Special Edition: Alarmstufe Blond & Vor Liebe wird gewarnt (German Edition)

Telefon.
    »Nicht jetzt!«, murmelte sie und drehte sich einmal um sich selbst. Aber als hätte der Klang des Handys eine verstopfte Röhre freigepustet, fand sie plötzlich den Weg aus dem Kleid. Endlich wieder frei atmen! Sie holte tief Luft.
    Schweißgebadet wühlte sie in der Tasche nach dem Telefon.
    »Hallo?«, zwitscherte sie in den Hörer und ordnete im Spiegel ihre Locken, um für den Anrufer schön zu sein.
    »Herzlichen Glückwunsch! Sie sind bei ›Er sagt, sie sagt‹ dabei!«
    »Was?«, fragte sie, während ihre Hand entsetzt herabsank.
    »Ihr Mann hat sich beworben. Sie sind auserwählt!«, rief der Anrufer wie aus weiter Ferne.
    Das Telefon rutschte durch Josephines schweißnasse Finger und fiel auf den Teppich der Anprobe.
    »Oh nein!«, wisperte sie entsetzt. »Das ist ein Albtraum.«
    Dann setzte sie sich auf das teure Kleid, das mit ihrem Make-up beschmiert und völlig zerknittert auf dem Stuhl lag, und versuchte, die Tränen zurückzuhalten, die wie Sturzbäche aus ihren Augen schießen wollten. Doch es gelang ihr nicht.
     
     
    ***
     
     
    Die Sonne schien hell vom Himmel herab und wärmte die Pappe auf dem Dach, so dass sie weich zu werden begann.
    »Mein Herz verlangt nach dir, tic toc, nur nach dir«, summte Lenny und schloss die Augen. Von unten konnte er den Lärm der Straße hören, aber hier oben, auf dem Dach des Hauses, klang er lediglich wie ein unaufdringlicher Soundtrack, der die besten Szenen untermalte.
    Wohlig räkelte er sich im Liegestuhl. »Mein Herz, tic toc, es schlägt nur für dich«, summte er.
    Über ihm, auf einem stillgelegten Schornstein, saß eine Amsel und zwitscherte sich die Seele aus dem Leib.
    »Meine Seele fliegt zu dir, mein Herz«, summte Lenny. »Frei wie ein Vogel kommt sie immer wieder zurück zu dir.«
    Eine Wolke schob sich vor die Sonne, so dass Lenny unwillig blinzelte.
    »Du bist die Sonne meines Lebens«, summte er von dem Anblick animiert. »Keine Wolken können unsere Liebe trüben.«
    Die Wolke zog vorüber, die Sonne leuchtete wieder vom Himmel. Entspannt lehnte sich Lenny zurück und wollte etwas summen, was so ähnlich klang wie »Du bist meine Sonne und wirst hoffentlich niemals untergehen«, doch in diesem Moment vibrierte sein Handy in der Hose.
    Ungehalten zog er es aus der Hosentasche. Wer störte ihn denn jetzt? Es war eine unbekannte Nummer, das konnte etwas Gutes bedeuten.
    »Lenny Walther hier. Mit wem habe ich das Vergnügen?«
    »Hallo Herr Walther, hier ist Thomas Bauer. Herzlichen Glückwunsch, Sie sind in unserer Show!«
    Ein angenehmes Kribbeln zog sich durch Lennys Körper. Das war was Gutes.
    »Hurra!«, rief er. »Das ist super! Welche Show ist es?«
    »›Er sagt, sie sagt – Die große Show der gebrochenen Herzen‹.«
    »Worum geht es da?«, fragte Lenny neugierig.
    »Sie kennen die Show nicht?«
    »Nein, tut mir leid. Ist es ein Musical?«
    »Nein, ist es nicht. Wir sind eine große Fernseh-Show, die gescheiterte Ehen vorstellt und bewertet. Mit einfachen Worten: ein großes Scheidungs-Casting. Ihre Frau hat sich für Sie beide beworben, und wir haben Sie aus zahlreichen Bewerbern auserwählt. Sie sind dabei.«
    Irritiert ließ Lenny Walther das Telefon sinken.

KAPITEL 1
     
    Nimm dem Herzen die Sehnsucht, und du nimmst der Erde die Luft.
    Edward George Bulwer-Lytton
     
     
    Liebe – für sie werden Morde verübt und Länder verraten, Kriege begonnen und Königreiche gestürzt. Die Liebe ist das größte Gefühl, zu dem der Mensch fähig ist. Sie macht vor niemandem Halt und vereint Alt und Jung, Arm und Reich. Sie lässt sich nicht beeinflussen, niemand kann sie wirklich entschlüsseln, aber jeder verfällt ihr früher oder später.
    Ihr wisst, wovon ist spreche, ich wette, jeder von euch hat schon mal den Rausch der Liebe in sich gespürt: wenn das Herz pocht, im Bauch Tausende Schmetterlinge flattern und man am liebsten die ganze Welt umarmen möchte; wenn man alberne Dinge tut und an nichts anderes mehr denken kann.
    Aber was rede ich von Liebe, wenn meine Welt immer mehr von nüchternen Realisten überschwemmt wird. Ich arbeite seit einigen Jahren in einer Produktionsfirma, die Fernsehshows produziert. Und jeder darin scheint den Glauben an Romantik und die wahre Liebe, die ein Leben lang hält, längst aufgegeben zu haben. Nehmt nur Nikita, unsere Moderatorin. Sie ist mit einem netten Mann verheiratet, hat einen süßen Sohn, aber schläft mit jedem Kameramann, der sie gut in Szene setzen kann. Und Thomas, unser