt davonstürmen, um die wilde
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