Special Edition: Alarmstufe Blond & Vor Liebe wird gewarnt (German Edition)
schon lange tot«, erwiderte Lenny.
»Das tut mir leid«, entschuldigte sich Nikita, doch er winkte ab.
»Ist schon ein paar Jahre her.«
»Er beschreibt den Verlust in seinem Song ›Mitten im Leben‹«, erklärte Katharina. »Ein sehr bewegendes Stück.«
»Danke, Schatz«, sagte Lenny.
»Es war mir ein Vergnügen, er ist wirklich toll.«
»Und wie haben Sie dann gefeiert?«, unterbrach Nikita herzlos den beschaulichen Moment.
»Ich konnte leider nicht feiern, weil ich zurück zur Show musste. Aber Lenny war da, und hinterher sind wir nach Los Angeles gefahren und haben dort drei Tage lang das Ereignis gebührend gewürdigt.«
»Zwei Monate später war das«, ergänzte Lenny.
»Ja, es waren zwei Monate später. Das stimmt genau.«
»Was ist sonst passiert?«, bohrte Nikita.
»Nichts. Außer dass es wunderschön romantisch war«, sagte Katharina und sah Nikita mit großen Augen an, als hätte diese etwas völlig Unverständliches gefragt.
»Wer waren eure Trauzeugen?«
»Ein Mädchen von der Show und Lennys Agent. Aber der ist inzwischen auch schon tot.«
»Und das Mädchen von der Show, was macht die heute?«
»Sie ist in New York, glaube ich.« Katharina wurde unsicher. »Oder vielleicht sogar noch hier. Ich weiß es nicht.«
»Ihr habt also keinen Kontakt mehr?«
»Nein, wir waren nicht so eng.«
»Und trotzdem war sie die Trauzeugin?«
Katharina schwieg, dann nickte sie. »Ich war einsam hier.«
Nikita nickte. Sie war in Fahrt gekommen. Wieder einmal fühlte sie sich wie eine vollblütige investigative Journalistin. Vergesst Kriege in Afrika oder im Nahen Osten, vergesst korrupte Politiker oder betrügerische Konzerne – hier kommt Nikita Vollmer live von der Hochzeitsenthüllung des Jahrhunderts. So oder so ähnlich sah sie sich in ihren Tagträumen, von denen gerade einer wahr zu werden schien.
»Damit kann man auch die Liebesbriefe erklären, die du Lenny geschickt hast, mehrere Monate bevor er dich kennenlernte.«
»Was für Liebesbriefe?«, fragte Lenny verblüfft.
Katharina lief knallrot an, als Nikita einen Stapel ausgedruckter E-Mails aus ihrer Tasche zog.
»Liebster Lenny«, las Nikita eine Mail laut vor, »wenn ich deine Stimme höre, läuft es mir kalt und heiß den Rücken herunter. Ich habe heute deinen neuesten Song heruntergeladen, er ist wunderschön. Ich möchte nur, dass du weiß, dass du immer in meinen Gedanken bist. Dein größter Fan, Kani.«
»Kani?«, fragte Lenny verblüfft. »Das war wirklich mal ein Fan von mir, die mir jeden Tag Mails geschrieben hat. Das warst du?« Er sah seine Frau völlig verdattert an.
Sie schwieg mit hochrotem Kopf, dafür nickte Nikita. »Kani war die Abkürzung für Katharina Niedereisner.«
»Das war vor unserem ersten Treffen.« Lenny war immer noch keines klaren Gedankens fähig.
»Ja«, half ihm Nikita auf die Sprünge. »Katharina war damals in dieser billigen Show und träumte von Ihnen. Und von einer großen Karriere. Daher bat sie ihre Agentin, Ihrem Agenten zu stecken, sich mit Ihnen die Show anzusehen. Dafür hat die ihm die Adresse eines Journalisten gegeben, der ein paar positive Artikel über Sie im ›Rolling Stones Magazine‹ schreiben und Ihre Drogenprobleme unter den Teppich kehren würde. Sie haben Katharina gesehen, ohne von ihrer Intention zu wissen, und die Liebe nahm ihren Lauf.«
Nikita grinste zufrieden. Auch, weil sie wieder ihr Fremdwort des Tages erfolgreich anbringen konnte. Heute war es »Intention.«
Lenny stand sprachlos vor Katharina, sein Mund öffnete und schloss sich wie bei einem Karpfen auf dem Trockenen. Einen Laut brachte er jedoch nicht heraus.
Katharina hingegen schien endlich aus ihrer Erstarrung zu erwachen. Sie sprang vor und hielt ihre Hand vor die Kamera. Die Röte in ihrem Gesicht leuchtete inzwischen nicht mehr aus Empörung, sondern aus Zorn.
»Die Briefe sollten niemals öffentlich gemacht werden. Und diese Sache zu erzählen, war definitiv nicht abgesprochen.«
Werbepause.
Amanda und Tim Schoenemann, Sendung vom 22.März, 21:23 Uhr
Das Standesamt stach wie eine Warze braun und hässlich von der hellen Front der umgebenden Häuser ab. Wie Warzenhärchen wuchsen drei Fahnen aus der Wand. Davor fuhr ein Auto nach dem anderen vorbei und hinterließ stinkende Abgasfahnen.
»Hier haben Sie geheiratet?«, fragte Nikita mit gerunzelter Stirn und angeekelt hochgezogener Nase.
»Wir waren damals nicht so wählerisch«, murmelte Tim Schoenemann. »Und innen geht
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