Sonst noch Was
schlug ich vor, und Onkel Hans sagte:
»Igor? Warum? Findest du Erwin nicht schön? So hieß ein Arbeitskollege von mir, und der war ein ziemlicher Esel.«
»Versuch’s mal«, sagte ich, und Onkel Hans kraulte den Esel zwischen den Ohren und sagte:
»Möchtest du lieber Igor heißen?«
Der Esel schlug heftig mit dem Schwanz, ruckte den Kopf zu Onkel Hans herum, sah ihn mit seinen melancholischen Augen an und iahte laut.
»Tatsächlich«, sagte Onkel Hans, »du hast Recht, er will lieber Igor heißen. Na, dann nennen wir ihn eben Igor.«
Und er brüllte dem Esel ins Ohr: »Also, Erwin, ab sofort heißt du Igor!«
Und der Esel schrie laut.
»Was sagt er?«, fragte mich Onkel Hans, und ich antwortete:
»Dass du nicht so schreien musst, er ist ja nicht schwerhörig.«
Onkel Hans setzte sich ins Gras und lachte.
»Du kommst mir ja hier gerade recht«, sagte er,
»bist kaum da, schon erzählst du mir, was meine Tiere denken. Das ist ja eine tolle Sache.« Das fand ich auch, und ich konnte es mir vor allem überhaupt nicht erklären. Aber es stimmte, ich verstand einfach, was die Tiere sagten, und ich war Roswitha Gansauge dankbar dafür, dass sie mich darauf gebracht hatte, richtig hinzuhören.
Das Haus von Onkel Hans war sehr gemütlich, und mein kleines Zimmer unter dem Dach erst recht. Er hatte Wiesenblumen hineingestellt, und es gab ein uraltes Waschbecken an der Wand. Als ich alles angesehen hatte, backte er in der Küche zwei dicke Apfelpfannkuchen mit Zucker und Zimt, und während wir aßen, fragte ich: »Wo ist denn die Katze?«, denn Katzen liebte ich ganz besonders.
Der Esel schlug heftig mit dem Schwanz und iahte laut.
»Sie versteckt sich immer, wenn jemand kommt«, sagte Onkel Hans, »und dann beobachtet sie erst alles, und irgendwann schleicht sie herbei und sagt Guten Tag.«
»Guten Tag«, sagte neben mir auf dem Boden eine grauschwarz getigerte Katze und sprang auf meinen Schoß.
»Oh!«, rief Onkel Hans, »Bella, da bist du ja! Das ist unsere kleine Käthe, von der ich dir so viel erzählt habe!«
»Das seh ich«, sagte Bella, rollte sich auf meinem Schoß zusammen und schnurrte.
»Was hast du denn von mir erzählt?«, wollte ich wissen, und Onkel Hans sagte: »Och, alles, was man eben so erzählt – dass du schöne Aufsätze schreibst, dass du meistens zwei verschiedene Strümpfe trägst, was für eine Leseratte du bist…«
»Warum trägst du meistens zwei verschiedene Strümpfe?«, fragte Bella, und ich antwortete:
»Passende Strümpfe zu finden hält viel zu lange auf.«
Onkel Hans lachte und sagte: »Ich sehe, ihr beide versteht euch. Das ist wichtig, denn Bella ist hier sowas wie der Chef für gute oder schlechte Laune.
Wenn sie faucht, geht alles in Deckung.«
Ich streichelte die Katze und fühlte ihr Schnurren durch meinen ganzen Körper, und auf einmal fühlte ich auch, wie müde ich war – von der langen Reise, von all den Aufregungen. Und Onkel Hans sagte:
Mir fielen die Augen zu und ich hörte noch den Hund, der draußen ein langgezogenes Heulen ausstieß.
»So, nun gehst du in dein Bett, und ich lauf rasch in die Wirtschaft rüber und ruf beim Bäcker an, dass du gut angekommen bist, sonst macht sich deine Mutter noch Sorgen. Ich lass dir den Hund da, dann musst du keine Angst haben.«
»Ich hab keine Angst«, sagte ich und ging sehr glücklich mit Bella im Arm die Treppe hinauf in mein kleines Zimmer. Bella schlief bei mir im Bett und erzählte mir noch, dass Minz und Maunz, die beiden Katzen, die das Paulinchen aus dem Struwwelpeter so nachdrücklich vor den Zündhölzern warnen und das verbrannte Paulinchen am Schluss so sehr beweinen, dass diese beiden entfernte Cousinen von ihr wären.
Und sie zitierte mit grollender Stimme: »Und Minz und Maunz, die Katzen, erheben ihre Tatzen.«
Der Mond schien durch das kleine Fenster, mir fielen die Augen zu und ich hörte noch den Hund, der draußen ein langgezogenes Heulen ausstieß. Ich verstand: »Ach, ist das blöööööd, wenn man so allllllt wird und die Knoooooochen tun so weeeeeeh!« Und dann schlief ich ein.
Was soll ich noch erzählen – jeder kann sich vorstellen, wie wunderschön es im Westerwald war.
Ich machte lange Wanderungen mit Onkel Hans oder auch nur mit dem Hund, dem es übrigens gut gefiel, dass er keinen Namen hatte und einfach nur Hund hieß. »Es macht mich wichtiger«, sagte er.
Ich lag auf der Wiese hinterm Haus und hörte stundenlang zu, wenn Bella mir von ihrer weitläufigen
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