Spiel unter Freunden
der
Beste, auch wenn mir selbst leider kein Lob für den Einfall
gebührt, so gerne ich es hätte. Auf diese Idee ist
nämlich Grace gekommen.» Harley hämmerte auf ein
paar Tasten, und ein neues Foto erschien.
Mitch beugte sich vor
und betrachtete das Bild mit zusammengekniffenen Augen. Roadrunner
nun ja, Roadrunner, verkleidet als Prostituierte war
über die Flügel eines riesengroßen Engels aus Stein
drapiert und sah mausetot aus. «Was, zum Teufel …
?»
«Spitze, ne? Da
hab ich wirklich einen unglaublichen Gegenlichteffekt hingekriegt
…»
«Grotesk. Wo
hast du das aufgenommen?»
«Lakewood-
Friedhof.»
«Die Statue
ist gigantisch .
Wie soll denn jemand eine Leiche da hinaufhieven?» Harley
nickte zustimmend. «Gute Frage, Grasshopper. Eben das musst
du rauskriegen, denn daraus ergibt sich ein Hinweis.» Mitch
neigte den Kopf zur Seite, inzwischen eher neugierig als
abgestoßen und auch ein wenig entspannter. «Eigentlich
gar nicht so schlecht. Ich hatte Blutrünstigeres
erwartet.» Harley strahlte. «Siehst du? Geschmackvoll,
nicht wahr?»
«Da ist nur
dieser winzige Blutfleck, dort … sieht aus, als sei sie
erschossen worden.»
«Genau. Und wenn
du den Fleck anklickst, kriegst du eine hübsche
Großaufnahme von der verspritzten Hirnmasse geliefert, die
…» Mitch kniff die Augen zusammen. Harley versetzte
ihm einen sanften Stoß gegen den Arm, sodass er beinahe vom
Stuhl gefallen wäre. «War 'n Witz. Den Autopsiebericht
kriegst du. Todesursache: eine einzige Kugel, Kaliber .22, direkt
ins Gehirn. Und wenn du andere Körperteile anklickst, werden
Infos über sonstige Sachen aufgerufen Verletzungen, weil
sie sich zur Wehr gesetzt hat, Spuren von Fesseln, Blutgruppe und
Blutwerte, Zeitpunkt des Todes …»
«Was ist das
da?» Mitch deutete auf einen schattenhaften Fleck auf dem
Beton am Sockelfuß der Statue.
«Das ist ein
Fußabdruck. Klick ihn an und du kriegst ein Aufklappmenü
mit den Ergebnissen der Polizei. Gummierte Sohle, Joggingschuhe,
Reebok, Männergröße 11 …» Mitch sah
ihn interessiert an. «Hmm. Es handelt sich also vermutlich um
einen Mann … ?»
«Oder um eine
wirklich große Frau, oder um eine kleine Frau, die
Männerschuhe trägt …»
«Völlig
unmöglich, dass eine Frau der Täter ist. Eine Frau
hätte niemals die Körperkraft, eine Leiche so weit nach
oben zu hieven. Es muss sich um einen Mann
handeln.»
«Vielleicht,
vielleicht aber auch nicht. Das muss man eben
herausfinden.»
«Und was dann?
Wie löst man das Problem?»
«In der
Datenbank des Spiels gibt es eine Liste mit fünfhundert
möglichen Verdächtigen. Darin sind ihre statistischen
Daten verzeichnet und solche Sachen wie Beruf, Hobbys,
Geburtsdatum, Adresse, Vorstrafenregister, dieser ganze
Scheiß. An jedem Tatort findet man eine Menge Hinweise, aber
manche davon sind nur sehr schwer zu entdecken, und nur bitter
wenige erweisen sich letztlich als hilfreich, einige der
Verdächtigen aus der Datenbank ausschließen zu
können.»
«Wie
das?»
«Es gibt
Millionen Möglichkeiten. Wir haben diese Möglichkeit
nicht eingesetzt, weil sie zu einfach ist, aber nehmen wir zum
Beispiel an, es wurde ein Beweis gefunden, dass der Täter
Rechtshänder ist. Dann könnte man alle Linkshänder
von der Liste der Verdächtigen streichen.»
«Oh-h-h.»
Mitch zog die Augenbrauen hoch. «Ist ja cool.» Grace
und Annie sahen einander an und rollten mit ihren Stühlen ein
bisschen dichter an Harleys Workstation, ohne einen Ton zu sagen.
Mitch bekam nichts davon mit.
«Jedenfalls», fuhr
Harley fort, «sind die Morde alle von demselben Täter
begangen worden, und deswegen kann man, je weiter man dem Spiel
folgt, umso mehr Verdächtige ausschließen und
erfährt umso mehr über den Täter. Oder die
Täterin. Das Profil unseres Mörders besitzt
siebenundfünfzig Charakteristika. Identifiziere zwei davon,
finde zusätzlich die richtigen Hinweise und eliminiere die
richtigen Verdachtspersonen von der Liste dann und auch nur
dann führt dich das Programm vom ersten Mord zum
zweiten.» Mitch nickte. «Und dann liefert dir der
zweite Mord ein paar weitere Hinweise zum Mörder, und du
kannst weitere Verdächtige ausschließen
…»
«Du sagst es.
Langsam kapierst du.» Mitch beugte sich weiter vor und
deutete auf den Monitor.
«Was ist denn
das?»
«Musst es schon
anklicken, Kumpel, wenn du's rausfinden willst.» Mitchs
rechter Zeigefinger verharrte über der Maus, als er
hörte, wie Grace hinter ihm leise
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