Spiel unter Freunden
Maisstängel.
Kapitel 6
Mitchell Cross traf
kurz vor Mittag am Lagerhaus ein, parkte seinen schwarzen Mercedes
in der Tiefgarage und fuhr mit dem Lastenfahrstuhl hinauf in das
Loft. Der Morgen war die reine Katastrophe gewesen.
In der Haltebucht beim
Ankunftsterminal des Flughafens hatte er eine halbe Stunde auf
Diane warten und mit den Polizisten Katz und Maus spielen
müssen, die jedem Wagen, der länger als zwei Sekunden mit
laufendem Motor am Bordstein stand, einen Strafzettel verpassten.
Auf dem Rückweg hatte ihn Bob Greenberg dann auf dem Handy
erwischt, war arrogant und selbstgerecht gewesen, was SKID betraf,
und hatte schon fast rundheraus damit gedroht, ihm den
Schoolhouse-Games-Etat zu entziehen. Einzig der LowryTunnel hatte
ihn gerettet, weil er die Verbindung unterbrach, bevor Mitch aus
der Haut fahren konnte.
Sie verbrachten
fünfzehn Minuten in dem schwarzen Wurmloch, blockiert von Gott
weiß was auf der anderen Tunnelseite. Stau aufgrund hohen
Verkehrsaufkommens wurde es genannt. Mitch nannte es zu viele
verdammte Leute in zu vielen verdammten Autos.
Dianes Nörgeln
ging schon nach fünf Minuten in Gejammer über, und kaum
hatte sie die Schrecken einer Kohlenmonoxydvergiftung
heraufbeschworen, streckte sie tatsächlich den Kopf zum
Fenster hinaus und pöbelte in Richtung eines Pick-ups voller
Jäger in leuchtendem Orange, sie sollten gefälligst ihren
Motor abstellen. Teufel auch.
Manchmal kam es ihm
vor, als sei die Frau von Todessehnsucht getrieben.
Er war so
verärgert gewesen, dass er beim Haus nicht einmal ausgestiegen
war, sondern sie nur abgesetzt hatte und davongefahren war. Er
hatte im Rückspiegel noch einen letzten Blick auf sie
geworfen, wie sie in der Einfahrt stand, beladen mit ihrem
Gepäck. Verletzt und schwach hatte sie ausgesehen.
Über ihm rumpelte
das Räderwerk des Fahrstuhls, und dann kam die Kabine mit
einem Ruck zum Stillstand. Durch die Holzgitter blickte er in das
Loft, stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und
dachte: Daheim .
«Hi,
Mitch!» Annie sah ihn als Erste, aber auch nur deswegen, weil
sie bei den Kaffeemaschinen stand und nicht an ihrem Computer
saß. Alle anderen drängten sich um Roadrunners Monitor
wie eine Hexenschar um den Kessel mit Giftgebräu.
«Komm schon da
raus. Süßer. Du siehst aus wie Armani hinter
Gittern.»
«Hi,
Annie.» Er ging zu ihr an das Wandbord mit den vier
Kaffeemaschinen und dem großen weißen Behälter
für Backwaren.
«Verdammt,
siehst du gut aus.» Die dicke Annie zog ihre sämtlichen
Kinnfalten ein und bedachte ihn mit einem ihrer gedehnten und
verführerischen Lächeln, mit Hilfe derer sie die meisten
Männer vergessen ließ, dass sie mindestens hundert Pfund
Übergewicht mit sich schleppte. «Hätte erwartet,
dass du zu Hause geblieben wärst, um zu feiern. Diane muss
doch auf Wolke sieben schweben.» Mitch zuckte die Achseln.
«Sie ist nur müde. Vielleicht köpfen wir aber heute
Abend noch ein Fläschchen Champagner. Woran arbeiten die denn
alle?» Er öffnete den Deckel des weißen
Behälters und schaute hinein in der Hoffnung, etwas nicht
absolut Tödliches zu finden, vielleicht einen
Bagel.
«Mitch, alter
Drecksack, komm her! Wir legen gerade den letzten Scheißkerl
um, ob du's glaubst oder nicht», bellte Harley.
«Sichern deinen Kindern ihre
Ivy-League-Ausbildung.»
«Ich hab aber
keine Kinder.»
«Weiß ich
doch, aber ich bleib ein unverbesserlicher Optimist. Ich stell mir
eben vor, dass du eines Tages doch nochmal einen hochkriegst.
Himmel! Hast du für den Schlips etwa Geld bezahlt?»
Grace spürte Mitchs Hand auf der Schulter und sah auf die
kleinen weißen Wolken auf blauem Untergrund. «Das ist
eine Krawatte von Hermès, und die hab ich ihm letztes Jahr
zu Weihnachten geschenkt.»
«Ihm hast du
eine Hermès-Krawatte geschenkt, und ich hab nur einen
lausigen Schlüsselring gekriegt?»
«Sie hat dir ein
italienisches Stilett geschenkt, du Blödmann», sagte
Annie.
Harley dachte einen
Moment nach. «Oh ja, stimmt. Und welcher Geizhals hat mir den
Schlüsselring geschenkt?» Roadrunner lehnte sich
entnervt auf seinem Stuhl zurück.
«Wollt ihr
Kinder euch nicht einen anderen Spielplatz suchen, damit ich das
hier fertig machen kann?»
«Ist das jetzt
wirklich der Letzte?», fragte Mitch.
Grace nickte.
«Die große Nummer Zwei-Null. Und wir haben bisher
über dreihundert Hits auf der Test-Site im Internet. Über
die Hälfte der Leute haben das Spiel
vorbestellt.»
«Das
Weitere Kostenlose Bücher