Sonne, Strand und Pedro - Eine Mallorca-Liebe
Sie ließ sich am Abend wieder zu ihm nach Hause bringen, wo seine Mama schon kochte und sein Vater auf dem Sessel in der Zeitung las, wo sein Bruder Play Station spielte, wo aber alle sofort alles stehen und liegen ließen, um sie zu begrüßen. Sie wurde mit Umarmungen und Küssen überschüttet, was so unglaublich schön war, dass es alles andere wieder gut machte.
Sophie war sich gar nicht bewusst gewesen, wie sehr sie dieses Familienleben und dieser Zusammenhalt berührte. Wie sehr sie sich solch ein Leben wünschte. Sie war immer nur allein mit ihrer Mum gewesen, was nicht schlecht war, auf keinen Fall, ihre Mutter gab ihr Bestes, immer. Aber einfach nur mal Zeit mit einer ganz normalen Familie – Vater, Mutter, Kinder – zu verbringen, war wundervoll. Und wenn das alles war, was sie aus diesem Urlaub mitnehmen würde.
Sie aßen zusammen, die Familie unterhielt sich und versuchte immer wieder, Sophie mit einzubeziehen. Sophie verstand nach wie vor die Eltern nicht und ärgerte sich ein wenig, die drei Monate nicht genutzt zu haben, um ein bisschen Spanisch zu lernen. Was für einen Eindruck musste sie machen? Sie verständigte sich mit Händen und Füßen und Pedro und Julio spielten Übersetzer. Julio freute sich sogar richtig, sein Schuldeutsch einmal anwenden zu können. Er würde sicher später einmal auch im Tourismus-Geschäft arbeiten, wie fast jeder hier. Andere Jobs gab es kaum, es sei denn, man zog aufs Festland.
Das Essen, das Pedros Mutter Maria gekocht hatte, schmeckte super und Sophie haute richtig rein, um ihr das auch zu zeigen. Maria freute sich und füllte ihr immer mehr auf, bis sie Pedro sagen musste, er solle doch bitte seine Mutter stoppen, wenn er nicht wolle, dass sie platzte. Pedro sagte es seiner Mutter lachend und Sophie befürchtete schon, dass Maria jetzt beleidigt wäre, doch sie ging nur in die Küche und holte den Nachtisch – mal wieder einen Flan, was auch sonst?
Nach dem Essen verteilte Sophie die mitgebrachten Geschenke, sie sahen sich alle zusammen „Schlaflos in Seattle“ auf Spanisch an und gingen dann schlafen. Maria hatte das Sofa ausgeklappt und bezogen, damit Sophie darauf schlafen konnte. Wieder so eine merkwürdige Situation. Aber was hatte sie auch erwartet? Dass Pedros Eltern freudig dabei zusehen würden, wie sie mit Pedro in seinem Zimmer verschwand? Sie würde also wohl oder übel die Woche auf dem Sofa verbringen müssen. Immerhin war es bequem. Doch romantisch war was anderes.
Pedro gab ihr einen kleinen Gute-Nacht-Kuss und ging dann zusammen mit Julio ins Zimmer der Jungen. Sophie hoffte die halbe Nacht, dass er doch noch einmal wieder herauskommen und sich heimlich zu ihr schleichen würde, dass sie wenigstens noch ein bisschen knutschen könnten. Doch er kam nicht. Und so dachte sie – ob sie wollte oder nicht – doch wieder an Benni.
Das war nicht fair, das wusste sie, dass sie Pedro jetzt dafür verantwortlich machte, dass ihre Rückkehr nach Mallorca nicht so war, wie sie es sich erträumt hatte. Er konnte nichts fürs Wetter oder für den verlassenen Strand. Er konnte auch nichts dafür, dass er arbeiten musste. Und doch konnte sie nicht leugnen, dass sie unglücklich war mit dieser Situation. Wahrscheinlich empfand sie alles als so schlimm, weil sie vorher nie wirklich darüber nachgedacht hatte, dass Pedro auch ein ganz normales, langweiliges Leben führen könnte. Sie hatte ihn als diesen Latin-Lover gesehen, braungebrannt und aufregend, mit einem Zahnpastawerbung-Lächeln und einem Temperament, das sie nie zuvor gekannt hatte. Und nun hatte er sich doch nur als Pedro entpuppt, einen ganz normalen Jungen, der auf dem Bau arbeitete, der das Essen seiner Mama zum Abendessen aß und der mit seinem Bruder vor der Play Station hockte. Es war alles nicht mehr so spannend. Und genau das war es doch, was ihn ausgemacht hatte, warum sie sich in ihn verknallt hatte. Wenn sie einen ganz normalen Jungen gewollt hätte, hätte sie sich auch einen in Hamburg suchen können. Dann hätte sie auch Benni nehmen können, der sie doch so gern hatte. Benni, der schon so lange auf sie wartete. Benni, der sie kannte, wie sie war, mit all ihren Macken, und der sie trotzdem wollte. Ihn schien es nicht zu stören, dass sie Spaghetti mit Nutella aß oder dass sie dreimal am Tag die Socken wechselte. Pedro konnte sie solche Sachen doch nicht erzählen, nein, niemals. War es das, was man Liebe nannte, wenn man einen trotzdem mochte und immer noch mit einem zusammen
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