Song of Blood (German Edition)
sich von dir anbrüllen lässt. Von Lorcan wollen wir mal gar nicht erst reden. Bist du dir wirklich sicher, dass du ihn ebenfalls gesehen hast?“
„Aye, ganz deutlich. Deshalb mache mir ja solche Sorgen um Far“, sagte Songlian und schaute dabei aus dem Fenster.
„Das weiß ich. Aber dein Beau ist ein pfiffiges Kerlchen, der lässt sich ganz sicher nicht die Butter vom Brot mausen. Außerdem ist er bei mir in die Lehre gegangen.“ Diese selbstgefällige Aussage entlockte Songlian wider Willen ein kleines Lächeln.
„Du hast ja recht.“
„Zudem sollten wir darauf vertrauen, dass Bhreac ihn ganz offensichtlich für sich will. Er wird Far nichts antun“, sagte Mathis und Songlian blieb nichts anderes übrig, als ihm erneut zustimmen. Allerdings sah die Sache bei Lorcan und Cailean anders aus.
Sie parkten die Corvette vor einem eleganten Stadthaus und stiegen aus. Jetzt war es Songlian, der sich nervös auf die Unterlippe biss. Mathis blickte mit schmalen Augen an der Fassade empor.
„Sie wissen Bescheid“, sagte er, und Songlian nickte. Wie zur Bestätigung wurde die Haustür geöffnet und Mathis erkannte Fraser, der sich wartend an die Tür stellte.
„Na, dann auf“, murmelte er bloß und zog Songlian mit sich. Seite an Seite gingen sie auf die Eingangstür zu und traten nacheinander an Fraser vorbei ins Innere. Zehn weitere Vampire bildeten ihr stummes Empfangskomitee und standen abwartend hinter der Tür. Unruhig wurden die beiden Besucher gemustert. Mathis schaute sich kurz um und fixierte schließlich mit einiger Verachtung Fraser, der hinter ihnen die Tür leise schloss. Angesichts Mathis’ Ehrfurcht gebietenden Alters konnte Fraser eine respektvolle Verbeugung nicht ganz unterdrücken.
„Mein Herr wartet oben“, sagte er beinahe kriecherisch. Ohne ein Wort kehrten sie ihm den Rücken und stiegen die Treppe in die erste Etage hinauf. Sie fanden Bhreac in einem Arbeitszimmer, wo er den Platz des Familienoberhauptes hinter einem gewaltigen Schreibtisch innehatte. Dagegen stand Lorcan zu Mathis’ größter Überraschung rechts hinter Bhreac. Von Cailean war überhaupt nichts zu sehen, was ihn noch wachsamer werden ließ, als er es ohnehin schon war. Das zerbrochene Fenster entging ihm ebenfalls nicht, zumal Songlian daran großes Interesse zu finden schien. Das Gesicht seines Freundes zeigte Mathis, dass der Witterung aufgenommen hatte und bei näherem Hinsehen, erkannte er winzige Blutspuren an den Glasscherben in dem Fensterrahmen. Schweigend standen sich die zwei Parteien gegenüber. Die Etikette verlangte, dass der ranghöchste Vampir das Wort ergriff und die Geringeren grüßte.
Mathis nutzte daher seine überlegende Position aus, um durch sein Schweigen seine Geringschätzung deutlich zum Ausdruck zu bringen. Ihm war bewusst, dass sich Songlian mühsam zurückhielt, um als rangloser Ausgestoßener Mathis’ Position nicht zu untergraben.
„Er ist dir also entkommen“, sagte Mathis endlich zu Bhreac. Die Tatsache, dass er den Gruß fortgelassen hatte, war eine deutliche Beleidigung, die Bhreac keinesfalls entgehen konnte. Aber immerhin hatte Mathis Bhreacs neue Stellung innerhalb der Familie Walker anerkannt, indem er ihn und nicht Lorcan angesprochen hatte.
„Erst sehen wir uns Jahrzehnte lang nicht und plötzlich gleich zweimal innerhalb kürzester Zeit, Mathis Rozier“, sagte Bhreac und überging damit einfach seinen Kommentar.
„Diese unleidigen Begegnungen hättest du uns ersparen können“, antwortete Mathis schroff und schaute zu Lorcan hinüber, der sich bislang auf den stillen Songlian konzentriert hatte. Hass loderte in Lorcans dunkelbraunen Augen.
„Und du hättest uns ebenfalls diesen ganzen Ärger ersparen können, wenn du die Zügel etwas straffer in den Händen gehalten hättest, pas vrai?“, sagte Mathis zu ihm.
Lorcan biss wütend die Zähne zusammen. Unter Mathis’ Tadel senkte er wie ein begossener Pudel den Kopf. Sowohl Lorcan als auch Bhreac hatten das Breitschwert unter Mathis Mantel bemerkt. Damit war klar, dass er sich auf Ärger eingestellt hatte und bereit war, Position zu beziehen.
„Es handelt sich hier um eine Familienangelegenheit, Mathis. Und bei allem Respekt, du gehörst nicht hierzu. Ich möchte dich daher höflich bitten, dich aus unseren internen Differenzen herauszuhalten.“ Bhreacs Stimme war ruhig und achtbar, obwohl seine ganze Haltung verkrampft wirkte. Mathis wusste, was sich die Vampire untereinander über ihn
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