Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)
hat für ihn grundsätzlich sieben Arbeitstage. Der Arbeitstag wenn nötig 24 Stunden. Der Schweizer ist ungeduldig und will schnell Resultate sehen. Auf ein Dankeschön nach durchgearbeiteter Nacht braucht niemand zu zählen. Er hält es mit der schwäbischen Devise: Net g’schimpft isch scho g’lobt.
Fehler verzeiht der Deutsche-Bank-Chef durchaus, aber nur, wenn man sich dazu bekennt und nicht herumdruckst. Für alles andere bringt er kein Verständnis auf. Sein Markenzeichen, das ewig jungenhafte Lächeln, kann dann schlagartig gefrieren, Blick und Stimme können eiskalt werden. Seine notorische Freundlichkeit, so die Süddeutsche einmal, sei »eine Art Dienstwaffe«. Jean-Claude Juncker, der langjährige Premierminister von Luxemburg, der als Vorsitzender der Eurogruppe der Finanzminister viel mit dem obersten Deutschbanker zu tun hatte und sich gut mit ihm versteht, nennt es »knallharten Charme«.
Wenn jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht habe, schlecht vorbereitet sei und herumschwadroniere, nicht liefere, was er von ihm erwarte, könne er »sehr unangenehm werden«, gesteht Ackermann in dem erwähnten Film-Porträt der ARD sogar öffentlich selbst ein. Er straft dann nicht mit Predigten, sondern mit Missachtung. Er würdigt die Betroffenen kaum noch eines Blickes, bis sie ihren Fehler wiedergutgemacht haben.
Zehn Jahre führt er die Bank so mit nahezu demselben Team – und hinterlässt im Laufe der Zeit dabei so manche persönliche Verletzung. In den letzten Jahren, in denen er zunehmend in den Regierungszentralen und Palästen der Mächtigen rund um die Welt ein- und ausgeht und seine Kollegen weit überstrahlt, kommt wechselseitig eine gewisse Entfremdung hinzu. Als ihn der Focus kurz nach seinem Ausscheiden danach fragt, was er im Nachhinein am meisten bedaure, sagt er: »Ich war wohl etwas zu dominant.« So kann man es auch nennen.
Josef Ackermann duzt sich mit allen Mitgliedern des operativen Führungsgremiums der Bank, dem Group Executive Committee ( GEC ), einer Art erweitertem Vorstand. Zur Festigung des Gemeinschaftsgefühls lässt er jedes Jahr ein gemeinsames Wochenende mit Partnerinnen organisieren. Einmal ist die Gruppe zu Gast bei der Schweizer Armee. Im Kampfanzug übt sie im Berner Oberland Schießen mit dem Sturmgewehr, fährt im Panzer mit und isst aus dem Feldgeschirr. In einem anderen Jahr steht Elefanten-Polo in Indien auf dem Programm.
Trotz des beträchtlichen Charmes, den er mobilisieren kann, ist Josef Ackermann kein Kumpeltyp. Er bewahrt stets eine gewisse Distanz, entwickelt zu keinem seiner Kollegen eine private Freundschaft. Seine Probleme macht er am liebsten mit sich selbst aus. So offen er seine Meinung als Manager sagt, so verschlossen ist er außerhalb der Familie und dem allerengsten Freundeskreis als Mensch.
Nach außen »Zurückhaltung, keine Gefühle zeigen«, Probleme »niemanden merken lassen«, das habe er schon als kleiner Junge »eingebläut« bekommen, so Hanspeter Danuser, langjähriger Kurdirektor von St. Moritz, über seinen ehemaligen Schulkameraden. Als Banker kommt ihm das zugute. Ein Unternehmensführer darf keine Launen zeigen – und erst recht keine Schwächen oder Ängste.
Andererseits ist der Schweizer ein Chef, der zu seinen Mitarbeitern steht, gute Arbeit nicht unbedingt lobt, aber auch nicht vergisst und, etwa in der Bonusrunde, honoriert. Heuern und Feuern ist nicht seine Art. Selbst wenn er mit jemandem mal unzufrieden ist, lässt er ihn nicht einfach fallen. Kritiker werfen ihm deswegen sogar übertriebene Treue vor.
So hält er etwa bis zum Schluss an den GEC -Mitgliedern Kevin Parker und Pierre de Weck fest, obwohl deren Bereiche, Asset Management und Private Vermögensverwaltung, nie die Erwartungen richtig erfüllen können. Als in der Krise viele Chefs der Investmentbanking-Sparte von großen Banken nach schweren Verlusten gehen müssen, steht er unbeirrt auch zu Anshu Jain, dessen Handelsbereich ebenfalls tief in die roten Zahlen geraten ist, und gibt ihm eine »zweite Chance«, wie er selbst es ausdrückt.
Außenstehende erleben den intellektuell hochmütigen, den extrem fordernden, verschlossenen, abweisenden, ja kalten Josef Ackermann nur selten. Er weiß, dass ihm diese Seite bei anderen keine Sympathiepunkte einbringt.
In dem »Sonntags-Interview« mit dem Deutschlandradio zeigt sich der Chef der Deutschen Bank denn auch gut gelaunt wie fast immer im Umgang mit Medienleuten. Von einer herannahenden globalen Finanzkrise
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