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Spiegelblut

Spiegelblut

Titel: Spiegelblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta Maier
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herausfinden, petite beauté toute seule.«
    Ich spürte seine Zunge auf meiner Handfläche, wie sie den Schnitt erkundete, als wäre er meine verdammte Jungfräulichkeit. Sie glitt über die Ränder hinein in das Gewebe. In dem Augenblick, in dem der Schmerz einsetzte, saß Kjell schon auf meinem Rücken und presste mein Gesicht in den Dreck, um meine Schreie zu ersticken. Weitere drei Sekunden später war er aufgesprungen und stand rücklings an der Tunnelwand.
    »Aliquid Sanctum!«, murmelte er kopfschüttelnd. Gedankenverloren wischte er sich mit dem Handrücken das Blut von den Lippen. Seine dunklen Augen glänzten tief, als würde die Kälte in ihnen zum Leben erweckt und gleich anfangen zu sprudeln.
    »Was ist?« Der Kleine mit dem Totengesicht kam neugierig auf mich zu. »Ist sie so gut?«
    »Rühr sie nicht an, Vidan!« Kjell stieß sich von der Mauer ab und kam zurück. Mein Blick war tränenverhangen, Kjell verschwamm zu einem gesichtslosen Schatten ohne klare Konturen. Er würde mich ganz sicher töten.
    »Oh, verstehe, hast wohl ein neues Chérie gefunden, was? Zu dumm auch, dass du dein altes an diesen Verräter verloren hast«, hörte ich Vidan spotten. »Aber heute geht es nicht um dich, schon vergessen. Es ist Adis’ Jagd.«
    »Adis bekommt sie nicht!«
    »Das werden wir ja sehen!«
    Ich konnte nur noch die Schemen der drei erkennen. Es war offensichtlich, dass sie mich nicht mehr gehen lassen würden. Ganz kurz wurde es still, ich spürte, dass sie mich anstarrten.
    »Geliebt?«, wiederholte jetzt Vidan meine Worte. »Was soll das heißen, Kjell? Wen hast du geliebt? Die Sonate von Charpendingsda oder haben wir was verpasst?« Er klang höhnisch, aber überrascht. »Muss ja fast eine halbe Ewigkeit her sein, was?«
    Ich lag immer noch auf dem Bauch und versuchte abzuschätzen, mit wie viel Schwung ich es über das Gitter schaffen könnte, während sie weiter darüber stritten, wer mich bekommen sollte und wen Kjell geliebt hatte. Ihre Stimmen wurden aggressiver. Es schien nahezu unmöglich, überhaupt das Gitter zu erreichen. Ich drängte die Tränen zurück, sah wieder mehr als nur graue Umrisse.
    Kjell stieß Adis am Brustbein nach hinten, fasste ihn mit nur einer Hand um die Stirn und hämmerte seinen Kopf gegen die Mauer wie einen Presslufthammer.
    Ich konnte nicht länger warten. Mit einem unsicheren Sprung kam ich auf die Füße, taumelte kurz und schoss los. Raus hier, nur raus! Nur über das Gitter. Mehr nicht. Bitte !
    »Hilfe!« Meine Hoffnung auf Touristen oder wenigstens ein paar herumlungernde Jugendliche heizten mich an. Ich war schnell. »Hilfe!« Mir fiel ein, was ich in dem Selbstverteidigungskurs der Schul-AG gelernt hatte. »Feuer! Hilfe! Feuer!«
    Meine Flucht dauerte genau drei Sekunden, Kjell fing mich ein, bevor ich zehn Meter gerannt war. Diesmal ließ er mich nicht wieder los, eine Hand lag fest auf meinem Mund.
    »Feuer, bitte …« Mein Wimmern zerschellte an seiner Handfläche. Etwas in der Art, wie er hinter sich über die Absperrung blickte, verriet seine Nervosität.
    »Wir gehen! Los, Milo, krümm die Weltlinien für uns, aber mach es schnell!«
    Der Lichtträger trat vor. »Zu Remo?«
    »Nein! Zu den alten Fabrikhallen. Wir werden erst austragen, wer sie bekommt, bevor wir uns mit ihr bei Remo blicken lassen.«
    Was?
    »Und wenn Remo sie will?«, fragte Milo. Seine Stimme klang gelangweilt, als hätte er diese Machtproben schon Hunderte Male mit ansehen müssen.
    »Remo vergreift sich selten an benutzter Ware.« Kjell schnürte mich mit den Armen zusammen wie ein Paket. »Sht, ma petite, n‘aie pas peur! Dein Blut ist süß, ich werde dich nicht sofort töten.«
    Milo verdrehte die Augen. Seine Hände bewegten sich, als zöge er ein Weberschiffchen durch Kettfäden. Die vier bildeten einen engen Kreis um mich. Eine Welle panischer Verzweiflung bäumte sich in mir auf. Mein Knie schoss nach oben, ich traf Milos Handgelenk. Er jaulte auf, in diesem Moment flog etwas mit einem gewaltigen Satz über die Gitterstäbe. Langes, helles Haar, ein Gesicht im Schatten, aus dem zwei eisblaue Augen glühten. Der Kapuzenträger aus der U-Bahn! Zuerst freute ich mich, ihn zu sehen, aber seine grazile Landung verriet mir, dass auch er ein Vampir war.
    Er warf sich zwischen uns, keine Sekunde zu spät, denn die Umgebung drehte sich plötzlich um uns herum wie ein Feuerrad. Ich taumelte zusammen mit Kjell, obwohl der Boden hart und fest blieb. Klick-Klick-Klick, immer wieder jagten

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