Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Spiel der Teufel

Titel: Spiel der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
sah ihn beinahe hilflos an und erhob sich. »Frau Wegner
«, sagte er mit seiner tiefen, sonoren Stimme, »wenn irgendetwas
ist, Sie können sich jederzeit an mich wenden.« Und
zu Henning mit einem kaum merklichen Schulterzucken: »Wir
gehen dann mal. Bleibt ihr noch einen Moment? Gerds Mutter
müsste eigentlich bald eintreffen. Lasst Frau Wegner nicht allein,
okay?«
    »Keine Sorge«, erwiderte Henning leise, »wir kümmern uns
um sie. Wir treffen uns nachher im Präsidium.«
    »Kann ich dich vorher noch kurz unter vier Augen sprechen?«,
fragte Ziese.
    »Natürlich. Ich bin gleich wieder da«, sagte Henning zu Nina,
die sich aus seiner Umarmung löste und nickte und sich die
Tränen mit einem Taschentuch aus dem Gesicht wischte.
    Sie gingen nach draußen. Ziese, der über eins neunzig und damit
gut zehn Zentimeter größer als Henning war, sah diesen an und
meinte leise: »Das war ein klassischer Suizid. Weiß der Geier,
warum er sich auf diese Weise davongeschlichen hat.« Er sprach
langsam und bedächtig, die Hände in den Taschen seiner Cordhose
vergraben. Uber dem blauen Hemd trug er ein kariertes
Sakko, und irgendwie erinnerte er Henning immer ein wenig an
Sherlock Holmes. Nur die Pfeife fehlte und die berühmte Mütze.
    Und Knickerbocker trug er natürlich auch nicht.
    »Was meinst du mit klassisch?«
    »Ein Schlauch vom Auspuff ins Wageninnere, der Motor lief,
als er gefunden wurde, und das Garagentor war verschlossen.
    Das meine ich mit klassisch.«
    »Höre ich da einen Zweifel in deiner Stimme?«, fragte Henning.
Ziese schüttelte den Kopf. »Nein, ich wollte es dir nur sagen.«
»Und dafür willst du unter vier Augen mit mir sprechen? Nur,
um mir das mitzuteilen? Komm, spuck's aus, da ist doch noch
irgendwas.«
    Ziese verzog den Mund und meinte, ohne dass ein anderer es
hören konnte: »Keine Ahnung, ich weiß selber nicht, was ich
von der Sache halten soll. Gerd war nicht der Typ für so was.
Abgesehen von den zwei Jahren in Russland war er seit über
zwölf Jahren in meiner Abteilung.« Er zuckte mit den Schultern:
»Was ich damit sagen will, ist, ich glaube ihn ziemlich gut
gekannt zu haben.«
    »Davon gehe ich aus. Hat er einen Abschiedsbrief hinterlassen?«
»Nein, zumindest haben wir noch keinen gefunden. Abschiedsbriefe
liegen ja in der Regel sehr sichtbar auf dem Tisch
oder dem Regal. Auch das wäre nicht seine Art gewesen. Und
außerdem hat er Nina doch über alles geliebt, sie war die Frau
seines Lebens. Für sie hätte er alles getan, wenn du verstehst.
«
    Für einen Moment entstand eine Pause, dann sagte Henning:
»Ich weiß. Willst du damit andeuten, dass wir uns etwas näher
mit der Sache beschäftigen sollen?«
    »Ich will nur sichergehen, dass es wirklich Selbstmord war. Ich
will, dass alle Fakten stimmen.«
    »Also doch Zweifel. Wann hast du Gerd das letzte Mal gesehen?
«
    »Am Freitag, weil ich gestern den ganzen Tag unterwegs war.
Er machte auf mich nicht gerade den Eindruck, als würde er
vorhaben ... Ach was«, winkte Ziese ab, »manche faseln die
ganze Zeit davon, dass sie sich umbringen, und tun's dann doch
nicht, aber die, die alles in sich reinfressen, die tun's. Und Gerd
hat immer alles in sich reingefressen. Nicht mal, als das mit
Rosanna passiert ist, hat er sich groß was anmerken lassen. Tut
mir leid, ich begreif's einfach nicht. Na ja, es wird schon alles
seine Richtigkeit haben«, sagte er in einem Ton, als würde er
seinen Worten selbst nicht glauben.
    »Nee, richtig ist da gar nichts, aber womöglich werden wir die
Wahrheit nie erfahren. Wie bei diesem Arzt.«
    »Was meinst du damit?«
    »Na ja, warum er's getan hat. Ich geh wieder rein, schau aber
nachher noch mal bei dir im Büro vorbei.«
    »Bis dann«, verabschiedete sich Ziese, ein alter, erfahrener Polizist,
den nichts so leicht aus der Ruhe bringen konnte, der auf
alles eine Antwort zu haben schien und der von seinen Mitarbeitern
den liebevollen Beinamen Paps bekommen hatte. Doch
hier schien auch er keine Antwort zu haben. Noch ein paar
läppische Monate, und er würde in Pension gehen und einen
gutgeführten und vor allem sauberen Laden hinterlassen. Er
war ein aufrechter, integrer Kriminalist, den alle schätzten. Immer
sehr auf sein Äußeres bedacht, meist mit Anzug oder wie
heute einer Kombination und stets mit Krawatte, selbst an Tagen,
an denen das Thermometer über dreißig Grad stieg, was in
Kiel jedoch nur sehr selten vorkam. Henning konnte

Weitere Kostenlose Bücher