Spanischer Wein
besser.
Emilio drehte sich mit seinem Rollstuhl zum geöffneten Fenster und blickte dem schwarzen Sportwagen seines Neffen nach, der in einer Staubwolke verschwand. Danach saß er noch eine ganze Weile in Gedanken versunken da.
Ihm war klar, wie schwer es Antonio gefallen sein musste, seinen Beruf aufzugeben.
Natürlich hatte er sich nie beklagt. Trotzdem war es sicher eine große Belastung für ihn gewesen, sich von seinen Kollegen und Freunden zu verabschieden und sein schickes Apartment in Madrid aufzugeben, nur weil er der Einzige in der Familie war, der sich für die Leitung der Firma eignete.
Er, Emilio, konnte ihm diese Last nicht abnehmen. Doch vielleicht konnte er ihm bei der Lösung einiger finanzieller Probleme helfen ...
Ich sitze zwar im Rollstuhl, aber ich bin noch nicht tot, sagte sich Emilio und lachte leise, bevor er sich zu seinem Schreibtisch umdrehte und den Telefonhörer abnahm.
„Si", erwiderte er, nachdem jemand den Anruf entgegengenommen hatte, „Senor Don Roberto por favor ..."
Ungefähr zur selben Zeit und viele Hundert Meilen entfernt fluchte Georgina Brandon leise, als sie den Hörer aufknallte.
Sie hatte sich mit dem Manager der Firmenzentrale in der Fall Mall in London noch nie verstanden. Es war typisch für diesen öligen, falschen Kerl, sie und ihre Mitarbeiter für seine Fehler verantwortlich zu machen.
Und sie hatte keine Ahnung, wie er darauf kam, dass eine so große, wertvolle Sendung hochwertigen Sherrys ausgerechnet an die Zweigstelle hier in Ipswich in der Grafschaft Suffolk geliefert worden sein konnte. Es war doch viel wahrscheinlicher, dass sie im anderen Lager in Bristol oder in den weitläufigen Kellerräumen in der Fall Mall gelandet war.
Der Verlust einer so wertvollen Lieferung war momentan jedoch ihre geringste Sorge. Es hatte sie zwar gefreut, zu hören, dass der Inhaber der weltbekannten Bodega Ramirez diesen widerlichen Kerl in London zur Schnecke gemacht hatte, aber es war ein Schock für sie gewesen, zu erfahren, wer der neue Vorsitzende und Geschäftsführer des spanischen Unternehmens war.
„Antonio? Antonio Ramirez?" hatte sie entsetzt nachgehakt.
„Ja. Sie haben sicher gehört, dass er die Firma von seinem alten Onkel Emilio übernommen hat."
„Nein ... nein, das wusste ich nicht ..." Beinah ließ sie den Hörer fallen.
„Soso! Die clevere Miss Georgina Brandon ist tatsächlich nicht auf dem Laufenden. Das kommt wohl davon, wenn man in der Wildnis festsitzt", meinte der Londoner Manager hämisch.
Da sie viel zu bestürzt war, um ihn in seine Schranken zu weisen, schwieg sie, als er einräumte, dass ihr Großvater nicht besonders glücklich über die Situation sei.
„Antonio Ramirez befindet sich offenbar auf dem Kriegspfad, und Sir Robert hat gesagt, wir müssen die Sendung so schnell wie möglich ausfindig machen. Anscheinend ist der Typ Anwalt. Und Sie wissen ja, wie die sind. Also, gehen Sie alle Frachtbriefe genau durch, sonst müssen Sie womöglich dafür geradestehen", hatte er voller Genugtuung hinzugefügt, bevor er aufgelegt hatte.
Noch immer verblüfft über die Neuigkeit, dass Antonio jetzt für die Firma arbeitete, atmete Gina tief durch.
Schließlich sagte sie sich, dass es keinen Sinn habe, einfach nur dazusitzen, und strich sich durch das lange hellblonde Haar. Sie musste sich zusammenreißen - und die Situation in den Griff bekommen.
Immerhin war es acht Jahre her, dass sie den Mann, in den sie sich so verzweifelt verliebt hatte, zum letzten Mal gesehen hatte. Allerdings war sie damals erst achtzehn gewesen. Und Mädchen in dem Alter verliebten sich ständig in die unpassendsten Männer. Außerdem hatte sie seitdem viele Freunde gehabt. Hatte einer von ihnen ihr etwas bedeutet? Na, sie hatte noch genug Zeit, um den Richtigen zu finden!
Als Filialleiterin eines großen Weinhandels hatte sie oft mit der Firma Ramirez zu tun gehabt. Also, warum geriet sie dann in Panik, nur weil zum ersten Mal Antonios Name gefallen war?
Eigentlich hätte ihr klar sein müssen, dass Antonio die Firma irgendwann von seinem Onkel übernehmen würde. Genauso wie sie einmal die Nachfolge ihres Großvaters antreten würde.
Im Jahr 1791 hatte ihr Vorfahr Kapitän James Brandon das Unternehmen gegründet.
Nachdem er in der Marine gedient und in den Ruhestand gegangen war und eine reiche spanische Witwe geheiratet hatte, hatte er angefangen, hochwertigen Sherry und Wein von den Weinbergen seiner Familie in der Nähe von Cadiz zu importieren.
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