Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
Vom Netzwerk:
sein musste. Er war in bester Verfassung. Körperlich waren er und Soi sich sehr ähnlich: rostbraune Leopardenköpfe und muskulöse Glieder.
    »Ist er dein Leibwächter?«, fragte Dodger.
    »Kenny? Könnte man so sagen. Bist du neidisch?« Kaum hatte sie der Brücke den Rücken gekehrt, da lebte sie auf. »Wohin fahren wir?«
     
    Also fuhren sie nach Yoshiwara, wo die Party jetzt schon sieben subjektive Monate im Gange war, nachdem man den Pfauenpark gegen dieses Bordellviertel eingetauscht hatte, wo es inzwischen »in« war, Weißwein zu trinken, die Schleimhäute einzuölen und mit ganzen Trauben von Leuten auf Streichlern zu liegen und es Wildfremden zu erlauben, die intimsten Sachen mit einem anzustellen, falls man die anatomischen Voraussetzungen erfüllte, derweil die Musik pochte und funkelte und die Springbrunnen alle Farben des Regenbogens durchliefen und Topaz splitternackt in einen solchen fiel, um lachend wieder herauszuklettern und in den nächsten zu fallen, und wo Leute sich gegenseitig mit synthetischer Schlagsahne beschmierten oder mit Körperöl, das mit Org angereichert war. Obwohl Käpt’n Jute sich beherrschte und ziemlich viel anbehielt und sich wirklich manierlich benahm, derweil Käpt’n Gillespie von Zeit zu Zeit an den Auftrag des Cherub dachte und sich fragte, ob sie Tabea bereits half, da dieselbe unbestreitbar glücklich war, glücklich wie alle hier, mit Ausnahme der Yoshiwara-Ladys, die in ihren Boudoirs saßen und einander trösteten, machte ihnen doch diese ausgelassene Dauerparty das ganze Geschäft kaputt.

6
    Plenty war jetzt vergleichsweise unterbevölkert, und doch fand Sarah Zodiak die Passagiere unerträglich. Leute, die sich ständig amüsieren wollten, glucksende Palerner, die unheilbar Bornierten, die glaubten, Sarahs Berühmtheit gebe ihnen das Recht, sie anzufassen und ihr öffentlich intime Fragen zu stellen - Leute, Leute, so viele Leute; und nirgendwo Mogul, nach dem sie sich so sehnte.
    Die physische Abwesenheit ihres Bruders war nach wie vor eine offene Wunde in Sarahs Herz, ein Leck in der Außenhaut ihrer Identität. In den letzten Stunden vor seinem schrecklichen Ende hatten sie sich gestritten, halb unzurechnungsfähig und erschöpft zwischen den venusischen Mangroven. Wie bitter war diese Erinnerung; wie schwer wog sie angesichts des geliebten Körpers, der im fettigen und alles verschlingenden Sumpf versank.
    Hannah Su hatte sich vage an Mogul erinnert, doch Hannah war tot und ruhte auf demselben Planeten wie Mogul, allerdings aus größerer Höhe kommend. Xtaska erinnerte sich dagegen deutlich an Mogul, vermutlich an den noch ungeklonten; nur dass sie sich nicht um die Vergangenheit scherte, sondern um das gigantische, rätselhafte, von Aliens geschaffene Artefakt, in dessen Geäder sie vordrang, versunken wie das krabbelnde Baby, mit dem sie eine gewisse Ähnlichkeit hatte.
    Die einsam um ihren Bruder Trauernde hatte sich eine Zeit lang mit Tabea Jute getröstet. Sie hatte sie angebetet, sich ängstlich an sie geklammert, schließlich aber akzeptieren müssen, dass das Universum auch mit wechselnder Besatzung funktionierte. Sie liebte Tabea immer noch, meistens jedenfalls, wenn
sie sie zu Gesicht bekam. Denn Tabea hatte jetzt viel um die Ohren, und viele, viele andere suchten den Kontakt mit ihr.
    Sarah meinte das Experiment der Seraphim jetzt besser zu verstehen, das ihr und Mogul, Goreal, Zidrich und Susanna das Leben geschenkt hatte. Wie nützlich das jetzt wäre, wenn sich jeder Kontaktsuchende an seine eigene Tabea Jute wenden könnte …
     
    Die geklonte Akrobatin wanderte durch die verwaisten Kasinos von Zasterhain, spazierte zwischen den verhüllten Inseln der Bakkarat-Tische umher. Sie spurte mit ihren wohlgeformten Füßen durch Verwehungen aus buntem Abfall, Glasscherben und wertlosen Kreditmarken, die sich wie Überreste eines prächtigen Mosaiks ausnahmen.
    In den verstaubten Arkaden schritt sie die Reihen von stummen Spielautomaten ab. Hier und da berührte sie die bunten Kreisläufe mit ihrem Funkenstab und weckte flüchtig eine unterbrochene Funktion.
    »Lebenslanger Bonus...« raunten die Maschinen mit dem lockenden Timbre junger Thaifrauen. »Gewinnsteigerung...« Sarah setzte sich auf ihre Konsolen und lauschte angespannt. Diese primitiven Wahrscheinlichkeitsskulpteure mussten ihre Kusinen sein und übermittelten ihr codierte Botschaften, die sie eines Tages verstehen würde.
     
    Eines Tages stieß sie auf einen weißen Pavillon aus

Weitere Kostenlose Bücher