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Sphaerenmusik

Sphaerenmusik

Titel: Sphaerenmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margarete Friedrich
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schnell erbauten Luf tschlössern.
    So kam es, dass Sandro seit seinem zehnten L ebensjahr fast jeden Nachmittag den Gästen vorspielte und Joan ihn gegen Abend abholte. Wenn sich auch bis dahin noch kein Gönner gefunden hatte, so blieb die Hoffnung darauf.
    Jäh wurde Joan aus ihren Gedanken gerissen. Zwei Feuerwehrautos rasten die Straße entlang, es roch nach Rauch. Menschen liefen an ihr vorbei, schreiend und gestikulierend. Einzelne Wortfetzen drangen an ihr Ohr: „Feuer...! Es brennt!“ Bestürzt schaute sie nach oben. Eine dichte Rauchwolke stand über den Häusern. Angst ergriff sie. „Wo brennt es?“, fragte sie sich, „doch nicht etwa...?“
    Voller Angst rannte sie hinter den Leuten her.
    Zwei Straßen weiter loderten aus einem freist ehenden Gebäude Flammen. Ein Schild hing herunter, und trotz der Brandspuren konnte man noch die Buchstaben erkennen: Cafeteria Brioni.
    Wie gelähmt stand Joan hinter der Absperrung und starrte auf das brennende Haus.
    Sie sah, wie sich die Feuerwehrmänner bemühten, des Brandes Herr zu werden, aber immer wieder schossen Flammen aus den Fenstern.
    Erst jetzt erwachte Joan aus ihrer Erstarrung. „Mein Kind, mein Mann!“, schrie sie auf und durchbrach die Absperrung.
    Sie wollte zu den rauchenden Trümmern laufen, aber ein Karabiniere packte sie an den Armen und hielt sie fest. „Halt, zurück!“, befahl er.
    „Wo ist mein Kind? Wo mein Mann?“, rief Joan erregt und versuchte, sich loszureißen, was ihr nicht g elang.
    Besänftigend sagte der Karabiniere zu ihr. „Nur keine Panik! Die meisten Gäste und Hausbewohner sind davongekommen.“ Er zögerte, dann fuhr er leise fort: „Allerdings, einige hat's erwischt... Bitte bleiben Sie ruhig, es wird ja nicht unbedingt einer der Ihrigen darunter sein. Sie können sich selbst davon überzeugen, nur -, na, ja, es ist kein schöner Anblick, auch wenn Sie keinen der Verunglückten kennen.
    Er führte sie zu einem Haus, vor dem gerade ein Krankenwagen hielt, und dachte: Hoffentlich ist wirklich keiner ihrer Leute dabei. Sie sieht schon erbärmlich genug aus.
    Aus dem Hof des Hauses drang lautes Wehklagen von Frauen, das das Stöhnen der Verletzten erstickte. Unter Decken lagen einige Gestalten. Schwankend näherte sich ihnen Joan. Der Karabiniere lüftete die erste, dann die zweite Decke. Schaudernd wandte sich Joan ab, der Anblick war zu furchtbar, jedoch die Toten waren ihr fremd.
    Aber als der Polizist die dritte und letzte Decke lüftete, erkannte sie Mario. Sein Gesicht war nicht verbrannt, sondern nur verrußt, seine Kleidung b eschmutzt und mit Brandflecken bedeckt.
    „Höchstwahrscheinlich Rauchvergiftung!“, vermutete ihr Begleiter. Dann sah er in ihr Gesicht und fragte erschrocken: „Ist es etwa...?“
    Sie nickte und wandte sich ab. Marios Lachen war für immer verstummt.
    Voller Furcht wandte sie sich der anderen Seite zu, dann weiteten sich ihre Äugen voll Entsetzen: Zwei Krankenträger hoben eine Gestalt auf die Trage, die Gestalt eines Kindes. Von grässlicher Ahnung erfüllt, stürzte sie darauf zu. Sie erkannte ihn sofort an den Überresten seiner Kleidung: „Ist er tot? Ist mein Sohn tot?“, schrie sie die Sanitäter an. „Warum ist über sein Gesicht ein Tuch gebre itet?“
    Noch ehe sie jemand daran hindern konnte, riss sie das Tuch herunter. Gellend schrie sie auf, dann wurde es dunkel um sie. Ohnmächtig brach sie zu Füßen der Sanitäter zusa mmen.
    * * *
     
    Ermüdet von der langen Bahnfahrt, saß die ach tzehnjährige Silvia Michaelis neben John MacKean, der seit fünfzehn Jahren der Mann ihrer Tante Elisabeth war. Sie hatte ihn erst jetzt kennen gelernt, als er sie mit ihrer Tante Elisabeth und ihrer Kusine Pamela vom Edinburgher Bahnhof abholte. Verstohlen musterte sie ihn von der Seite. Obwohl sie für gewöhnlich rothaarige Männer nicht mochte, fand sie ihn sehr sympathisch. Irgendwie, überlegte sie, passen die Haare sogar gut zu ihm, zu seinem etwas derben Gesicht, den lustigen blauen Augen und der fülligen Gestalt. Obwohl er bereits die Mitte der Fünfzig überschritten haben musste, konnte sie bei ihm noch kein graues Haar entdecken.
    Aus den Briefen ihrer Tante, die hinter ihr saß, wusste sie, dass Johns Eltern aus Schottland stammten. Sie hatten es in Amerika zu einem kle inen Vermögen gebracht, aus dem unter den Händen des geschäftstüchtigen Sohnes ein paar Millionen geworden waren.
    Als John vor anderthalb Jahren der Erbe seines Vetters Lord Allan Harleigh wurde,

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