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Spin

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Titel: Spin Kostenlos Bücher Online Lesen
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angestammte Funktion eingesetzten Sonne, und ich gab an sie weiter, was mir Jason erzählt hatte: Die Spinmembran war noch da, aber die zeitliche Umhüllung beendet; sie schützte uns weiterhin, wie sie es die ganze Zeit getan hatte, indem sie die tödliche Strahlung in ein Simulakrum von Sonnenlicht umwandelte, das für das Ökosystem des Planeten verträglich war.
    »Warum haben sie die Membran dann für sieben Tage abgeschaltet?«
    »Sie wurde herunter geschaltet, nicht ab geschaltet. Und das haben sie gemacht, damit etwas durch die Membran hindurchkommen konnte.«
    »Das Ding im Indischen Ozean.«
    »Ja.«
    Sie bat mich, ihr die Aufnahme von Jasons letzten Stunden vorzuspielen, und sie weinte, als sie sie hörte. Sie fragte nach seiner Asche. Hatte E. D. sie an sich genommen oder hatte Carol sie behalten? (Keines von beidem – Carol hatte sie mir in die Hand gedrückt mit der Aufforderung, ich solle damit machen, was mir angemessen erscheine. »Die Wahrheit ist, Tyler, dass du ihn besser kanntest als ich. Jason war für mich ein Geheimnis. Der Sohn seines Vaters. Aber du warst sein Freund.«)
    Wir beobachteten, wie sich die Welt wiederentdeckte. Die Massenbegräbnisse nahmen ein Ende. Die trauernden, verängstigten Überlebenden begann zu begreifen, dass der Planet seine Zukunft zurückgewonnen hatte – so merkwürdig und fremd diese Zukunft auch sein mochte. Für unsere Generation war das ein atemberaubender Umschwung, der Mantel der Auslöschung war uns von den Schultern geglitten. Was würden wir ohne ihn anfangen? Wie würden wir darauf reagieren, dass wir nicht mehr zum Tode verdammt, dass wir nur noch sterblich waren?
    Wir sahen die Aufnahmen der gewaltigen Konstruktion im Indischen Ozean, die sich in die Haut des Planeten gegraben hatte. Noch immer verdampfte das Meerwasser, wo es mit den gewaltigen Säulen in Berührung kam. Der Bogen, wurde er bald genannt, oder auch der Torbogen, nicht nur seiner Form wegen, auch weil etliche auf See befindliche Schiffe in die Häfen zurückkehrten mit Berichten über verschwundene Navigationspunkte, eigenartiges Wetter, durchdrehende Kompasse und Küstenlinien, wo es gar kein Land hätte geben dürfen. Diverse Seestreitkräfte wurden in Marsch gesetzt. Jasons »Testament« gab Hinweise auf eine Erklärung der Vorgänge, doch nur wenige Menschen wussten davon – ich, Diane, das Dutzend, denen es mit der Post zugestellt worden war.
    Diane begann etwas für ihre Fitness zu tun, joggte, während das Wetter herbstlich wurde, auf einem unbefestigten Weg hinter dem Motel und kehrte mit dem Geruch nach gefallenem Laub und Holzrauch in den Haaren zurück. Ihr Appetit wuchs, ebenso wie das Speisenangebot im Coffeeshop. Es wurden wieder Nahrungsmittel geliefert, die Wirtschaft kam langsam wieder in Gang.
    Wir erfuhren, dass auch der Mars vom Spin befreit war. Signale waren zwischen den beiden Planeten hin- und hergegangen, und in einer seiner Reden deutete Präsident Lomax an, dass das Raumfahrtprogramm wiederaufgelegt werden sollte, ein erster Schritt auf dem Weg zur Aufnahme ständiger Beziehungen mit »unserem Schwesterplaneten«, wie er sich ausdrückte.
    Wir sprachen über die Vergangenheit. Wir sprachen über die Zukunft.
    Was wir nicht taten: Wir fielen uns nicht in die Arme.
    Wir kannten einander zu gut – oder nicht gut genug. Wir hatten eine Vergangenheit, aber keine Gegenwart. Und Diane machte sich große Sorgen um Simon.
    »Er hat dich beinahe sterben lassen«, erinnerte ich sie.
    »Nicht mit Absicht. Er ist nicht boshaft. Das weißt du.«
    »Dann ist er gefährlich naiv.«
    Nachdenklich schloss sie die Augen. Dann sagte sie: »Es gibt da eine Wendung, die Pastor Kobel vom Jordan Tabernacle gebrauchte: ›Sein Herz schrie nach Gott‹. Wenn es jemanden gibt, auf den das passt, dann Simon. Aber man muss den Satz verallgemeinern. ›Sein Herz schrie‹ – ich glaube, das sind wir alle, das ist universell. Du, Simon, ich, Jason. Sogar Carol. Und auch E. D. Wenn Menschen begreifen, wie groß das Universum und wie kurz ihr Leben ist, dann schreit ihr Herz auf. Manchmal ist es ein Freudenschrei – ich glaube, das war es bei Jason, und das war es, was ich an ihm nicht verstanden habe: Er war in der Lage, Ehrfurcht zu empfinden. Doch für die meisten von uns ist es ein Schreckensschrei. Der Schrecken des Todes, der Schrecken der Sinnlosigkeit. Unsere Herzen schreien auf. Vielleicht nach Gott, vielleicht nur, um das Schweigen zu übertönen.« Sie strich sich die Haare

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