Soul Kitchen
die Richtung, er ging hinter ihr her, den Blick auf ihrem Hintern. Bo ging immer schneller.
An der U-Bahn Station St. Pauli fragte er:
»Gehen wir noch aus?«
»Ich wohn hier.«
Sie ging über die Straße. Ein Auto hupte.
»Auf dem Kiez?«, rief Zinos.
Er hatte sie eingeholt.
»Stressig, hier zu wohnen, oder?«
»Seitenstraße«, sagte sie.
Er wollte den Arm um sie legen, da ging sie noch schneller, er hielt Schritt und fragte sich, ob sie merken würde, wenn er stehen blieb oder nach Hause ging, da schloss sie plötzlich die Tür eines Rotklinkers auf und wartete.
Im Treppenhaus küssten sie sich.
In ihrer Wohnung brannte in jedem Zimmer Licht. Besonders viel Platz gab es hier nicht, und die Decken waren niedrig. Aber es war die ordentlichste Wohnung, die Zinos je gesehen hatte.
»Wow, ist das sauber hier!«
»Ja, bei mir kann man vom Boden essen«, sagte sie, ohne zu lachen.
»Machst du das manchmal?«
Sie sagte nichts. Zinos zog die Schuhe aus und stellte sie ins Treppenhaus neben ihre Stiefel.
»Ist noch jemand da? Ich meine, wegen des Lichts überall.«
Sie antwortete wieder nicht, er folgte ihr in die Küche. Sie war viel kleiner, als er gedacht hatte.
»Ich hatte mal eine Mitbewohnerin, ich hasste sie schon am ersten Tag. Als sie einen Tampon im Klo nicht runtergespült hat, habe ich nur noch geschrien. Sie ist freiwillig gegangen, noch am gleichen Tag. Eine Weile war ich pleite, aber ich hatte mein Wohnzimmer zurück.
»Und warum das ganze Licht? Hast du Angst, dass eingebrochen wird?«
»Ich hab’s eben gern hell. Und jetzt Schluss mit den Fragen.«
»Aber ich würde dich gern besser kennenlernen.«
»Warum?«, fragte Bo erstaunt.
»Du interessierst mich. Mehr als alles andere.«
»Und warum?«
»Weiß nicht. Du bist so schön.«
»Nein. Ich bin nicht schön. Ich weiß nur, was mir steht.«
»Du bist sehr schön. Und sehr sexy. Aber deshalb bin ich nicht hier, ich will dich erst mal besser kennenlernen.«
»Du bist noch Jungfrau, stimmt’s?«, sagte sie und grinste.
Zinos antwortete nicht.
»Was willst du denn von mir wissen?«
»Weiß nicht. Was du magst, was du romantisch findest, was deine Lieblingsfilme sind und so.«
»Alles klar, komm mit.«
Zinos folgte ihr ins Wohnzimmer. Sie öffnete die mittlere Tür ihrer weißen Schrankwand.
»Bitte schön!, meine Lieblingsfilme. Ich wollte das mal studieren, also irgendwas mit Film. Aber ich hab nicht mal das Abitur geschafft. Ich bin nicht blöd oder so, ich war eben nicht gut drauf in der Zeit. Ich leihe keine Videos mehr aus und gehe nie ins Kino, denn Filme, die ich gut finde, will ich immer haben. Aber Videokassetten nehmen zu viel Platz weg. Ich finde es hässlich, sie auf dem Boden zu stapeln. Wenn du willst, gucken wir einen Film. Vorher gehe ich duschen.«
»Guckst du dir auch keine Filme im Fernsehen an?«
»Niemals, nicht mal Serien. Ich mag nur Shows, wo jemand was gewinnen kann.«
Zinos sah sich die Videos an: St. Elmos Fire, Breakfast Club, Pretty in Pink, L.I. S. A., Der helle Wahnsinn, Ferris macht blau, Unter Null, Sex, Lügen und Video, Wall Street, Neuneinhalb Wochen, Class, Bodycheck, Noch mal so wie letzte Nacht, Wilde Orchidee, Angel Heart.
Als Bogdana aus dem Bad kam, trug sie einen viel zu großen weißen Bademantel und einen weißen Turban auf dem Kopf.
»Du kannst jetzt duschen, wenn du willst. Willst du danach einen Film sehen? Oder kennst du alle schon?«
»Ich kenne die meisten teilweise. Ich war früher oft mit meinem Bruder im Kino, und wir sind dann so von Saal zu Saal. Illias fand Unter Null ganz gut.«
»Und welchen Film mochtest du? «
»Weiß nicht, ich hatte noch keinen eigenen Geschmack. Ich hatte eben Illias’ Geschmack, das wäre sonst auch viel zu anstrengend mit ihm gewesen.
»Und heute? Hast du heute einen eigenen Geschmack?«
»Ach, wahrscheinlich haben Illias und ich einfach den gleichen Geschmack.
»Dein Bruder scheint dich ja noch immer im Griff zu haben.«
»Nein, quatsch, aber er ist ein cooler Typ und hat ein großes Ego.«
»Als ich so alt war wie du, fand ich nur Egomänner gut.«
»Und jetzt nicht mehr?«
»Jetzt bin ich erwachsen und muss auf mich aufpassen -«
»Was ist das eigentlich für dich – Erwachsensein?«
»Man weiß besser, wie man seine Verletzbarkeit verstecken kann, und man verdient Geld«, sagte sie.
»Das ist alles?«
»Ach, lass uns nicht so ernst sein. Du wolltest wissen, was ich romantisch finde. Geh duschen, dann zeig ich’s
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