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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Tabea meldete sich nicht.
     
    Sie rief die Brücke an. Ein junger Mann, dessen Headset mit Klebeband geflickt war, meldete sich. Er schien in der Nase zu bohren. »Tja«, sagte er und ließ den Blick kreisen, »sie ist momentan nicht hier...«
    »Können Sie sie denn erreichen?«
    »Augenblick mal.« Seine Finger huschten über Kontrollfelder. »Nö«, sagte er. Er schien nicht beunruhigt.
    »Was? Sie können den Käpt’n nicht erreichen?«, hielt ihm die Akrobatin vor. »Und wenn es zu einer Kollision kommt?«
    Der Mann blinzelte. »Nun, das ist praktisch ausgeschlossen«, sagte er in einem Tonfall, der komisch genug war, um herablassend zu wirken. »Verstehen Sie? Wir nehmen zurzeit keinerlei Raum ein und einen kontinuierlich dimensionalen schon mal gar nicht; wenn wir also nicht plötzlich materialisieren, können die Koeffizienten aller Vektoren niemals...«
    Sarah schnarchte kurz rückwärts und kappte die Verbindung.
    Kleine Buchstaben erschienen auf ihrem Armbandmonitor. »Trivia wählen«, sagten sie.
    Sarah rief die Bar an. Rory hatte keine Zeit. Eine Frau, an deren Schulter ein Irrwisch schwebte, sagte: »Die sind nach Hause. Vor Stunden schon.«
    Plötzlich flog der Irrwisch direkt auf die Kamera zu. Dort
hing er nun und schielte Sarah an, machte die klebrigen Händchen auf und zu, auf und zu. Sein Frauchen keuchte vor Lachen und pflückte ihn mit beiden Händen ab. »Nun zeig ihr schon, wie lieb wir uns haben«, sagte sie und streichelte ihm das flache Kahlköpfchen.
    Die Zauberkünstlerin kappte schlagartig die Verbindung. Sie hasste diese kleinen, ekligen Spielzeuge, hasste, wie sie mit dem Haar ihres Besitzers spielten und ihm ins Ohr murmelten. Sie kamen ihr wie schreckliche Karikaturen von Xtaska vor, Billigimitationen aus irgendeiner Orbitalfabrik.
    Am Apartment wimmelte es wie üblich von Leuten. Sie erkannte Karen Narlikar und Zoe Primrose und Topaz. »Sie ist an ihrem Strand«, rief Letztere.
    Kyfyd, der Schrante, der es lieber hatte, wenn man Kenny zu ihm sagte, versuchte Sarah den Weg zu verstellen. »Jemant trien tah«, sagte er, legte den Kopf auf die Seite und zeigte ihr die Spitze eines Schneidezahns.
    Sie drückte ihn mehr symbolisch mit dem Handrücken beiseite und sperrte die Tür auf.
     
    Hohe Palmen säumten Tabeas Privatstrand und reckten ihre zottigen Köpfe in den strahlend blauen Himmel. In der Ferne, sagen wir gen Osten, sah man eine Landzunge mit interessanten pupurroten Felsen und einem winzigen Leuchtturm; auf der anderen Seite, gen Westen also, schlug der Strand einen weiten Bogen ins Unendliche. Sonst gab es nur das herrliche, funkelnde, träge anbrandende Meer.
    Tabea Jute hatte sich das Haar wachsen und im perfekten Afrolook schneiden lassen, es stand ringsherum eine Handbreit vom Kopf ab. Sie war nackt. Ihr Partner auch.
    Er war dunkler als sie, sein Schädel war rasiert, aber nicht
gänzlich kahl. Im sichtbaren Ohrläppchen steckte ein kleiner Goldring. Der Rücken war prächtig, die Pobacken glatt und schwer.
    Bei dem Türgeräusch drehte Tabea sich um. Dann klopfte sie auf die Taille ihres Begleiters. »Du müsstest schon fort sein, Don.«
    Ihr Begleiter hob den Kopf und blickte über sie hinweg auf den Neuankömmling. Er widmete Sarah einen kleinen, trägen Wink, machte Anstalten aufzustehen, rieb geistesabwesend über seine Schenkel, als könne tatsächlich Sand an ihnen haften; er gab Tabea einen Kuss. »Sehen wir uns später?«, fragte er.
    »Wenn ich dich brauche, weiß ich, wo ich dich finde.«
    Er streichelte ihr Gesicht. »Ciao, Don«, sagte Tabea.
    Er stand auf. »Ich bin nicht Don«, sagte er. »Ich bin Dan.«
    Sie wälzte sich auf den Bauch und legte die Wange an den virtuellen Strand.
    »Ist doch nur ein Buchstabe!«, sagte sie vergnügt.
    Der Sand fühlte sich fast wie Sand an. Wann hatte sie zuletzt auf richtigem Sand gelegen und richtigen Wellen gelauscht?
    Der Mann war fort. Sarah kam in ihrem langen schwarzen Kleid. Die Brise lüpfte den Schleier.
    »Wozu trägst du so was?«, sagte Tabea. »Zieh es aus. Alice?«
    »JA, KÄPT’N.«
    »Dreh die Sonne auf.«
    Die Umgebung wurde augenblicklich wärmer.
    »Seit wann ist denn Alice hier drin?«, fragte Sarah.
    »Es ist leichter so.« Tabea langte hoch und nahm ihre Geliebte beim Handgelenk, zog sie herunter und küsste sie ganz gezielt.
    Sarah sah ihr in die Augen. Sarah besah sich den Boden. Ihre Füße hatten keine Abdrücke hinterlassen. »Sand«, sagte sie ohne Begeisterung.

    »Kein richtiger«,

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