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Spines - Das ausradierte Ich (German Edition)

Spines - Das ausradierte Ich (German Edition)

Titel: Spines - Das ausradierte Ich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Scherm
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extrem.
    »Ich weiß nicht, ob das gut für dich ist. Ich war so froh, dass endlich alles vergessen war, und jetzt fängt alles wieder an. Er hat sich nie um dich gekümmert, die letzten zwanzig Jahre, es war ihm scheißegal, ob es dir gut geht oder schlecht. Und jetzt wo er glaubt, es wäre doch vielleicht nett, eine erwachsene Tochter zu haben, kommt er angekrochen, und du lässt dich auch noch darauf ein. Ich versteh dich nicht. Wir haben es doch schön gehabt, wir beide.«
    »Aber Mum, ich will doch nur sehen, wie er ist.«
    »Warum tust du mir das an? Ich hab dich gebeten, nicht hinzugehen. Dieses Schwein hat mir so wehgetan.«
    »Hey, Mum, ich will ihn mir nur kurz anschauen, nichts weiter.«
    »Und warum hast du dir die Unterlagen aus Berlin schicken lassen? Ich dachte es war abgemacht, dass du dein Studium hier fertig machst?«
    »Ja, ich weiß, aber ich hab hier eine neue Freundin gefunden, die hat mir ein Zimmer in ihrer Wohnung in Berlin angeboten, wenn ich dort studieren will.« Antje sah sie überrascht an und quittierte diese Lüge mit einem Stirnrunzeln. Davon hörte sie jetzt zum ersten Mal.
    »Du willst nach Berlin, weil er dort wohnt. Er hat dir das in den Kopf gesetzt, um dich von mir wegzuziehen. Was hast du mit ihm ausgemacht?«
    »Ich hab nichts mit ihm ausgemacht, gar nichts, ich will einfach mal in einer anderen Stadt studieren. Das muss nicht Berlin sein. Ich könnte genauso gut nach Wien gehen oder Hamburg. Ich will einfach mal was anderes kennenlernen, was Neues ausprobieren.«
    »Und ich dachte immer, du wärst gern hier. Aber bitte, tu, was du nicht lassen kannst.« Es knackte im Telefon. Ihre Mutter hatte aufgelegt. Sarah ließ das Telefon mit einem Seufzer in ihren Schoß sinken und starrte vor sich hin.
    »Warum hast du gelogen? Du hättest ihr einfach die Wahrheit sagen sollen.« Antjes Stimme war klar und direkt, ohne jeden Vorwurf.
    »Hab ich doch. Ich hab ihr doch gesagt, dass ich mal was anderes kennenlernen will.«
    »Ja, aber du hast um den Brei rumgeredet. Du hast ihr nicht gesagt, dass du dein eigenes Leben leben willst. Dass du es satt hast, wenn sie dich unter Druck setzt. Die ganzen letzten Wochen hier waren für den Arsch. Du bist immer noch zu feig, deiner Mutter zu sagen, was Sache ist!«
    »Ja, okay, aber ich kann das einfach nicht. Wenn ich mit ihr rede, kann ich das einfach nicht.«
    »Das mit dem Zimmer in Berlin war auch gelogen?«
    »Ja. Ich hab mir einfach Unterlagen von verschiedenen Universitäten schicken lassen. Ich will einfach mal raus und was anderes probieren. Und in Berlin gibt es eine sehr gute Fakultät für Biologie. Konnte ich denn ahnen, dass meine Mutter meine Briefe liest, wenn ich nicht da bin?«
    Antje dachte einen Moment über das nach, was Sarah gesagt hatte, dann beschloss sie das Thema zu wechseln. »Apropos Biologie… sollen wir später noch zusammen um die Häuser ziehen, ich hab´n frisches Höschen an und würd gern wieder mal die Wirkung meiner Silikontitten am lebenden Objekt testen.«
    »Beckenbauer! Schau’n wir mal. Kommt drauf an, wie ich danach drauf bin.«

* * *
    Der Anruf erreichte ihn zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Paul war gerade dabei, die Kamera über dem Cortex des Affen zu positionieren, als der Rufton des Handys ihn zusammenzucken ließ. Dieser spezielle Rufton, der ihm sofort signalisierte, dass sein Vater in Schwierigkeiten war. Trotzdem zwang er sich, ruhig zu bleiben, stellte das Telefon auf stumm und führte die Einstellung der Kamera zu Ende. Erst als er die Kamera fixiert und die Position noch einmal kontrolliert hatte, überließ er das weitere Setup des Experiments seinem Assistenten und verließ den Raum.
    Er wollte auf keinen Fall riskieren, dass das Experiment floppte und sie die Ergebnisse in die Tonne klopfen mussten. Dazu hatte er zu viel Respekt vor den Leiden der Versuchstiere, die ihm bei Experimenten in vivo, also am lebenden Versuchstier, so deutlich wurden. Gott sei Dank musste er den Schädel nicht selbst öffnen und den Stahlkranzträger fixieren, diese art Dornenkrone, die zum Justieren der Apparate gebraucht wurde. Das war Job der Neurochirurgen, die ihm den Affen für das Experiment anlieferten.
    Trotzdem arbeitete er lieber mit Schnittpräparaten, dabei hatte er weniger das Gefühl, ein Tier zu missbrauchen, obwohl das natürlich nicht stimmte, Tiere mussten sterben, um an diese Präparate zu kommen, da führte kein Weg dran vorbei, das war mit ein Fluch des Strebens nach

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