Spiel der Herzen (German Edition)
gut für dich ist.« Er sah den Jungen ernst an. »Du weißt, dass ich dich für diese gefährliche Unternehmung bestrafen muss. Es darf nicht sein, dass du noch einmal so etwas anstellst und deine Familie zu Tode erschreckst!«
»Bestrafen?«, quiekte George.
»Das tun Väter doch, nicht wahr?«
Zuerst zeigte sich Verwirrung, dann Entrüstung in Georges Gesicht, aber Jarret sah ihm an, dass er auch ein kleines bisschen erleichtert war. Er war wirklich ein schlauer Junge. Und schlaue Jungen wollten von jemandem in ihre Schranken gewiesen werden, wenn sie etwas angestellt hatten.
Er deutete Georges Schweigen als Zustimmung. »Nun, dann müssen wir uns eine angemessene Strafe ausdenken. Ich würde vorschlagen, du hilfst einen Tag lang beim Ausmisten der Pferdeställe der Brauerei.«
»Ja, Sir«, sagte George mit etwas mehr Begeisterung, als angebracht war.
Jarret grinste verstohlen. George konnte sich auf eine Überraschung gefasst machen, wenn er glaubte, Vollblutpferde in den Ställen vorzufinden, denn dort gab es nur sehr große, schwerfällige Zugpferde für die Brauereiwagen, die gewaltige Mengen Stallmist produzierten. Es war eine Strafe, die George nicht so schnell vergessen würde.
»Ich habe eine Frage, Sir.«
»Ja?«
»Wie wollen Sie Tante Annabel … meine Mutter, meine ich … dazu bringen, Sie zu heiraten?«
»Ich habe keine Ahnung. Hast du Vorschläge?«
George runzelte die Stirn und dachte offensichtlich angestrengt nach. »Zuerst sollten Sie ihr sagen, wie hübsch sie ist. Vater … ich meine, mein Onkel macht das immer, wenn er etwas erreichen will bei meiner … meiner …«
»Das ist eine ausgezeichnete Idee«, lobte Jarret ihn.
»Und Sie müssen ihr auch sagen, dass sie gescheit ist«, fuhr George fort. »Sie ist nicht wie andere Damen, wissen Sie? Sie hält sich nämlich für sehr gescheit und ist bestimmt beleidigt, wenn Sie etwas anderes sagen.«
Weil sie eben wirklich sehr gescheit war. Dafür liebte Jarret sie.
Liebte?
Er dachte darüber nach und stellte fest, dass es tatsächlich so war. Er hatte sich derart an seine alte Lebensweise geklammert, die nichts taugte – und noch nie etwas getaugt hatte –, dass er die Wahrheit nicht erkannt hatte.
Er liebte sie. Er wollte nicht mehr ohne sie sein. Denn das schmerzte zu sehr.
Es war ihm nicht mehr wichtig, sein Herz zu schützen. Sie hatte recht gehabt: Manchmal musste man im Leben Risiken eingehen.
»Es wäre wahrscheinlich auch hilfreich, ihr zu sagen, dass ich sie liebe«, sagte Jarret.
George verzog das Gesicht. »Wenn es sein muss. Es ist furchtbar schmalzig. Aber vermutlich mögen Frauen so etwas.«
Jarret verkniff sich ein Grinsen. »Meiner Erfahrung nach erwarten sie es sogar bei einem Heiratsantrag.«
George seufzte. »Frauen machen einem viel Mühe, nicht wahr?«
»Ja.« Er schaute den Jungen an, dessen Stiefvater er schon bald zu sein hoffte. Sonderbar, dass ihn dieser Gedanke gar nicht mehr in Panik versetzte. »Aber glaub mir, mein Junge, sie sind es wert. Sie sind es wirklich wert.«
27
Die Fahrt nach London war Annabel endlos lang vorgekommen, obwohl sie die Strecke in siebzehn Stunden geschafft hatten, was nahezu einem Wunder gleichkam. Hugh hatte keine Kosten und Mühen gescheut. Weil Geordie mehrere Stunden Vorsprung hatte und die Postkutsche viel schneller war als Hughs Gefährt, hatten sie sich große Sorgen gemacht, wie es dem Jungen wohl in der langen Zeit erging, die er in London auf sich gestellt war.
Daher weinte Annabel fast vor Erleichterung, als sie bei ihrem ersten Halt bei der Brauerei – dem einzigen Ort, den er ihres Wissens nach aufgesucht haben konnte – erfuhren, dass Geordie wohlbehalten war und sich in Mrs. Plumtrees Stadthaus aufhielt. Mr. Croft begleitete sie sogar dorthin, um ihnen den Weg zu weisen, wofür sich Annabel ein ums andere Mal bei ihm bedankte.
Doch als sie sich dem Haus im schicken Mayfair näherten, wendeten sich ihre Gedanken einem anderen Problem zu. Da Geordie nun vermutlich die Wahrheit kannte, war er bestimmt sehr wütend. Wie sollten sie damit umgehen? Was sollte sie ihm sagen?
Dann fiel ihr ein, dass Jarret möglicherweise auch anwesend war und sie ihn wiedersehen würde, doch diesen Gedanken verbannte sie rasch in den hintersten Winkel ihres Bewusstseins. Immer eins nach dem anderen.
Kurz nach zehn Uhr morgens erreichten sie Mrs. Plumtrees Stadthaus, wo sie gleich in ein elegantes Speisezimmer geführt wurden. Dort saß Geordie im Kreis von Jarrets
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