Spiel der Herzen (German Edition)
den Vertrag vor, um weiterzulesen. »Ich muss sagen, es ist ein gutes Abkommen, mit vielen Vorteilen für uns.«
»Ich weiß.«
Sie brach in bellendes Gelächter aus. »Du bist wirklich ein großspuriger Bengel!«
»Das habe ich schon öfter gehört.« Als sie sich wieder in den Vertrag vertiefte, gab er sich einen Ruck und sprach etwas an, das er schon eine Weile mit sich herumtrug: »Großmutter, ich möchte die Leitung der Brauerei behalten, wenn das Jahr vorbei ist.«
Sie las weiter, aber ihre Hände zitterten ein wenig. »Ich denke, das lässt sich machen.«
»Und du ziehst dich zurück.«
Jetzt sah sie ruckartig auf. »Was? Du schickst mich nicht aufs Altenteil, Jarret Sharpe!«
»Nein, natürlich nicht. Dazu bist du viel zu wertvoll. Ich möchte von deinem Sachverstand profitieren, soviel ich nur kann.« Als sie besänftigt wirkte, fügte er behutsam hinzu: »Aber das Brauereigewerbe gehört den Jüngeren. Du weißt es, sonst hättest du mich nicht gebeten, für dich einzuspringen.« Er zog eine Augenbraue hoch. »Außerdem kannst du, wenn dein kleiner arglistiger Plan aufgeht und du die anderen verheiratet bekommst, bald Urenkel verhätscheln und hast keine Zeit mehr für die Brauerei.«
Sie schwieg einen Moment, dann sagte sie: »Du missbilligst meine Vorgehensweise also immer noch.«
»In der Tat. Ich befürchte, sie wird dir noch großen Kummer bereiten.«
Sie gab ein missbilligendes Schnalzen von sich und wendete sich wieder dem Vertrag zu. Als sie ihn durchgelesen hatte, legte sie ihn weg. »Bist du sicher, dass Lake Ale seinen Teil der Abmachung erfüllen kann?«
»Daran habe ich keinen Zweifel. Dafür wird Annabel schon sorgen.«
»Annabel?«, fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen.
Er zögerte. Aber er hatte bereits beschlossen, es noch einmal bei Annabel zu versuchen. Sie war alles, was er wollte. »Du würdest sie mögen. Sie ist dir im Grunde sehr ähnlich – eigensinnig und forsch und eine Plage von Frau. Mit einem Herzen so weit wie das Meer.«
»Warum heiratest du sie dann nicht?«
»Ich habe ihr einen Antrag gemacht, aber sie hat mich abgewiesen.«
»Was?« Sie verzog mürrisch das Gesicht. »Dann glaube ich nicht, dass sie die Richtige für dich ist. Klingt für mich nach einer Närrin, und du solltest keine Närrin heiraten.«
»Glaub mir, sie ist keine Närrin. Nur vorsichtig. Und ihr Leben ist … kompliziert.«
»Na, dann entkompliziere es!« Sie tippte mit dem Finger auf den Vertrag. »Wenn du ein solches Geschäft zustande bringst, wirst du ja wohl auch im Leben einer Bierbrauerin vom Land, die die Kinder ihres Bruders hütet und keinen Mann mehr gehabt hat, seit ihr Verlobter im Krieg gefallen ist, Ordnung schaffen können.«
Er sah sie verdutzt an. »Woher weißt du das alles?«
Sie hob den Kopf. »Ich habe meine Quellen, schon vergessen?«
Der Herrgott möge uns allen beistehen, dachte er. Wer weiß, was sie sonst noch ans Licht geholt hat.
Er wollte gerade nachhaken, als aus dem Vorzimmer Lärm zu hören war. Dann jaulte Croft auf, und ein Junge kam ins Büro gestürzt.
»George?« Jarret sprang mit klopfendem Herzen auf. Was machte der Junge in London? Und war Annabel etwa auch gekommen?
Croft eilte herbei und packte den armen Jungen am Kragen. »Verzeihen Sie, Sir, aber der Bengel hat mich getreten und sich an mir vorbeigemogelt. Ich schwöre –«
»Lassen Sie ihn los, Croft. Ich kenne ihn. Lassen Sie uns allein.«
Croft rang die Hände, murmelte etwas, das nach einem Fluch klang, und marschierte aus dem Büro.
George sah etwas mitgenommen aus: Seine Kleidung war zerknittert, seine Haare waren zerzaust und seine Schuhe schmutzig. Und klebten da etwa Kuchenkrümel an seiner Jacke?
Kaum hatte Croft die Tür geschlossen, baute sich George vor Jarret auf und sagte ohne jede Vorrede: »Sie wussten, dass ich ein Bankert bin, und haben es mir nicht gesagt!«
Ihm war deutlich anzusehen, dass er sich verraten fühlte, und Jarret zog sich der Magen zusammen. Zur Hölle noch mal! »Ich habe es erst am Abend vor meiner Abreise erfahren, als deine Tante –«
»Meine Mutter , meinen Sie. Sie können es ruhig sagen. Sie ist meine Mutter !«
Die Großmutter räusperte sich. George drehte sich erschrocken zu ihr um und lief rot an.
»George, das ist meine Großmutter, Mrs. Hester Plumtree. Großmutter, das ist George Lake, Annabels –«
»Sohn«, warf George rebellisch ein. »Ihr unehelicher Sohn.«
Großmutter sah ihn verdutzt an, dann erhob sie sich. Sie
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