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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Salzsäure versprühten.
    In ihrem Kommandostand gab die Rotmützen-Obristin Zeichen, und durch die Kluft strömten, wie die Spielkarten eines versierten Spielers, von oben und unten die rotschwarzen Deltadrachen. Sie streuten ihre Spiegelbilder in die Fenster der Apartmentblocks und vervielfältigten sich wie die Scherben in einem Kaleidoskop. Ihre Waffen spuckten kurze Schwarzfeuersalven. Motoren explodierten. Barbaren räumten mit ausgestreckten Händen ihre Sättel und flogen über das Geländer in den Abgrund.
    Jetzt husteten die Waffen der Chaoten schmutzige Rauchwölkchen. Grausige Projektile - tote Katzen, rostige Bolzen und Rasierklingen - zerfetzten die Bespannung der Drachen, perforierten Verkleidungen und tränkten schwarze Hemden mit karmesinrotem Blut.
    In der Rinne des Aquädukts schäumte das Wasser um Stiefel, Räder und Raupenketten. Die Roboter hassten die graue Milch. Sie klammerten sich gegenseitig an ihre Oberbauten oder riskierten es lieber, die Kuppe der Brustwehr entlangzukrabbeln, als sich der heiklen Flüssigkeit auszusetzen. Maschinen, die ihr bereits erlegen waren und sich festgefressen hatten, dienten den Geistesgegenwärtigen und Magnetischen als Trittfläche, um die Barbaren mit Nadeln, Glaspulver und Heftklammern zu bombardieren. Die Barbaren brüllten vor Lachen und zerquetschten
unvorsichtige Roboter unter ihren Rädern zu Pfannkuchen aus Stahl und Kunststoff.
    Achtern standen auf zwei hohen Bühnen die Halluzinomaten und schleuderten Illusionen in die glücklosen Bataillone, die eingekeilt waren zwischen Brückenkopf und Straßenbarrikaden. Die Truppen fielen übereinander her, Kamerad gegen Kamerad, obwohl sie später Stein und Bein schwören würden, unter den edlen roten Baretten die zerschrammten, bärtigen Hohnfratzen von Chaoten gesehen zu haben. Wunderschöne androgyne Geschöpfe erschienen, winkten sie an den Rand und wollten sie zu einem Sprung in die Tiefe bewegen. Gewöhnliche Truppen, die sich mit einem Mal für unverwundbar hielten, liefen unerschrocken in die Waffen der Chaoten.
    Obristin Stark beschattete ihre Augen. »Visiere!«, befahl sie.
    Sie rückten vor, Männer und Frauen hinter Visieren und Kraftschilden, Kundschafter mit Funkgeräten, um die Drachen einzuweisen und gegen die ungeschützten Halluzinomaten zu lenken. Knapp außer Reichweite gingen die Drachen in Schräglage, glitten einer nach dem anderen im Aufwind hinüber, den Chaoswaffen keine Angriffsfläche bietend. Einer um den anderen trugen sie ihre Bombe über die feindlichen Linien, zogen nach getaner Arbeit die Reißleine und tauchten steil ab.
    Rauch und pulverisierte Matrix verfinsterten das Kampfgeschehen und erstickten die verführerischen Impulse der Illusionsmaschinen. Die Chaos-Artilleristen verdoppelten ihre Anstrengungen und feuerten blindlings.
    »Licht!«, rief Obristin Stark, und riesige Scheinwerfer flammten auf. Im heillosen Durcheinander auf dem Brückenkopf konnte sie ausmachen, wie die klobigen Schemen ihrer Kampfdrohnen vorrückten. Sie waren zäh, geländegängig, jede mit der Armierung und Feuerkraft eines kleinen Panzers. Sie hätte
sich weiß Gott mehr davon gewünscht, aber auf dem schmalen Aquädukt musste diese Unterrepräsentation nicht unbedingt von Nachteil sein. Wie hyperaktive Abfallpressen zermalmten sie herumliegende Motorräder und falteten sie zu erstaunlich kleinen Quadern zusammen, derweil sie unverdrossen ansehnliche Löcher in die Karosserien uralter, überschweißter Trucks schossen. Entlang dem ganzen Aquädukt gingen Chaosbanner zu Boden. Die Kampfdrohnen stießen vor, gefolgt von einem geschlossenen Haufen schwarzer, Metall sammelnder Krabben, die die glühenden Wracks zerlegten und ausräumten, was sie ohne die Wolframbeschichtung ihrer Scheren nicht gekonnt hätten.
    Dann tauchte im Hintergrund eine große Gestalt auf: hoch aufgerichtet überragte sie das düstere, in Rauch und Staub gehüllte Kampfgeschehen, ein gut dreißig Meter hoher Riese. Er gab ein gewaltiges, verstärktes Brüllen von sich, so dass noch die Fenster hinter dem Amygdala-Tor vibrierten.
    Der Raum bebte. Adjutanten schrien, vergaßen ihre Mikros und kämpften mit Fernsteuerungen. Die Obristin legte beide Hände auf die Schreibtischplatte und blickte in den grell beleuchteten Staub hinaus. »Was ist das für ein Ding? Wo zum Teufel haben sie das her?« Es kam über das Aquädukt gestampft und zertrampelte ihre Kampfdrohnen.
    Der Chaos-Affe griff ein.
     
    Der Ton war ausgefallen.

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