Soul Kitchen
sagte:
»Pass auf, das mit uns wird nichts, verlieb dich nicht in mich oder so. Die Nacht war schön, aber das geht niemanden etwas an. Wenn du es rumerzählst, sorg ich dafür, dass du gefeuert wirst. Ist das klar?«
Zinos wusste nicht, was er sagen sollte. Er stand da und fühlte sich so wie damals, mit Übergewicht und Akne. Ihre Worte klangen unwirklich, es passte nicht zu dem, was letzte Nacht gewesen war. Er fror. Sie bot ihm nicht mal einen Kaffee an. Dann erinnerte er sich an das Gespräch mit Udo. An den Ausbildungsplatz bei Udo, den er wollte. Es wäre das Beste, was passieren könnte. Er würde kochen leinen, richtig kochen, besser als seine Mutter. Er würde sich anstrengen, ab heute. Alles würde sich ändern. Er sah in den Spiegel im Hausflur. Seine Haare wirkten voller als gestern, und sie glänzten. Seit diesem Tag fassten ihm Frauen oft in die Haare.
Zinos rannte nach Hause, er holte Busse und Autos ein, flog durchs Treppenhaus, duschte und zog sich um. Etwas über eine Stunde zu spät erschien er vor Udo.
Der saß an dem gleichen Tisch wie gestern Nacht, so, als wäre er gar nicht aufgestanden. Nur dass nun kein Rotwein, sondern ein Espresso vor ihm stand. Udo sah Zinos nicht an, und er begann erst zu sprechen, als Zinos sich gesetzt hatte.
»Dein Schiff geht sogar im Hafen unter, Zinos. Du bist ein unglaublich dummer kleiner Junge. Verschwinde, pronto!«
»Nur weil ich ein bisschen zu spät komme? Es passiert nie wieder! Ich dachte, der Monat fängt erst morgen an.«
»Jetzt werd nicht frech. Du hast überhaupt nicht gedacht.«
»Ich komme nie wieder zu spät. Niemals.«
»Exakt. Nie wieder wirst du in meinem Restaurant zu spät kommen – weil du hier nie wieder erwartet wirst.«
»Aber wieso denn?
»Rede dich nicht raus, ich habe dir gesagt, was ich erwarte, und du wirfst alles weg, wegen einer Frau, die dir sowieso nur das Herz bricht.«
»Was?«
Zinos wurde ein bisschen übel und schwindelig.
»Bogdana wird niemals mit dir zusammen sein, sie liebt dich nicht, sie ist nicht verliebt in dich, nicht mal verknallt. Werd erwachsen, dann kannst du wiederkommen. Aber jetzt, mein Kleiner, dürftest du nicht mal als Brotkrümel hier existieren. Du Idiot, wir hatten eine Abmachung.«
Zinos stiegen Tränen in die Augen.
Pavese trank den Espresso in einem Zug aus, kippte sich die letzten Tropfen in den Mund und sagte:
»Es tut mir sogar leid für dich, Zinos. Ich mag dich, aber du bist noch klein . Jeder hat seine Geschichte, und deine Geschichte geht jetzt nicht hier in meinem Pizza-Palast weiter. Komm wieder, wenn du nicht mehr wütend auf mich bist.«
Seelenruhig zündete Udo sich eine Zigarette an.
»Ich bin gar nicht wütend!«, brüllte Zinos und verließ das Restaurant.
Er schwor sich, nie wieder Sex zu haben. Er würde sich nicht mal mehr einen runterholen. Er würde einsam in der Natur leben, dort, wo es immer kalt war, dann würde er sehr schnell sehr krank werden und alleine sterben.
Als er zu Hause angekommen war, beschloss er, Hamburg für eine Weile zu verlassen. Aber wo sollte er hin? Er könnte auch einfach in seiner Wohnung verhungern. In der Wohnung, die seine Eltern ihm geschenkt hatten, um ihn loszuwerden. Dann würden sie bereuen, dass sie ihn verlassen hatten, obwohl er noch ein Kind war. Auch Illias hatte ihn hängen lassen. Nein, er konnte jetzt nicht in dieser Wohnung bleiben. Jetzt, wo sein neues Leben misslungen war. Er musste raus aus der Stadt, er wollte Bogdana nie mehr begegnen, er wollte überhaupt keiner Frau mehr begegnen. ihm fiel jetzt nichts anderes über sich selber ein, als dass er Grieche war; ein wütender Grieche, zu jung und zu dumm, das zu bekommen, was er wollte.
Ja, er würde die Stadt verlassen. Er musste sich selber finden, obwohl er dazu eigentlich keine besonders große Lust hatte. Den alten Zinos wollte er ja gar nicht zurück, der geglaubt hatte, wenn man brav seine Schularbeiten erledigte, würde sich schon alles irgendwie fügen. Damals träumte er von einem netten Mädchen. Nun wusste er, dass nette Mädchen ihm nicht gefielen.
Er könnte nach Griechenland fahren. Doch da waren schon seine Eltern. Aber nicht überall in Griechenland. Es gab Tausende Inseln, nicht alle waren bewohnt, dafür umso schöner.
Lange hatte er nicht mehr an Tante Eleni gedacht. Das letzte Mal war er bei ihr auf der Insel gewesen, als er noch ein Kind war. Es war in dem Sommer gewesen, in dem Tante Eleni und seine Mutter sich für immer zerstritten. Seit
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