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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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dass sie es war, die damit gesteuert wurde. Sie und Kyfyd und Käpt’n Jute nach seinem Gutdünken: zusammenprallen und wieder auseinandergehen - zusammen und wieder auseinander. Hier, wo die Routinen unterbrochen waren und die Technik schlief, regte sich nichts, es sei denn auf sein Geheiß.
    Grant Nichtsweiter blickte stirnrunzelnd auf seinen rechten Schuh, dann polierte er ihn am linken Hosenbein, genauer am linken Hosenbein wadenseitig.
    »Hat ihr mein Geschenk gefallen?«, fragte er, gab sich dann aber gleich die Antwort: »Es hat ihr bestimmt gefallen. Käpt’n Jute liebt hübsche Sachen zum Schlucken, Schnupfen oder Vögeln.« Er schenkte seiner treuen Gefährtin ein frostiges Lächeln. »Wer nicht?«, sagte er. »Wer nicht?«
    Etwas rührte sich am Boden. Jogo drehte sich um, mit gesträubtem Pelz, bereit loszuschlagen. Krabben krabbelten aus den schwarzen Drainagen, autonome Recycler, die frisches Altmetall witterten.
     
    Während Hebammen in den Krähenkolonien Babys mit missgebildeten Köpfen oder Gliedern zur Welt holten, reanimierte Sarah Zodiak im Zasterhain in einem weißen Pavillon die Toten.
    Ihr Vorgehen erforderte kein Haare- oder Nägelschneiden
und schon gar keinen Spaten. Es brauchte nicht einmal eine Leiche; ein Glück, denn die Leiche oder was von ihr übrig war, lag in einem Sumpf auf der Venus.
     
    Die Gauklerin und Magierin hatte recht bald herausgefunden, dass ein J.M. Souviens-Ariel-3.01-Ego, obwohl seine Bewegungen auf den Sockel beschränkt waren, nun nicht unbedingt wie eine grüne Flamme daherkommen musste. Sie brachte es dazu, seinen Fundus an Hologrammgestalten abzurufen: Die meisten waren AV-Stars und Weltraumhelden. Lauter Namen, die Sarah nichts sagten. »Schwester Anthea ist sehr beliebt«, schlug die Maschine vor. Der Zasterhain-Pavillon hatte noch nie einen Kunden wie Sarah gehabt. Sarah war unbegrenzt zahlungsfähig und nahm bereits die einträglichsten Optionen in Anspruch. Die Anlage war bemüht, jeden Aspekt ihrer Sitzungen im Sinne eines Feedbacks auszuwerten, um künftige Dienstleistungen zu optimieren. Solche Erhebungen konnten sich auszahlen. Zumal Sarah aus unerfindlichen Gründen zurzeit der einzige Kunde war.
    Die Hologrammgestalt konnte jede Größe annehmen; sie konnte den Kunden zu Fuß, auf Schlittschuhen oder im Flug durch die Szenen der gewünschten Simulation führen. Sie reagierte auf den Kunden, beeilte sich oder ließ sich mehr Zeit, wobei sie sich natürlich auch interner Optionen bediente, um den Kunden zu unterhalten und die Sitzung auszudehnen. Schwester Anthea war das Klischee einer Capellanerin, eine adaptierte Menschin mit Riesenschädel, in der typischen Kombination aus weißer Toga und goldenen Sandalen. Sie hätte auch Bruder Antheus sein können, fand Sarah, obwohl sie unterhalb der Toga bestimmt nicht definiert war.
    »Nein, danke«, sagte Sarah. »Und wie steht es mit frei definierbaren Gestalten?«

    »Viele Klienten möchten die Hologrammgestalt selbst definieren«, sagte das System dienstbeflissen. »Sie können sich sogar selbst ins Bild setzen, also buchstäblich - wir bieten sogar eine kosmetische Bearbeitung an, damit sie optimal aussehen!«
    »Gut, das wird nicht weiter schwer sein, oder?«, sagte die Akrobatin zufrieden.
     
    Alle Aufzeichnungen der Kobold waren zusammen mit dem Schiff atomisiert worden, so dass Alice lediglich mit einer Rekonstruktion dienen konnte. Letztere schwebte jetzt in Lebensgröße über dem Sockel, eine Lichtskulptur. Sarah stieg auf den Sockel und blickte in das Visier des stahlblauen Druckanzugs. In diesem Anzug war er gestorben. Daran hatte sie nicht gedacht.
    »Babba«, sagte die Lichtskulptur. »Babba bab.«
    Die Gesichter stimmten überein: die hohe Stirn, die dünne, fast senkrechte Nase, die schweren Lider über den changierenden Augen.
    Sarah ballte die Hände zu Fäusten. »Nun mach schon«, sagte sie zu dem Ding. »Sag was!«
    Das Ariel-Ego war überfordert und kehrte zur Standardstimme zurück. »Erinnerst du dich an d-d-die alten Zeiten, als wir uns aus der Knechtschaft d-der Zeit befreiten?«
    »Das hat doch mit uns nichts zu tun«, stöhnte die Zauberkünstlerin.
    Das Gesicht hinter dem Visier zuckte. Es warf Wellen und nahm wieder Form an, ein ums andere Mal, wie eine spiegelnde Pfütze, in die immer wieder ein Tropfen fällt. »Zeit befreiten, befreiten, befreiten …«, wiederholte die Stimme immer wieder. Das System hatte sich aufgehängt. Sie konnte nichts tun, um es aus dieser

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