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Spiegelschatten (German Edition)

Spiegelschatten (German Edition)

Titel: Spiegelschatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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erwiderte Maxims Kuss.
    So nah beieinander. So nah.
    *
    Erik Sammer zog seine Joggingschuhe an und verließ das Haus. Er konnte am besten entspannen, indem er lief. Eine Stunde, und wenn er Zeit und Lust hatte, auch zwei. Laufen war der ideale Ausgleich für Stress, Anstrengung, Frust, einfach für alles.
    Und ein guter Tagesbeginn. Dafür stand er gern früher auf.
    Anschließend würde er zur Uni fahren und sich wieder einmal hinter die langweiligen mittelenglischen Texte klemmen. Der Job als studentische Hilfskraft bei Professor Uta Timmendorf war ein Glücksgriff gewesen. Zwei Tage in der Woche verbrachte er in einem kleinen Raum neben ihrem Büro, erledigte einfache Arbeiten und bekam dafür jeden Monat knapp zweihundert Euro auf sein Konto überwiesen.
    Ein prima Deal.
    Sie waren zu dritt und verstanden sich gut. Erik, der eben sein erstes Semester hinter sich hatte, war der Jüngste, und er verdankte diesen Job im Grunde einem Zusammenstoß auf einem Flur des Anglistischen Seminars. Er war in Eile gewesen und hatte im Gehen seine Nachrichten gecheckt, während Professor Timmendorf, ebenfalls in Eile, sich im Laufen ihren Mantel angezogen hatte.
    Beide waren um die Ecke gekommen und hatten einander angerempelt.
    » Hoppla, Kleine«, hatte Erik gemurmelt, sie bei den Schultern gepackt, damit sie nicht hinfiel, und im selben Moment erkannt, mit wem er da zusammengeprallt war.
    Er war bis zu den Ohren rot geworden und hatte eine Entschuldigung gestammelt. Sie hatte mit einem herzhaften Lachen reagiert. Zwei Wochen später hatte sie ihm, nachdem er ein gutes Referat gehalten hatte, den Job angeboten.
    Leichter, dachte er, als er den Wald erreichte, die würzige Luft einatmete und den weichen Boden unter den Füßen spürte, konnte man sein Geld nicht verdienen. Ein paar E-Mails schreiben, ein paar Texte Korrektur lesen, so was machte er mit links. Besser als Kellnern oder ein Job beim Messeaufbau, fand er und lief so leichtfüßig dahin, dass er fast meinte, abheben und fliegen zu können, wenn er nur die Arme ausbreitete.
    Das Licht war beinah schon frühlingshaft, doch das täuschte. Sobald sich eine Wolke vor die Sonne schob, wurde es kalt. Er liebte diese Stimmung im Wald, wenn das Licht von oben durch die Tannen fiel, fast wie durch hohe Kirchenfenster. Die kahlen Äste der Laubbäume wiesen mit schwarzen Fingern in den Himmel.
    Doch nichts war erschreckend, nichts beunruhigend.
    Das hier war eine stille, eine gute Welt.
    Erik lief und atmete, atmete und lief, immer tiefer in den Wald hinein, über die gewundenen Wege, die manchmal gepolstert waren von Tannennadeln und manchmal hart wie Stein. Er sprang über die Stämme umgestürzter Bäume und achtete darauf, nicht über das Geflecht kräftiger Baumwurzeln zu stolpern, das sich stellenweise aus der Erde geschoben hatte.
    Die Laute des Alltags drangen nicht bis hierher.
    Der Wald war der einzige Ort, an dem Erik sich niemals einsam fühlte. Paradox, dachte er, denn war nicht der Wald der einsamste Ort weit und breit? Selten war er hier jemandem begegnet, da er grundsätzlich nicht die ausgetretenen Hauptwege entlanglief. Stattdessen wählte er schmale Pfade, die sich hierhin und dorthin schlängelten und oftmals im Nichts endeten.
    Auch zum Denken hielt er sich gern im Wald auf, setzte sich ins Moos oder ging umher und lauschte dem Rascheln der Blätter und dem Knacken der Zweige unter seinen Füßen. Aus diesem Grund (und weil es hier viel billiger war als in der Stadt) hatte er sich für das kleine gelbe Haus in Bonn-Friesdorf entschieden, in dem er seit zwei Monaten wohnte. Es lag an einem Hang zu Füßen des Kottenforsts und war komplett an Studenten vermietet. Eine Dreizimmerwohnung im Erdgeschoss und zwei Apartments im ersten Stock. Das kleinere gehörte ihm.
    Erik lief und lief, spürte, wie er allmählich losließ.
    Licht und Schatten.
    Bewegung.
    Anstrengung.
    Schweiß.
    In ein paar Wochen würde er zwanzig werden. Er stand vor diesem Geburtstag wie vor einer Tür, zu der er keinen Schlüssel besaß.
    Vielleicht würde er groß feiern. Vielleicht auch nicht.
    Vielleicht würde er es einfach dem Zufall überlassen.
    Auf der Hälfte der Strecke blieb er stehen, beugte sich nach vorn und stützte die Hände auf die Knie. Mit tiefen Atemzügen transportierte er Sauerstoff in seine Lungen. Dann richtete er sich wieder auf, streckte sich, legte den Kopf in den Nacken und blinzelte in den Himmel.
    Die Glückshormone taten ihre Arbeit. Als er weiterlief,

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