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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Käpt’n Gillespie konnte sehen, wo Ronald und sie sich in der schwarzen Stirn über dem Puppengesicht spiegelten.
    »Hi«, erwiderte sie.
    »In achtundzwanzig Sekunden habe ich Zeit für euch«, sagte der Cherub. Er klang wie ein altkluges Kind, anmaßend, präzise. Seine oder ihre Äugelchen dunkelten etwas ein, als er oder sie sich wieder diesem merkwürdigen Instrument widmete.

    Dodger schwitzte, sie kam sich blöde vor, blöde und abgewiesen.
    »Schon gut«, sagte sie.
     
    Dodger Gillespie kletterte zu den Arbeitern hoch. Unter der hornigen Oberfläche der Wand hatten sie eine dunkle und glitzernde Platte freigelegt. Das Material war tiefrot und harzig.
    »Sieht aus wie Fruchtgeleekonfekt«, meinte Käpt’n Gillespie.
    »Das Gegenstück zu Silizium«, sagte eine junge Menschin, deren Arme bis zu den Ellbogen weiß verkrustet waren. Sie hatte weißes Haar und buschige braune Augenbrauen. Sie roch nach Schweiß und Kalkstein. Sie trug eine bodenlange Schürze, braune Lederleggings und Nasenstöpsel, sonst nichts. Dodger schenkte ihr einen anerkennenden Blick.
    Das Material in der Wand war warm, kompakt und leicht wellig. Über ihnen versenkten zwei Vespaner Sonden darin.
    »Ein quasi-kristallines Medium, Käpt’n«, sagte der Cherub. »Eingebaut. Hoch aktiv hier. Kaliko, wie erklärst du dir das?«
    Während der Junge namens Kaliko sich die Stelle ansah, auf die Xtaska gezeigt hatte, kletterte Käpt’n Gillespie zur Schwebebühne hinauf.
    Der Cherub hatte keine Beine. Er hatte rote Äugelchen und einen Schwanz.
    »Können wir jetzt reden?«, fragte sie.
    Der Cherub hob das süße, glänzende Gesicht und dann die Ärmchen. Käpt’n Gillespie bückte sich und hob ihn hoch. Er war schwer und warm und elastisch. Er fühlte sich an wie ein großes Baby, neu aufgepolstert in schwarzer Alufolie. Als sie sich aufrichtete, merkte sie, dass der Cherub noch festhing - der Schwanz war noch eingestöpselt. Unter ihnen, am Boden der Höhle, tat sich etwas. Dodgers Blick fiel auf eine matte Stahlschüssel
von einem Meter Durchmesser, die an einen überdimensionalen, platt gedrückten Eierbecher erinnerte. Auf der Oberfläche des Behältnisses wimmelte es von Lichtmustern. Sie wechselten und flackerten. Das Gefäß wuchs vertikal aus dem Boden, kreiselte kurz und kam zur Schwebebühne geflogen.
    Xtaska trennte die Steckverbindung, fuhr den Schwanz aus und verfuhr mit ihm wie ein Angler mit der Angel. Der Stöpsel am Schwanzende fand direkt in die Buchse am tiefsten Punkt des Gefäßes und spulte den Cherub rückwärts aus Käpt’n Gillespies Armen und hinein in den Eierbechersitz.
    Die Fliegende Untertasse schnellte in die Luft wie ein Spielzeugschiffchen auf einer Woge.
    »War mir ein Vergnügen«, sagte Dodger.
     
    Sie bückten sich in einen niedrigen Alkoven, in dem ein Mann mit einem Haufen wellen-analytischer Utensilien hantierte. »Was sind das für Leute?«, wollte Dodger wissen.
    »Konduktivitätsspezialisten«, sagte der Cherub. »Kristallurgen. Musiker. Das ist Larry. Er war früher Tonmeister.«
    Larry spielte auf einem Armband-Keyboard. Er streifte die Kopfhörer zurück und streckte die Hand über den Tisch.
    »Ist mir eine Ehre, Ma’am«, sagte er mit tiefer, schleppender Stimme.
    »Wer ist die Blondine?«, fragte Käpt’n Gillespie.
    »Das ist Johanna«, sagte Larry.
    Als ihr Name fiel, blickte die Weißhaarige mit den braunen, buschigen Augenbrauen von ihrer erhöhten Position herunter. Ihre und Dodgers Augen trafen sich, doch Johanna unterließ jeden Wink, jedes Lächeln, jedes Wort.
    »Was können wir für Sie tun, Käpt’n?«, erkundigte sich der Cherub artig.

    »Das ist mein Metier«, sagte Dodger. »Käpt’n Jute schickt mich, um euch zu helfen.«
    Der Cherub blickte sie an. Seine Äugelchen glühten trübe. Dann sagte er: »Nein, Käpt’n. Sie helfen Käpt’n Jute. Sie wird Sie brauchen.« Und damit drehte er ab und flog zur Wand zurück, um den Vespanern bei der Neuplatzierung einer Sonde zu helfen.
    »Da schau einer an«, entfuhr es Dodger. »Wie wär’s mit einer Tasse Tee, solange ich noch da bin?«
     
    Wache um Wache wanderte die Brückenbesatzung herum und debattierte scheinbar planlos und sprunghaft vor sich hin. Mal scharte man sich um die eine, mal um die andere Konsole und registrierte das Vorankommen des exotischen Raumschiffs. Junge Männer und Frauen mit ausgebleichten Software-Emblemen auf ihren Polyesterhemden oder verwaschenen T-Shirts brachten Käpt’n Jute auf

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