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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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ein leises Knarzen und die Tür eine Mannslänge neben ihm öffnete sich langsam. Jonathan schrak zurück und schloss schnell die eigene Tür wieder bis auf einen kleinen Spalt. Die Nachbartür öffnete sich weiter und das Knarzgeräusch wurde zu einem feinen Singen, das schließlich ganz verstummte. Aber niemand kam heraus. Jonathans Herz beschloss völlig eigenmächtig, dass man oben im Hirn mal ein bisschen in Schwung kommen möge und legte ein paar Schläge zu.
    Zwei schwere Stiefel stampften über den Boden. Jenseits der geöffneten Tür sah Jonathan die massige Gestalt von Kapitän Bolt, der sich erst Richtung Steuerbord umgesehen hatte und nun irgendetwas am Heck fixierte.
    Jonathan öffnete erleichtert seine Tür und Bolt fuhr erschrocken zusammen. »Ach Ihr seid es«, brummte er Jonathan an, aber schon war die Aufmerksamkeit des Kapitäns wieder woanders, denn irgendetwas hatte der Mann wohl an Backbord gesehen. Und das ließ ihm nun die Augen übergehen. »Gepellte Maria«, ächzte er hervor, aber weiter kam sein liebreizender Fluch nicht. Ein lautes Fauchen durchschnitt die relative Stille der Nacht und mit einem dumpfen, fürchterlichen Geräusch bohrte sich ein Holzpflock in den Hals des Kapitäns. Eine Blutfontäne quoll seitlich aus der Wunde, in der das Geschoss steckte, und Bolt ging gurgelnd zu Boden.
    Jonathans Schreckmoment währte einen ganzen Herzschlag lang. Dann warf er mit voller Wucht die Tür auf und starrte auf die Backbordseite. Ein riesiges, dreimastiges Segelschiff war seitwärts gegangen und Jonathan erkannte mehrere düstere und scheinbar zerlumpte Gestalten auf der Reling des unheimlichen Schiffes, dessen Hauptdeck noch etwas höher war, als das der Maria Van Brügge. Am Bug sah er im fahlen Mondlicht ein aufgemaltes, großes Auge.
    Wieder hörte Jonathan das laute Fauchen. Ein Bolzen hämmerte dicht an seinem Kopf vorbei in die halboffene Tür zu Bolts Quartier. Irgendetwas haute mit der Faust auf den Alarmknopf unter Jonathans Schädeldecke und der brüllte endlich, was seine Lungen herzugeben vermochten, »Piraten! Alarm! Piraten!«. Ohne eine weitere Attacke abzuwarten, machte er einen Satz in die eigene Kammer und schmetterte die Tür zu.
    Draußen brach die wahrhaftige Hölle los. Überall trampelte und brüllte es plötzlich auf dem Schiff. Geschrei, Alarmrufe, mehr und mehr und mehr. Jonathan hatte den breiten Holzriegel an der Tür umgeworfen und den Zugang somit erst mal versperrt. Eine Öllampe wurde entzündet. »Was ist denn los da draußen?«, wollte ein verdatterter Jasper Giles wissen und hing zitternd die Lampe an einen Haken an die Decke. »Piraten«, keuchte Jonathan, »sie greifen das Schiff an. Sie sind längsseits gekommen und haben die Wache schon umgebracht«.
    Auch Corin war wach geworden. »Was ist los?«, krächzte er verschlafen, aber niemand hatte Zeit für ihn. Jonathan hatte sich im Dämmerlicht der Öllampe auf eine ihrer Kisten gestürzt. »Wir müssen kämpfen, Vater«, bestimmte er knapp und war schon dabei ein Kettenhemd aus der Truhe zu nehmen und es sich überzuziehen. Jasper Giles, als Geschäftsmann entschlossen und tatkräftig, war dieser Situation nicht wirklich gewachsen. »Ja«, stammelte er, »ja, das müssen wir wohl«. Jonathan warf seinem Vater einen Lederpanzer zu. Der alte Giles verlor fast das Gleichgewicht, als ihn der Kürass an der Brust traf.
    »Piraten?«, erkundigte sich Corin, der immer noch in seinem Bettwrack lag, und seine Stimme klang trotz seinem Faible für Seeräuber alles andere als begeistert.
    Zumindest die naive Piratenromantik würde sich nach diesem Erlebnis ein für alle mal erledigt haben, blitzte es in Jonathan auf, aber der Gedanke war einen Wimpernschlag später auch schon wieder fort. Vermutlich wollte sich der Gedanke selbst noch schnell eine Rüstung besorgen.
    Jonathan hatte sich in Windeseile ein Lederarmband angelegt und sah zu seinem kleinen Bruder herüber. »Du bleibst hier, Corin«, war seine Antwort, bevor Corin auch nur auf die Idee kam, die entsprechende Frage zu stellen. Eine Antwort so schlecht gewählt, dass Jonathan sie noch bitter bereuen würde.
    Inzwischen zeigte auch Jasper Giles Initiative und hatte sich den Lederpanzer übergestreift. Jonathan schloss hastig zwei der vier Riemenverschlüsse auf der Rückseite der väterlichen Rüstung – das musste reichen. Jonathan beugte sich zur Waffenkiste herab, nahm zwei Kurzschwerter heraus, reichte eines seinem Vater und dirigierte den alten

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