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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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kein Emblem, keine Beschriftung. Der Leutnant nahm den Gegenstand in die Hand und klopfte damit auf seinen Daumennagel. Sie sah aus wie ein Technoid: zerrissene Klamotten, aufgeplatzte Stiefel, ein Tattoo auf dem Arm - ein Wirbel. Das Haar war gebleicht, die Augenbrauen trafen sich in der Mitte. Der Leutnant sah, dass ihr zwei aus der Brückenmannschaft zuwinkten und sie kurz zurückwinkte.
    »Käpt’n Jute ist nicht hier«, sagte er. »Sie können sich auch an mich wenden.«
    Sie war nicht klein, aber sie hatte eine kleine Stimme, schwer zu verstehen in diesem Stimmengewirr. »Xtaska schickt mich damit«, sagte sie und deutete auf die graue Platte. »Das ist für Käpt’n Jute.«
    »Der Cherub? Wo ist er?« Den Cherub hatte man seit Wochen nicht mehr gesehen, seit er den Thalamus verlassen hatte.
    »… Mesenzephalischen Kern«, hörte er die Frau sagen. Er funkte ans Thalamus-Büro, die kleine Kaulquappe herauszufischen und in ein Marmeladenglas zu stecken, sobald man
etwas Luft hatte. Er hielt die kleine Platte hoch. »Und das ist was?«
    Die Frau hob die Schultern, hielt sie zwei Sekunden oben und ließ sie dann jählings fallen. »Keine Ahnung, ich weiß nur, was Xtaska gesagt hat.«
    Er wurde ungeduldig. Zwei Unteroffiziere und ein Aufseher buhlten um seine Aufmerksamkeit. »Und?«, sagte er laut.
    Die Frau sog deutlich Luft durch die Zähne. »Also, was Sie da in der Hand halten, ist ein sprachgesteuertes, selbst-reflexives grammatikalisches Metasystem. Läuft de- und reaktiviert und in allen Zwischenstadien.« Sie sah Zweifel in seinen Augen. »Sehen Sie, was das Metasys eigentlich macht, ist Folgendes: Es kappt den Fries des Sockelcodes und umgeht den Wahrscheinlichkeitsspin der Subpartikel, indem es über den Laufwerksfilter und die verschiedenen Intervallknoten die Feldstruktur der Simulta ändert, nein, ›ändert‹ wäre zu viel gesagt: umstapelt.«
    Der Leutnant atmete aus. Er drückte eine Taste. »Technik!«, brüllte er.
    Auf dem Bildschirm blinkte »Eingang mit höchster Priorität«. Der halbstündliche Report wartete immer noch. Auf der ganzen Brücke waren nur drei Techniker zu sehen, und jeder hatte momentan drei Jobs. »Ego!«, brüllte der Leutnant.
    »LEUTNANT«, sagte eine verzerrte Stimme.
    Er hielt das bescheidene Teil hoch. »Kennst du das?«
    Eine Kamera surrte. »ES KOMMT MIR BEKANNT VOR«, sagte die Stimme.
    »Ist es von Vorteil?«
    »… NICHT BERECHENBAR«, knisterte die Stimme.
    »Können Sie das laufen lassen?«, fragte Rykow die Frau, während er die Meldungen weiterleitete und Blickkontakt mit der
Aufseherin der Leitreihe suchte, um ihr zu signalisieren, dass er für den nächsten Schub bereit war. »Oh«, sagte die Frau, und in ihrem Gesicht ging die Sonne auf. »Na klar! Ich meine, danke!«
    Nichts anderes hatte sie die ganze Zeit gewollt. Von welchem Planeten kamen die eigentlich?
    »Sie müssen es hier einlegen«, sagte sie und langte hin, um es in einen leeren Leseschacht direkt an seinem Ellbogen zu schieben.
     
    Oib und Sarah erreichten das Apartment und fielen mit guten Neuigkeiten übereinander her. Oib versuchte etwas zu sagen und machte ein Geräusch wie ein Niesen in Zeitlupe. Ihre Zöpfe wippten.
    »Xtaska«, übersetzte Sarah. »Sie ist wieder da!«
    Kenny am Fuß des Bettes gab ein freudiges Jaulen von sich.
    »Endlich!«, meldete sich auch die Schwester zu Wort.
    »Alice«, sagte Tabea, die angezogen auf dem Bett lag. »Alice!«, rief sie.
    Die Luft in dem vollgestopften Zimmer gab keine Antwort. Sarah kletterte aufs Bett und drückte sie. »Sie sagen, Alice ist in Sicherheit«, erklärte sie ihr.
    »Dodger«, sagte Tabea.
    »Häpt’n Hepsi!«, keuchte Oib, wobei sie einen kleinen Freudentanz aufführte, der die Stapel und Möbel zum Wackeln brachte. Sie mochte Käpt’n Gillespie, die freundlich und lustig war und nicht auf einen herabsah, weil man eine Rüsselnase und einen Pelz und Füße wie ein Riesenküken hatte und zu dick war, um durch Tunnel zu kriechen.
    »Haben sie die Geheimnisvolle gefunden?«, fragte die Schwester.

    »Sie haben sie gefunden«, sagte Sarah zu Tabea.
    Die Schwester hob die Schultern und faltete die Hände. »Oh, ich wusste, dass sie sie finden! Ich habe es immer gewusst!«
    »Wo ist sie?«, fragte Tabea und meinte Dodger. »Ich möchte sie sehen. Bringt sie her.«
    »Ich glaube, sie ruhen sich aus«, versuchte die Schwester sie zu beruhigen.
    »Sie kommen später«, sagte Sarah.
    Tabea zeigte sich stur. »Wo?«, sagte sie.
    Sarah

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