Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
Wi e alles begann ...
A uf den ersten Blick scheint es vielleicht unverständlich, weshalb ich ausgerechnet nach Italien reisen muss, um den perfekten Mann zu finden. Dabei ist die Sache ganz einfach: Ich lebe in Berlin, und zwar als Single – genauer gesagt, als Langzeitsingle. Denn in der Hauptstadt begegne ich ständig Männern, denen ich rückblickend betrachtet besser aus dem Weg gegangen wäre. Mal ehrlich, deutsche Männer halten einer Frau doch nur noch die Tür auf, wenn sie am Morgen danach gehen soll! Oder sie verwechseln »Frauen Aufmerksamkeit schenken« mit »auf die Brüste starren«.
Solche Männer sind von dem sensiblen, verständigen italienischen Caprifischer, mit dem ich einst in Mädchenträumen in den Sonnenaufgang gesegelt bin, so weit entfernt wie Rolf Eden vom jungen Frank Sinatra.
In Berlin habe ich alte, dickbäuchige Knollnasen getroffen, die bei Konopke in der Warteschlange der besten Currywurst der Stadt entgegenfiebern. Ich bin arbeitslosen, profilneurotischen Schauspielern oder besser profilneurotischen Kellnern begegnet, die gemeinsam mit monologisierenden Philosophen die Kastanienallee entlangschlendern. Regelmäßig sehe ich glatt gebürstete Anwälte in maßgeschneiderten Anzügen, die voller Vorfreude auf ihr Büro und die kommende Wochenendarbeit in handgenähten Lederschuhen die Friedrichstraße entlangeilen. Ihren Blick habensie stets auf die teure Armbanduhr gerichtet, während die blau-rot gestreifte Krawatte im Wind flattert.
In den Cafés und Galerien von Berlin-Mitte plaudere ich mit den jungen Kreativen, die vor ihrem MacBook sitzen und via Skype neue Projekte mit Freunden in Shanghai oder Tokio entwickeln. Den obligatorischen Schal tragen sie in einer derart raffinierten Art und Weise um den Hals geschlungen, dass ich vermute, sie haben gemeinschaftlich einen Seemannsknoten-Kurs belegt. Ich bin in die Bars an der Torstraße eingekehrt, wo die coolen Adriano-Goldsmith-Jeans-Träger mit den passenden Retro-Nike-Sneakers ihren Wodka flaschenweise erwerben. Manchmal kreuzten meine Wege die konservativen Münchner oder Hamburger, die kariertes Hemd und Jackett tragen – oder, wenn sie sich in der Hauptstadt akklimatisiert haben, Lederjacke und Neuauflage der 70er-Jahre-Nerd-Brille.
Auf dem Campus der Humboldt-Universität ist mir der vom stundenlangen Bibliotheksaufenthalt blass gewordene, verständige Nordic-Walking-Rucksackträger über den Weg gelaufen, der sich soeben für den Berliner Halb-Marathon angemeldet hat. Und am Potsdamer Platz stolpere ich regelmäßig über Unternehmensberater, die zwar behaupten, auf Frauen in Führungspositionen zu stehen, aber damit eigentlich nur meinen, dass wir beim Sex oben sitzen sollen. Alles in allem also ein Strauß bunter Vielfalt, doch für mich scheint einfach kein passender Mann dabei zu sein.
Mir bleiben nur zwei Möglichkeiten: Entweder ich gehe davon aus, es liegt an mir – dann könnte ich gleich aus dem Fenster in den Vorgarten springen –, oder ich schiebe die Schuld einfach den deutschen Männern in die Schuhe. Und träume von einem Ort, an dem alles besser ist.
Ich entscheide mich für Variante B: Und der Ort, von dem ich träume, heißt Italien. In einem Land, in dem die Zitronen blühen und reife Feigen an den Bäumen hängen, müssen doch rein theoretisch auch die Männer einen höheren Reifegrad besitzen.mmerhin sagt man den Italienern nach, sie seien romantisch, zuvorkommend, gut aussehend, leidenschaftlich – die perfekten Verführer. Und damit stehen sie im Vergleich mit den anderen europäischen Männern ziemlich alleine da. Der Italiener, ein Ausreißer in der Evolution. Ich glaube, Biologen sprechen sogar von einem Superstimulus.
Was mein Leben und Lieben in Deutschland betrifft, habe ich mich bisher mehr oder weniger an das italienische Sprichwort Meglio sola che male accompagnata gehalten. Was so viel heißt wie: »Lieber allein als in schlechter Gesellschaft.« Ein ehrenwertes Credo, aber langweilig ist es leider auch.
Meine letzte nennenswerte Beziehung liegt vier Jahre zurück. Herrn Taube, so nenne ich meinen Verflossenen im Stillen, weil er als erklärter Narziss stets eifrig damit beschäftigt war, die Brösel von Anerkennung aufzupicken, die ihm andere zuwarfen, habe ich nach zweijähriger Beziehung verlassen. Still und heimlich. Während Herr Taube in der Tausend Bar an der Friedrichstraße damit beschäftigt war, Brosamen vom Parkett zu schnäbeln, die ihm ein paar Damen von den
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