Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)
Zeitschriften aufzunehmen, den sie mir morgens auf den Schreibtisch legte. Erst nach mehrmaligem Nachhaken begriff sie endlich, dass es mir ernst damit war.
Der dritte Schwerpunkt meiner Arbeit lag auf dem Thema gesellschaftliche Verantwortung. Schon als Journalist hatte ich immer wieder festgestellt, dass Manager ihr Handeln nicht mit moralischen und sozialen, sondern fast durchweg ökonomischen, technischen oder rechtlichen Argumenten begründen. Im öffentlichen Diskurs geraten sie dadurch meist ins Hintertreffen. Gerechtigkeit und Solidarität ziehen nun einmal mehr als Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit.
Ich wollte, dass die Bank nicht nur den Kopf, sondern auch das Herz der Menschen anspricht. Dass sie nicht nur betriebswirtschaftlich, sondern auch politisch, sozial und moralisch argumentiert. Dass sie überzeugend begründen kann, warum ihr Geschäft, richtig praktiziert, zu den Kräften des Guten in dieser Welt gehört.
Auch dabei kam mir die Finanzkrise entgegen. Ebenso wie Herkunft, Erziehung und Persönlichkeit meines Chefs. Kein anderer deutscher Unternehmensführer hat sich in den vergangenen Jahren so intensiv mit dem Thema Markt und Moral auseinandergesetzt und die Bedeutung von gesellschaftlichem Verantwortungsbewusstsein und Ethik in Unternehmen betont wie Josef Ackermann.
Sicher geschah dies nicht zuletzt auch unter dem Druck der Ereignisse. Aber das ändert nichts an der Tatsache selbst. Ackermann hat eine Transformation der Unternehmenskultur seines Hauses eingeleitet, an die seine Nachfolger nun anknüpfen können.
Obwohl mir bei weitem nicht alles gelang, was ich mir vorgenommen hatte, so konnte ich mich im Ganzen gesehen doch nicht beklagen. Das Glück war mir gleich in vielfacher Hinsicht hold gewesen. Das wurde mir an diesem Freitagmorgen, an dem ich die Bilanz meines Seitenwechsels zog, noch einmal richtig bewusst. Better be lucky than smart!
Von einer Urlaubsreise nach Macao hatte ich vor Jahren das Plakat für eine Ausstellung historischer Bilder mitgebracht, die Schüler der einstigen Missionarsschule in der ehemaligen portugiesischen Kolonie auf chinesischem Territorium gemalt hatten. Neben seiner Farbenpracht hatte mir daran vor allem der Titel der Ausstellung gefallen: Exílio Dourado, goldenes Exil. Er schien mir gut zu meiner Situation zu passen. Seitdem hatte das Plakat meine kleine Wohnung in Frankfurt geschmückt.
Exil bleibt Exil, auch wenn es selbstgewählt, abwechslungs-, lehrreich und komfortabel war. Und so wich meine Retrospektive auf die vorausgegangenen fünf Jahre an diesem Freitagmorgen im Juni 2012 bald der Vorfreude auf meine Heimkehr. Endlich konnte ich wieder mit meiner Familie zusammen sein, wieder mein eigenes Leben leben – und einen lange gehegten Wunsch in die Tat umsetzen: mich der Kalligraphie zu widmen.
Doch schon auf dem Heimweg, wenige Kilometer hinter Frankfurt auf der Autobahn kurz vor dem Wiesbadener Kreuz, gerade waren die Bankentürme von Frankfurt im Rückspiegel verschwunden, spürte ich, dass mich die vergangenen Jahre so schnell nicht loslassen würden. Dafür hatte ich einfach zu viel erlebt.
Der Journalist in mir meldete sich mit Macht zurück und drängte danach, die Öffentlichkeit an meinen Erlebnissen, Erfahrungen und Erkenntnissen, soweit möglich, teilhaben zu lassen. Und den Menschen aus der Nähe zu beschreiben, der unter dem Stereotyp Ackermann bekannt ist.
Daraus ist dieses Buch entstanden. Die Kalligraphie musste noch einmal warten.
1: Josef Ackermann als Baby in den Armen seiner Mutter
2: Hoch zu Ross;
3: beim Ski-Unterricht
4: «Seppi» (2. v. r.) mit Vater Karl, Mutter Margrith, Bruder Karl (l.) und Daniel
5: Als Jung-Banker bei der Hausarbeit;
6: als Offizier der Schweizer Armee;
7: mit Ehefrau Pirkko im Skiurlaub
8: Ehepaar Ackermann mit Tochter Catherine;
9: beim Pferderennen in Ascot
10: Josef Ackermann im angeregten Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel
11: Zu Gast in der Parteizentrale der SPD ;
12: beim BILD -Sommerfest mit Alt-Kanzler Helmut Kohl
13: Ackermann
(Mitte) als Laien-Sänger in der New Yorker Met;
14: zu Besuch in der Firmenzentrale von Ferrari;
15: beim Kickern mit Studenten
16: Josef Ackermann mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso
17: Ackermann mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor einer Sitzung im Berliner Kanzleramt;
18: bei der Begrüßung von Jean-Claude Juncker, damals Chef der Euro-Gruppe
19: Beim Tanz mit Christine Lagarde,
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