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Spinnen füttern

Spinnen füttern

Titel: Spinnen füttern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rawi Hage
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das nicht überleben. Die Männer in diesem Laden sind unglaubliche Schweine. Völlig kulturlos sind die. Es ist schwer, in dieser Welt, die nur aus Fäulnis und Aasgeiern besteht, ernst genommen zu werden. Ich fange gleich an zu heulen, es tut mir sehr leid.
    Ich griff nach meiner Schachtel und reichte sie nach hinten.
    Danke, sagte sie, endlich mal jemand, der ein bisschen höflich und respektvoll ist. Verraten Sie mir Ihren Namen?
    Ich heiße Fly.
    Meine Freunde nennen mich Limo, sagte sie.
    Nemo?
    Nein, Limo wie in liminal , ein Psychologenwort, es bedeutet im Schwellenbereich oder dazwischen. Oh, Fly, der Abend war so was von schrecklich.
    Erzählen Sie mir, was ist denn da drinnen passiert? Es hat Sie wohl sehr mitgenommen?, fragte ich und fuhr los.
    Na ja, also … na gut, Sie sind ja ein Freund von Mani, ich kann Ihnen ja wohl vertrauen. Also. Ich bekam einen Anruf, einen Auftrag für eine Vorstellung. In einem italienischen Restaurant, hieß es. Ich fragte, wie sie an meine Nummer gekommen seien. Freunde von Freunden, sagten sie nur. Eigentlich reicht mir mein Engagement am Piccadilly. Ich bin da dreimal die Woche, ich trete mit ein paar anderen Transen aus aller Herren Länder auf. Die Show ist klasse, wir machen Kabarett auf höchstem Niveau. Ein Zwillingspaar hat einen Auftritt und ein kleiner Bodybuilder, der zwei Mädels auf den Händen trägt, da fliegen natürlich die Röcke. Ich singe drei Lieder, habe einen Monolog und am Ende das große Finale, wo ich noch einmal in einem langen, blauen Kleid mit Federschmuck auftrete.
    Also, ich habe diesen Anruf bekommen, erst wollte ich nicht, doch dann war das Angebot zu gut, um es abzulehnen. Na gut, sagte ich, eine private Feier wird schon nicht so schlimm sein. Außerdem war das Restaurant eine gute Adresse.
    Als ich ankam, führte man mich in ein Hinterzimmer, wo fünf sehr gut aussehende Männer in teuren italienischen Anzügen warteten. Sie begrüßten mich, boten mir etwas zu trinken an und waren sehr freundlich. Sie wollten wissen, ob es stimme, dass ich eigentlich ein Mann bin, weil ich doch so hübsch sei als Frau und so weiter. Dann kam der Kellner reingestürzt und sagte, das Geburtstagskind sei da. Das Licht wurde gedämpft, dann, als er ins Zimmer trat, riefen alle: Überraschung! Als es wieder etwas ruhiger wurde, machte der Kellner die Musik an. Ich sang Happy Birthday und tanzte langsam auf den Mann zu, ich war im Marilyn-Monroe-Kostüm. Die Jungs pfiffen und jubelten. Das Geburtstagskind fasste mich um die Hüfte und wollte mich gleich küssen, und plötzlich … geriet alles außer Kontrolle … alle schrien herum, Gläser wurden zerschmettert, die Männer zogen die Jacketts aus und wirbelten sie über den Köpfen. Während ich mit dem Ehrengast tanzte, kam einer der Jungs zu uns und sagte: Hey, Frank, greif mal zu, und bevor ich reagieren konnte, langte mir dieser Frank unters Kleid und packte mich an … und ließ mich wieder los, als hätte er den Teufel selbst berührt. Jetzt war er natürlich sauer, er schimpfte laut und stieß mich von sich. Ich stürzte auf die Tanzfläche, lag auf dem Rücken … mit meinen hohen Absätzen … Das können Sie sich ja vorstellen, wie das aussah. Franks Freunde fanden das alles sehr lustig, aber mich hatte im Leben noch niemand so gedemütigt. Ich lag auf dem Boden, in einer Lache aus Dreck und Alkohol, überall waren Scherben, ich hatte Angst, mich zu schneiden. Und der Geburtstagstyp drehte jetzt völlig durch, er fand wohl, er sei beleidigt worden. Er ging auf mich los und trat auf mich ein und versuchte sogar, meinen Kopf zu treffen … Im letzten Moment packten ihn seine Freunde, und dann, Fly, das glaubst du nicht, dann zog dieses Biest eine Pistole aus dem Jackett, er wollte mich erschießen! Ich hatte solche Angst … Zum Glück gingen seine Freunde dazwischen und redeten beruhigend auf ihn ein, Frankie, Frankie, sagten sie, komm mal runter, es war doch nur ein Witz. Ich lag immer noch zitternd und weinend auf dem Boden … und ich dachte, ich bin kein Witz, ich bin doch kein Witz! Dann reichte mir einer der Typen die Hand, er zog mich hoch und entschuldigte sich. Er zog ein dickes Geldbündel aus der Tasche und gab es mir. Dann rief er den Kellner, der mich zur Toilette brachte, damit ich mich etwas in Ordnung bringen konnte. Da habe ich dann Mani angerufen. Ich habe geweint, aber Mani hatte einen Platten …
    Ich bin so froh, dass Sie gekommen sind. Dem Mann, der mich bezahlt hat,

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