Späte Familie
fragt, willst du sie, willst du, dass ich sie dir kaufe? Und ich bin überrascht, denn Geschenke von ihm sind selten, und er betritt den Laden mit energischem Schritt, zieht Bargeld aus seiner Tasche, und ich gehe neben ihm her, stolz und aufrecht wie eine Königin am Tag ihrer Krönung, bewege vornehm mein vergoldetes Handgelenk, und am nächsten Morgen fuhr ich mit einem Freund zum Meer, und als wir abends zum Auto zurückkehrten, fanden wir es aufgebrochen, und nichts war gestohlen auÃer der vergoldeten Uhr, als hätte mein Vater sein Geschenk zurückgeholt, dessen ich nicht würdig war, und dann tauchen weitere Bilder auf, Bilder armseligen Glücks, immer bedroht, immer von kurzer Dauer, immer zweifelhaft, und die ganze Zeit weià ich, dass der Mann an meiner Seite schon nicht mehr mit mir zusammen ist, dass ich ihn verloren habe, seine schwere Hand auf meinem Rücken wird hart, als wäre sie schon längst erstarrt, und auch darüber trauere ich, und als ich versuche, ihn durch die Wimpern von der Seite anzuschauen, sehe ich, dass sein Blick still auf den Fenstern seiner Wohnung ruht, als wäre die Hauswand die Tempelmauer, an die er sein Gebet richtet,und als das Weinen, das schon nicht mehr ein Weinen ist, sondern eine Art Dibbuk, der in mich gefahren ist, langsam nachlässt und zu einem wilden, abgehackten Atmen wird, höre ich ihn beruhigende Worte flüstern, genug, genug, es reicht, mein Mädchen, alles wird gut, geh schon schlafen, und mir ist klar, dass er nicht mich damit meint, sondern seine Tochter, die jetzt ins Bett geht, denn da geht das Licht aus, die goldenen Linien verlöschen, und er wartet ein bisschen, dann erhebt er sich mit einem Seufzer vom Karussell, das sofort mit einer zappelnden Umdrehung antwortet, und sagt zu mir, komm, sie schlafen schon, als wäre diese Nachricht dazu bestimmt, mich zu beruhigen, als hätte ich jetzt keinen Grund mehr zu weinen, denn sie schlafen endlich, Maja und Jotam.
Ich bleibe hier, und um meinen Worten Nachdruck zu verleihen, klammere ich mich mit der Hand an das kleine wacklige Lenkrad, und er betrachtet mich erstaunt, sein Blick wird hart, seine Augenbrauen ziehen sich zusammen, die Falte zwischen ihnen wird tiefer, schade, zischt er, du verhältst dich wie ein kleines Kind, reià dich zusammen und werde erwachsen, du hast keine Wahl, und ich schüttle den Kopf, ich bleibe hier, und sehe, wie sich auf seinem Gesicht der Entschluss breit macht, aufzugeben, mich nicht weiter zu überreden. In Ordnung, stöÃt er aus, wie du willst, du weiÃt, wo du mich finden kannst, und diesmal bindet er mich nicht mit einem Kuss an sich, sondern steigt vom Karussell hinunter und dreht mir den Rücken zu, geht zwischen den verlassenen Geräten hindurch, vorbei an dem verrosteten Blechpferd, an der mit Sand bedeckten Steinrutsche, und verlässt, den Blick auf die StraÃe gerichtet, mit steifen Schritten den Spielplatz, als ginge er auf Stelzen, und lässt mich zusammengekauert auf dem Karussell zurück, und ich betrachte nun statt seiner das Haus, das er verlassenhat, die meisten Zimmer sind dunkel, nur das Wohnzimmer ist beleuchtet, aber vielleicht ist es auch die Küche. Vielleicht spült sie ja gerade das Geschirr vom Abendessen, drei Teller, drei Schüsselchen, drei Gläser, und ihre Hände, die an vier gewöhnt sind, zittern unter dem Wasserstrahl, und ich weiÃ, dass ich aufstehen und weggehen muss, aber eine unerträgliche Schwere nagelt mich fest, wie das verrostete Blechpferd bleibe ich bewegungslos auf meinem Platz, auf dem armseligen Karussell, am Morgen werde ich von Passanten gefunden werden, eine seltsame Obdachlose, mit warmem Mantel und vollem Geldbeutel, und ich bedecke meine nassen Knie mit dem Mantel, die geschwollenen und juckenden Hände in die engen Taschen geschoben, die von Sekunde zu Sekunde enger zu werden scheinen, die Versteifung der Glieder führt zu einer Versteinerung des Herzens, und trotzdem hat es etwas Tröstliches, die Herrschaft über sich zu verlieren, der freiwillige Verzicht auf die Möglichkeit des Glücks, wen bestrafst du, hat er mich gefragt, und ich strecke mich auf der Bank aus, ein stachliger Schlummer umfängt mich, wie im Gymnasium auf dem Holztisch, bis eine Hand mir durch die Haare fuhr, und ich hob das Gesicht zu den hellen Augen Gilis, des Jungen, der seinen siebzehnten Geburtstag nicht mehr feiern würde. Mir ist, als
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