Spiel nach meinen Regeln
Zum Abschied küsste er mich mit aufrichtiger Zärtlichkeit und erinnerte mich noch einmal an die Weinprobe.
Ich schwebte wie auf Wolken. Ich war mir sicher, ich sei auf gutem Wege. Zwar war ich ein wenig verlegen, aber der Sex war gut gewesen, keine Frage. Ungeduldig, spontan und ausgesprochen geil. Zudem war ich mir sicher, dass es nicht passiert wäre, wenn Valentina dabei gewesen wäre. Dann hätte er mich kaum bemerkt und wäre von ihr hingerissen gewesen.
Das sind die Männer immer.
Aber wir hatten es getan, und er wollte mich unbedingt wie-dersehen. Er war auch von mir angetan gewesen. Na gut, eher auf eine ziemlich derbe Art, aber so sind die Männer eben. Ich mag jedenfalls derbe Männer, das heißt Männer, die in sexueller Hinsicht ein sicheres Auftreten haben. Ich mag selbstsichere Männer, Punkt. Es gibt nichts Schlimmeres als einen Mann, den Sex verlegen macht oder der sich hinterher schämt.
Eigentlich hatte ich von Valentina eine Entschuldigung da-für erwartet, dass sie mich versetzt hatte. Natürlich hatte sie keine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, des-halb rief ich sie an und erfuhr, dass der Generaldirektor ihrer Firma sie zur Teilnahme an einer Sitzung aufgefordert habe, die so wichtig gewesen sei, dass sie die Verabredung mit mir ganz vergessen habe. Ich erzählte ihr von Michael, ließ jedoch die saftigsten Einzelheiten aus. Schließlich war es das erste Mal in der Zeit unserer Bekanntschaft, dass ich das bessere Los gezogen hatte.
Ich wollte unbedingt den Typen kennen lernen, den die kleine Chrissy Green gebumst hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er wirklich so süß war, wie sie meinte. Zumindest nicht süß nach normalen Maßstäben. Süß ist relativ. Chrissy Green mag zwar süß sein, aber Valentina ist erste Sahne.
Zum Beispiel meinte sie, er sei groß gewachsen. Neben Chrissy ist jeder Mann groß. Sie meinte, er sehe gut aus. Im Vergleich zu den Männern, mit denen sie sonst immer ausgeht, tat er das bestimmt. Sie meinte, er sei selbstsicher, leidenschaftlich, erfahren und rücksichtsvoll. Aber diese Einschätzung kam von Christina Green, Expertin für unbeholfene Fummeleien auf dem Rücksitz von Gebrauchtwagen mit Jungs aus zweiter Hand. Ich wollte ihn trotzdem kennen lernen, denn man hatte unserem Firmenchef gesagt, er veranstalte die besten Wein-proben, somit war er für mich als Zuständige für Betriebsveranstaltungen ein gesellschaftliches Muss. Deshalb arrangierte ich ein weiteres Treffen.
Erwartet hatte ich einen wichtigtuerischen Schuljungen, eher kleiner als ich, wahrscheinlich leicht übergewichtig und bestimmt nach den ersten Worten so anhänglich wie ein junger Hund. Stattdessen stand auf einmal Michael Callington vor mir.
Er war über eins achtzig groß und sah umwerfend aus. Er verhielt sich auch nicht wie ein junger Hund; nichts dergleichen.
Er hatte sogar den Nerv anzumerken, wie kurzfristig ich unsere letzte Verabredung abgesagt hätte. Wäre er nicht dem Direktor empfohlen worden, hätte ich ihm geraten, sich zu verpissen, aber das konnte ich natürlich nicht tun.
Ansonsten war er ausgesprochen höflich, zeigte jedoch nicht das geringste Interesse an mir. Das war zu viel. Klar, Chrissy hatte ihn wahrscheinlich eingesabbelt, doch er war darauf abgefahren. Sie hätte es niemals gewagt, mich anzulügen, deshalb stimmte es wohl, aber wenn ich nichts über den Vorfall gewusst hätte, hätte ich ihn für schwul gehalten.
Ich wollte bloß, dass er einen Funken Interesse zeigte, dann konnte sie ihn meinetwegen haben. So aber brauchte es eine ganze Flasche Champagner und mehrere Winke mit dem Zaunpfahl, bis er mich nach der Arbeit in seine Wohnung ein-lud, vorgeblich, um einige der Weine zu probieren, die er der Firma vorstellen wollte.
Ich wusste genau, was ich tun würde. Nach der Arbeit würde ich mein Haar lösen und meine Bluse so zurechtrücken, dass der Ansatz der Brust gerade eben zu sehen war. In seiner Wohnung angekommen, würde ich ein bisschen flirten und meine Figur ein wenig zur Geltung bringen, bis er die Andeutung schließlich kapierte und mir Avancen machte. Dann würde ich ihn zurückweisen und meinem Erstaunen darüber Ausdruck verleihen, dass er meine Signale auf so plumpe Weise fehlin-terpretiert habe. Anschließend könnte ich Chrissy berichten, er habe mich angemacht, ich aber sei nicht darauf eingegangen. Ich würde sogar andeuten, ich hätte ihr nicht in den Rücken fallen wollen, und er sei auch nicht gut genug
Weitere Kostenlose Bücher