Spielzeugsoldaten
Landes, der geprägt war von dichten Wäldern und einem schier unüberwindlichen Gebirgszug. So hatte es ihr zumindest der Soldat berichtet, mit dem sie telefoniert hatte. Seine Stimme hatte sehr ehrfürchtig, aber auch sehr besorgt geklungen, als er verstand, dass Juli als Journalistin Major Avis begleiten würde. Er hatte Juli gesagt, das s sie sich glücklich und geehrt fühlen sollte mit Major Avis reisen zu dürfen.
„Ja... ja...“ Ihre kleine Schwester rollte mit den Augen.
„Raku Avis “, Julis Vater war aufgestanden und im Raum auf und ab gegangen, „nie gehört. Werden in deiner Einheit nur Männer sein?“
‚Als wenn das mein größtes Problem sein würde!’ dachte Juli bei sich.
Doch sie kannte ihren Vater zu gut: Er wollte sich mit Belanglosigkeiten von seinen Sorgen ablenken. Es war wie damals als Juli Rambur verlassen hatte. Damals hatte er tagelang nach Bus- und Zugverbindungen gesucht, nur um sich mit irgendetwas zu beschäftigen, damit er nicht daran denken musste, dass ihn seine älteste Tochter verließ. Die Situation heute war ungleich dramatischer, doch sein Verhalten war dasselbe.
„Ich weiß e s nicht.“
Sie wusste vieles noch nicht und sie wollte auch vieles noch nicht wissen, denn sie wollte keine Angst haben. Und dessen war sie sich sehr sicher, sie würde Angst bekommen, sobald sie mehr Informationen hatte und ihre Phantasie versuchte die letzten Informationslücken zu schließen. Es beruhigte sie, offensichtlich einem außergewöhnlich erfolgreichen Offizier zugeteilt worden sein. Aber es beunruhigte sie, dass dieser eine Spezialeinheit anführte. Auch wenn sie sich noch keine Vorstellung davon machen konnte, was das bedeutet.
Es waren einige Minuten vergangen und nun hatte sich Julis Mutter entschlossen, doch noch wie erwartet in Tränen auszubrechen. Sie war kaum zu beruhigen, stammelte U nverständliches vor sich hin und rief den Namen ihres gefallenen Vaters. Der Schrecken von Julis Entscheidung hatte sie erreicht.
„Wir werden... wir werden... trotzdem die Fam iliengruft vorbereiten lassen. “ , brachte sie endlich , ihre Stimme von Tränen erstickt, heraus.
Und ihre Worte trafen Juli mitten ins Herz: Ihre eigene Mutter glaubte nicht an ihre Rückkehr.
Auch ihr Vater und ihre Schwester zeigten ihr Entsetzen nun deutlicher, doch es war nur Julis jüngere Schwester, die zu ihr trat und sie umarmte, so fest, dass Juli glaubte sie würde sie nie gehen lassen.
‚Ich werde nicht umkommen.’ , flüsterte Juli zu sich selbst und versuchte an ihre eigenen Worte zu glauben.
Hatte sie sich so sehr in der Tragweite ihrer Entscheidung geirrt? Es fühlte sich richtig an.
~*~
„Nein!“
Rakus Faust donnerte auf den Schreibtisch nieder, so dass es schien als erzitterte der ganze Raum.
„Major!“
Oberst Karum versuchte seinen fähigsten Offizier vorsichtig zur Vernunft zu bringen. Doch Raku war nicht zu beruhigen. Allein die Mitteilung, dass sie einen dieser Journalisten mit zu r Front nehmen musste, hatte sie noch nicht weiter beeindruckt. Sie hatte bereits ganz andere Probleme gelöst und sie war es gewohnt ein Spielball politischer Entscheidungen zu sein. Realistische Befehle und Beschlüsse waren noch nie ein Talent von Truppenführung und Regierung gewesen, doch bisher hatte sie es immer irgendwie geschafft die Situation zu retten oder die Anweisungen zu ihren Gunsten auszulegen. Dann hatte sie erfahren, wo ihr neuer Einsatzort sein würde und vor allem hatte sie erfahren, wer dieser Journalist war.
Sie atmete tief durch. Ruhe! Ganz ruhig!
„Oberst Karum, sie kennen die Befehle. Ich werde ab nächster Woche an der Frontlinie zwischen den Städten Lyddit und Giaur stationiert sein, zwischen diesen Städten liegt ein mehrere hundert Quadratkilometer großes Stück Primärwald , in dem sich meines Wissens nach Truppen in der Größenordnung von 1000 Mann gegenseitig belagern und in einem fast undurchdringlichen Dickicht von Pflanzen, Tieren und Minen im Kampf Mann gegen Mann gegenseitig abschlachten, manchmal ohne zu wissen ob sie Freund oder Feind bekämpfen. Es ist Regenzeit und es regnet etwa acht bis zehn Stunden am Tag. Wir kennen den genauen Verlauf der Frontlinie nicht, es gibt keine sichere Versorgung und keine weitere Truppenunterstützung. Sehen S ie für mich, Major Raku Avis, hört sich das nach einem Sonntagsspaziergang an, aber“ , Raku hielt das Dossier über ihren Journalisten dem Oberst entgegen, „für einen weiblichen Journalisten
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