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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Altairer sprachen von würzigen Düften, nostalgischen und unerfindlichen. In den Dschungelkavernen wuchsen fremde Früchte an den Ranken: Mutationen von Beeren, graue Bananen. Fruchtvergiftungen waren an der Tagesordnung. Nach einem Disput mit Rory über
abgelaufene Krillstäbchen hatten die Trivia-Philosophen ihren Stammtisch ins Café Pause verlegt, mit seinen weißen Jalousien und Spalieren voller frisch bewässerter Kletterpflanzen. »Dem Denken zuträglicher«, meinte der Gute Doktor. »Und dem Debattieren«, meinte der Letzte Poet. »Und dem Schach«, erklärte der Beste Richter. »Läufer von d6 nach f4.« Im Trivia verschränkte Rory die Arme und bugsierte das große Kinn in den Hemdkragen. »Da ist mir der Tisch lieber«, meinte er düster. »Die schmeißen doch nie mal’ne Runde.«
    Das Chili-Chalet hatte weit und breit den besten Ruf, was die Hygiene und das Essen betraf; Letzteres galt als ausgesprochen abwechslungsreich und wohlschmeckend. Die Stammgäste hatten sich zusammengetan, schlossen bezirkübergreifende Sicherheitspakte, arrangierten Hochzeiten zwischen den Chalets. Das Personal hatte jetzt eine Rangordnung. Es gab Service-Käpt’ns und Reis-und-Gewürz-Kadetten. Es wurden Preise vergeben und beschämende Abzeichen für Haltungsfehler oder träge Bedienung. Eine Personalpolitik mit dem Motto »100% Menschen« wurde eingeführt und überall beworben. »Eine kleine Geste der Hochachtung vor einer großartigen Spezies.«
    Im Klementia-Viertel waren Ratespiele zur terranischen Allgemeinbildung sehr beliebt. Sie liefen auf dem lokalen Kanal, so dass man nicht einmal das Wohnzimmer verlassen musste, um dabei zu sein. »Was sind Markana, Onward und Wunder von Kelvedon?«
    »Wenn ich mich nicht irre, Norman, sind das verschiedene Sorten von Gartenerbsen …«
    Sicher, es gab Selbsttötungen. Manche hatten das Gefühl, der ontologische Abgrund des Hyperraums lauge allem die Bedeutung aus. Über allem, was sie taten, lag ein Schleier der Ungewissheit. Sie kamen sich vor wie Schlafwandler. Man fand ihre
Leichen immer im Erdsaal, wo man der fehlenden Realität am meisten ausgeliefert war. Im Erdsaal mit seinen leeren Fenstern war es ewig zwanzig vor vier, und es dämmerte kein Morgen.
     
    Im Katafalk folgte Dog Schwartz dem Ufer eines gefrorenen Methanmeers. Der ausgeflockte Brei unter dem indigoblauen Himmel rührte sich träge, zu erschöpft für eine richtige Welle. Dog kratzte sich den Bart. Es war still. Ein friedlicher Augenblick. Die Pterosaurier kreisten um ihre hohen Schlaffelsen, graue Splitter, die im malvenfarbenen Licht von Zormat schwammen.
    Jählings, ohne Warnung, zerbarst die Meeresoberfläche, und ein riesiger Kopf tauchte auf, ein länglicher Block so groß wie ein Bus, mit einem geifernden Maul, das die schwarzen Stilettzähne bleckte. Ätzender Speichel durchnässte Dog. Dem Kopf folgten Meter um Meter eines versilberten Halses so dick wie ein Olrejebaum.
    Eine Seeschlange! Er rief die Legende auf. Sie besagte, dass sie einsame Wanderer nur selten attackierten. Und wenn das so oft war, wie sie einem Dog Schwartz begegneten?
    Er bezog Stellung, benutzte die Zehen, um seine Greifstiefel zu aktivieren. »Brauchst was zu fressen, richtig?«, schrie er, als sein mit Juwelen besetztes Schwert aus der Scheide in die wartende Hand sprang.
    Mit einer unbegreiflichen Schnelligkeit griff die riesige Schlange an. Ihr Atem war giftig, blickte man ihr ins Auge, konnte sie einen lähmen; aber sie war auch verletzlich: dazu musste man ihr das Schwert ins offene Maul stoßen, und zwar über die Barriere der Zähne hinweg nach oben in den Schädel. Es war ein physischer Kampf, der aus Finten und Ausweichmanövern bestand, bis Dog die Öffnung sah und nutzte. Doch kaum hatte er die Schlange erledigt, blitzten rings um ihn her
blaue Strahlen auf und sengten dem verendenden Feind lauter Löcher in die Haut.
    »Typisch! Immer dasselbe!«, knurrte Dog nicht ohne Befriedigung. Der Anblick ihres Erzfeindes, der vollauf mit diesem überdimensionalen Molch beschäftigt war, hatte die Momeraten aus der Deckung gelockt. Nichts unter der Purpursonne konnte die feigen bleifarbenen Kreaturen zu einem frontalen Angriff bewegen. Schon machte er einen Salto, trat den Körper der Schlange fort und wirbelte den Strand hinauf, wich den Schützen aus, erwischte einen Soldaten aus der Flanke heraus.
    Spießte ihn mit einem einzigen servogestützten Stoß auf und genoss den minimalen, knirschenden Widerstand des nassen

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