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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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also nicht mehr als vier Stunden gemacht hatte. Hier wurde ich von dem Wirte mit einer gewissen kalten Förmlichkeit aufgenommen, die sehr merklich war, und in ein ziemlich ärmliches Zimmer hinten hinaus geführt. Ich hatte weiter nichts dawider. Nachdem wir aber eine Stunde geplaudert hatten, ich in einem Intermezzo des Regens etwas ausgegangen war, um die Stadt zu sehen und ein Kaffeehaus zu besuchen, und wieder zurückkam, fand ich meine Sachen umquartiert und mich in ein recht schönes Zimmer vorn heraus versetzt. Die Wirtin machte die Erklärung, man habe mich für einen Franzosen gehalten, der von der Munizipalität logiert würde, nun pflegte die Munizipalität seit langer Zeit für die zugeschickten Gäste gar nichts mehr zu bezahlen, man könnte es also nicht übel deuten, daß sie auf diese Weise so wohlfeil als möglich durchzukommen suche. Aber ein Galantuomo wie ich müsse mit Anstand bedient werden. Das fand ich auch wirklich. Die Mädchen vom Hause waren recht hübsch und so höflich und freundlich, als man in Ehren nur verlangen kann. Es kam noch ein Schiffskapitän, der mir Gesellschaft leistete und mir von seinen Fahrten im mittelländischen Meere eine Menge Geschichten erzählte. Er bedauerte, daß es Friede sei und der Schleichhandel nun nicht mehr so viel eintrage; das sagte er nämlich, ohne sich sehr verblümt auszudrücken. Die Rechnung war für die sehr gute Bewirtung außerordentlich billig. Cesena ist übrigens eine alte, sehr verfallene Stadt, und der aufgepflanzte Freiheitsbaum machte unter den halbverschütteten Häusern des fast leeren Marktes eine traurige Figur. Pius der Sechste muß für seine Vaterstadt nicht viel getan haben, es würde ihm weit rühmlicher sein als der verunglückte Palast für seinen verdienstlosen Nepoten.
    Vor Savignano ging ich, nicht wie Cäsar, über den Rubikon. Wahrscheinlich hat der kahlköpfige Weltbeherrscher hier oder etwas weiter unten am Meere den ersten entscheidenden Schritt getan, die sonderbare Freiheit seines Vaterlandes zu zertrümmern, da er als Despot des neueroberten Galliens zurückkehrte. Ein eigener Charakter, der Julius Cäsar! Es ist von gewissen Leuten schwer zu bestimmen, ob sie mehr Liebe oder Haß verdienen. Ich erinnere mich, daß es mir in einem solchen moralischen Kampfe einmal entfuhr, Cäsar sei der liebenswürdigste Schurke, den die Geschichte aufstelle. Die Äußerung hätte mir fast die Beschuldigung der verletzten Majestät aller Monarchen zugezogen. Dagegen wollte man mir neulich beweisen, Brutus sei eigentlich der Schurke gewesen und Cäsar ganz Liebenswürdigkeit. So, so?
bien vous fasse
! Ihr seid es wert, Cäsarn mit seiner ganzen Sippschaft und liebenswürdigen Nachkommenschaft zu Herrschern zu haben; ob ich es gleich nicht über mich nehmen wollte, den Junius Brutus durchaus zu verteidigen. Also hier gingen wir beide über den Rubikon, Cäsar und ich; haben aber übrigens beide nichts miteinander gemein, als daß wir – nach Rimini gingen.
    In Savignano war Markt; der Platz wimmelte von Leuten, die zur Ehre der neuen Kokarde weidlich zu zechen schienen. Ich fragte einen wohlgekleideten Mann nach einem Speisehause. Er besah mich ganz mißtrauisch, schaute nach meinem Hute, und da er rund herum keine Kokarde entdeckte, ward sein Ansehen etwas grimmig, und er schickte mich mit der höflichen Formel weiter:
Andate al diavolo
! Das war die Kehrseite von Cesena. So gehts zu Revolutionszeiten, für das nämliche wirst Du hier gepflegt, dort beschimpft; glücklich, wenns nicht weiter geht.
    In Rimini schlief ich gewiß ruhiger, als der mächtige Julius nach seinem Übergange und dem geworfenen Würfel geschlafen haben mag. Vor der Stadt sind einige herrliche Aussichten. Auf dem Platze
dessa Fontana
steht der heilige Gaudentius von Bronze, der eine gar stattliche Figur macht. Auch ein Papst Paul, ich weiß nicht welcher, hat hier ein Monument für eine Wasserleitung, die er den Bürgern von Rimini bauen ließ. Eine Wasserleitung halte ich überall für eins der wichtigsten Werke und für eine der größten Wohltaten; und hier in Italien ist es doppelt so. Wenn ein Papst eine recht schöne wohltätige Wasserleitung baut, kann man ihm fast vergeben, daß er Papst ist. Auf dem andern Platze stand der Baum mit der Mütze und der Inschrift:
L'union des François et des Cisalpins
. Aber welche Union! Das mag der heilige Bartholomäus in Mailand sagen.
    Wenn ich nun ein ordentlicher, systematischer Reisender wäre, so hätte ich

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