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Spanischer Wein

Spanischer Wein

Titel: Spanischer Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Lyons
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der Ausfallstraße hätte sogar die Geduld eines Heiligen auf die Probe gestellt.
    Als Antonio an den möglichen Verlust der Lieferung und seine Begegnung mit Sir Robert Brandon dachte, musste er sich eingestehen, dass es ein großer Fehler gewesen war, den Abstecher nach London in seinen ohnehin knapp bemessenen Terminplan einzuschieben.
    „Es tut mir so Leid, mein Junge", hatte Sir Robert gesagt. „Es sieht so aus, als wäre deine Lieferung fälschlich an unsere Zweigstelle in Ipswich gegangen. Ich werde meine Mitarbeiter sofort darauf ansetzen, sie ausfindig zu machen."
    Leider stellte sich heraus, dass er mit „sofort" zwei Wochen meinte.
    „Zwei Wochen!" rief Antonio entsetzt. „Ich wollte höchstens zwei Tage in England verbringen."
    Nach einigem Hin und Her sah er jedoch ein, dass es das Beste war, wenn er selbst zur Filiale in Suffolk fuhr.
    „Es ist nicht weit", versicherte Sir Robert. „Deshalb schlage ich dir vor, dass ich dir jetzt den Keller zeige. Wir haben hier ein paar Kisten mit sehr alten Jahrgangsweinen, die dich vielleicht interessieren."
    Da ihre Familien seit über hundertfünfzig Jahren Geschäftsbeziehungen zueinander unterhielten, hatte er nicht so unhöflich sein und den Vorschlag ablehnen wollen. Allerdings war es ein Fehler gewesen, wie Antonio sich nun eingestehen musste, denn anschließend hatte Sir Robert darauf bestanden, dass er mit ihm in seinem Haus in der Fall Mall zu Mittag aß.
    „So kann ich dich unmöglich gehen lassen", verkündete er. „Außerdem habe ich mich so darauf gefreut, das Neuste über meinen alten Freund Emilio zu erfahren. Ich war sehr traurig, als ich von seiner Erkrankung gehört habe."
    Ihm, Antonio, blieb deshalb nichts anderes übrig, als die Einladung anzunehmen. Und da Sir Roberts Angestellte sich beim Servieren des mehrgängigen Menüs alle Zeit der Welt ließen, wurde ihm bald klar, dass er die Filiale in Suffolk erst nach Bü-roschluss erreichen würde.
    Wenn er vernünftig gewesen wäre, hätte er die Sendung einfach abgeschrieben und sich auf den Rückweg nach Spanien ge macht. Tatsächlich hätte er beinah alles abgeblasen, als Sir Robert beiläufig erwähnte, dass seine Enkelin die Filiale in Ipswich leitete.
    „Gina ist ein kluges Mädchen", hatte er erklärt. „Die Einzige aus meiner Familie, die noch am Leben ist. Deswegen soll sie möglichst viel Berufserfahrung haben, wenn sie die Firma nach meinem Tod übernimmt."
    Antonio war sich nicht sicher, was er davon halten sollte, einer Frau wieder zu begegnen, die er seit acht Jahren nicht mehr gesehen hatte.
    Und das anschließende Gespräch über den schlechten Gesundheitszustand Sir Roberts hatte es auch nicht besser gemacht.
    Leise fluchend trommelte Antonio mit den Fingern aufs Lenkrad, während er überlegte, wie er sich am besten verhalten sollte.
    Natürlich erinnerte er sich noch genau an Gina Brandon und an die Ereignisse an jenem Wochenende damals, als seine Familie mit ihren Gästen die Frühlingsfiesta in Sevilla besucht hatte.
    Er erinnerte sich auch noch daran, wie Gina und er sich von den anderen abgesondert und den Tag zusammen verbracht hatten. Und daran, wie verzweifelt sie versucht hatte, das temperamentvolle Pferd zu zügeln, weil sie eine unerfahrene Reiterin gewesen war. Und an ihr schüchternes, bezauberndes Lächeln und ihr langes hellblondes Haar, das ihr Gesicht umschmeichelt hatte, als sie die Sevillana getanzt hatten, den traditionellen Tanz Andalusiens.
    Und plötzlich erinnerte er sich erstaunlich deutlich an die Kutschfahrt in den frühen Morgenstunden durch die leeren Straßen Sevillas. An das unheimliche Geräusch der Pferdehufe auf dem Pflaster. An das Mondlicht, das durch das Fenster der Kutsche gefallen war und geheimnisvolle Schatten auf Ginas herzförmiges Gesicht gezaubert hatte, so dass es viel älter wirkte. Es war die einzige Entschuldigung für sein anschließendes Verhalten, dessen er sich schämte.
    Vergiss es, sagte Antonio sich grimmig, es ist lange her. Vermutlich hatte Gina es längst vergessen.
    Jedenfalls würde er die Unterhaltung aufs Geschäftliche beschränken. Und sobald er seine Lieferung am nächsten Morgen ausfindig gemacht hatte, würde er nach Spanien zurückfliegen.
    Zufrieden über seinen Entschluss, warf er einen flüchtigen Blick auf die Karte und stellte fest, dass er fast am Ziel war. Und nur wenige Minuten später sah er ein großes schmiedeeisernes Tor, auf dem „Bradgate Manor" stand.
    Langsam fuhr er die gewundene, von

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