Späte Sühne - Island-Krimi
die Modelle sehr jung waren.«
»Wann bist du in die Wohnung gegangen?«
»Ich bin letzten Donnerstag sehr spät in Island angekommen und bin noch in derselben Nacht hingegangen, um mich darum zu kümmern. Es war niemand in der Wohnung, aber ich sah, dass jemand angefangen hatte, den Safe zu knacken. Das Werkzeug stand herum, und eines der Schlösser war bereits herausgebohrt worden. Ich hielt es für wahrscheinlich, dass der Mann über Nacht eine Pause eingelegt hatte, um kein Aufsehen zu erregen.«
»Weshalb hast du dich nicht mit der Polizei in Verbindung gesetzt?«
»Der Safe weckte mein Interesse, denn ich stehe mich derzeit finanziell nicht so gut. Ich habe vor einigen Jahren unsere Villa in Reykjavík verkauft und das Geld in Bankaktien angelegt. Durch den Crash ging das alles zum Teufel. Meine Frau weiß davon nichts, sie denkt, ich hätte es in sicheren Fonds angelegt. Ich habe mich noch nicht getraut, ihr die Wahrheit zu sagen. Jetzt, wo feststeht, dass wir von Berlin wegmüssen, will sie, dass ich ein schönes Haus hier in Reykjavík kaufe.«
»Und was passierte dann?«
»Ich trug die Kartons mit den Zeitungsausschnitten in mein Mietauto. Es waren drei, und sie waren ziemlich groß und schwer. Dann ging ich in die Wohnung zurück und wartete dort. Als der Mann so gegen zehn eintraf, versteckte ich mich im Schrank.«
»Kanntest du den Mann?«
»Ich habe zunächst bloß gehört, wie er hereinkam, und erst später sah ich, dass es der Mann war, den Anton als Bodyguard eingestellt hatte.«
»Wie hast du ihn überwältigen können?«
»Ich schlich mich von hinten an, als er an dem zweiten Schloss herumbohrte. Er hatte Ohrenschützer auf, weil die Maschine so einen Krach machte. Ich wollte ihn mit einem Hieb niederstrecken, aber der Kerl geriet nicht einmal ins Wanken, sondern drehte sich zu mir um. Deswegen habe ich noch einmal zugeschlagen. Wahrscheinlich zu fest.«
»War er gleich tot?«
»Ich glaube ja.«
»Und was dann?«
»Ich habe den Rest der Bohrarbeiten besorgt und den Safe geleert.«
»Was war da drin?«
»Eine Riesenmenge Geld, alles in Euros. Ich habe es noch nicht gezählt. Und Gold war da auch.«
Der Barkeeper brachte Konráð das nächste Glas Whisky, er bezahlte mit einem Zwanzigeuroschein. »Der Rest ist für dich«, sagte er wie zuvor.
Mittwoch, 21. Oktober
10:30
Rakel rief Birkir auf seinem Handy an.
»Fabían ist heute Morgen gestorben«, sagte sie. »Jón war bei ihm. Starkaður ist ebenfalls hier. Die beiden sind bereit, sich zu stellen. Wir würden es sehr zu schätzen wissen, wenn du allein kämst, um sie abzuholen.«
Die Männer befanden sich in Fabíans Zimmer. Die Leiche lag im Bett, und auf dem Nachttisch brannte eine schöne Kerze. Alles, was an Leiden und Krankheit erinnerte, war aus dem Zimmer entfernt worden. Ein seltsamer Friede lag über diesem Anblick. Starkaður stand am Fenster und sah hinaus in den Garten, Jón saß auf einem Stuhl und starrte vor sich hin. Er blickte nicht einmal hoch, als Birkir hereinkam. Birkir nahm Jón gegenüber auf einem Stuhl Platz.
»Du musst wohl mit mir kommen«, sagte er.
»Gleich«, entgegnete Jón.
»Es besteht kein Grund zur Eile«, sagte Birkir.
Ein paar Minuten herrschte Schweigen, das Jón schließlich durchbrach. »Ihr habt die Männer gefunden, nach denen ihr gesucht habt?«
»Ja.«
»Und sie waren wohlauf?«
»Ja.«
Jón war nicht anzumerken, ob ihm die Nachricht gefiel.
»Kannst du mir sagen, welchen Anteil du an dieser Sache hattest?«, fragte Birkir.
»Du hast das Geständnis des Bezirksamtmanns gehört«, sagte Jón.
»Ja, ich weiß alles über die Vorgeschichte. Aber ich muss mir ein Bild von dem machen, was in den letzten Tagen passiert ist.«
Starkaður wandte sich vom Fenster ab und sagte: »Am besten berichte ich dir davon.«
»Warte«, sagte Birkir. Er nahm sein Diktafon zur Hand und schaltete es ein. »Sag, wer du bist.«
Starkaður nannte seinen Namen und fuhr fort: »Ich war für die Organisation dieser Entführung verantwortlich, wenn man das so ausdrücken kann. Und Lúðvík habe ich dafür bezahlt, mir dabei zu helfen. Jón hat von dieser Aktion erst erfahren, als Lúðvík ihn am Samstag nach meiner Festnahme angerufen hat.«
Birkir sah Jón an. »Jón, du hast aber gewusst, was in Berlin ursprünglich geplant war?«
Jón nickte.
Starkaður sagte: »Ja, wir wussten alle, was in Berlin passieren sollte. Es war unsere Absicht, Arngrímur in der Botschaft in unsere Gewalt zu bringen
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