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Spinnen füttern

Spinnen füttern

Titel: Spinnen füttern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rawi Hage
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habe ich gesagt, dass ich eine anerkannte Künstlerin bin. Ich bin keine Witzfigur. Beim nächsten Mal, habe ich gesagt, soll er sich gut überlegen, ob er jemanden als Witz bezeichnet. Wir sind schließlich alle Menschen. Habe ich ihm gesagt, genau so. Meine Klamotten triefen von Bier und Whiskey, ich stinke nach Zigarren, es ist zum Kotzen. Ich bin noch immer ganz zittrig. Er hätte es wissen müssen, die fetten Goldringe und so, aber weißt du, ich bin froh, dass Mani nicht gekommen ist, wenn er mich so gesehen hätte … Er ist ein Hitzkopf, diese Typen hätten ihm wirklich wehtun können, ich weiß genau, wie die ticken, alles Verbrecher, die betreiben dieses Edelrestaurant, um ihr Geld zu waschen, das ist der Zweck dieser Läden. Ah, ich darf nicht vergessen, mein Kleid in die Reinigung zu geben, ich habe übermorgen einen Auftritt. Lang lebe das Piccadilly! Hier sind wir schon, Fly, halt da vorn an. Was schulde ich dir?
    Nichts, sagte ich. Du bist mein Gast.
    Nimm etwas, bitte, diese Schweine vorhin haben mir viel Geld gegeben. Hier, nimm … und mach dir einen schönen Abend zu Hause … Nimm das Geld, mach dein Schild aus, und geh schlafen, sagte Larry und drückte mir zwei große Scheine in die Hand.
    Ich danke dir … gute Nacht, sagte ich.
    Gute Nacht, sagte Limo und verschwand.
    Stahl
    Es war der Abend nach meinem Erlebnis mit der ehemals berühmten Autorin, deren Name ungenannt bleiben soll; ich beschloss, im Bolero zu essen. Ich trat ein, belegte einen Tisch, nahm ein Tablett und wartete an der Theke, um meine Bestellung aufzugeben. Der Grieche, dem der Laden gehörte, war in der Küche, ich sah seine schmutzige, nicht mehr ganz weiße Schürze, und ich stellte mir vor, wie sehr er schwitzte unter seinem eng gebundenen, blau-weißen Halstuch. Es war ein helles, mediterranes Blau, die vorherrschende Farbe in diesem Restaurant. Man erzählt sich, dass der Grieche, nachdem er das Restaurant gepachtet und ein Orakel befragt hatte, eine griechische Standarte an der Kasse aufstellte, zum Zeichen der Überlegenheit des hellenischen über den lateinischen beziehungsweise romanischen Namen, Bolero, den er nur aus praktischen Gründen beibehalten hatte.
    Seine Frau wirkte immer ausgesprochen müde, unzufrieden und regelrecht verbittert, ihre Brille sah aus, als müsste sie im nächsten Augenblick von ihrer uralten hethitischen Nase rutschen. Dass wir in diesem Laden nicht verhungern, haben wir nur der Tochter zu verdanken, die, einer zarten Göttin gleich, hinter den Vitrinen auf- und abtaucht. Oft schwebt ihr langes, lockiges Haar nur knapp über den Wärmebehältern aus Edelstahl, und nie, nicht ein einziges Mal, hat jemand gesehen, dass es die zubereiteten Speisen berührt hat. Denn ihr Haar ist mit bewundernswerter Genauigkeit und zweifellos mit Absicht auf die entsprechende Länge getrimmt. Dabei kann ich mit Sicherheit sagen, dass die Fahrer eine Prise Salz von diesem Stock, ein wenig homerische Würze, einen verstohlenen Vorgeschmack des Göttlichen nicht verschmähen würden. Außerdem, heißt es, bringt sie mit einer Mischung aus Joghurt und Olivenöl ihre Haare zum Glänzen.
    Es dauerte nicht lange, bis sich zwei Spinnen zu mir gesellten. Sie stellten ihre Tabletts ab, in Dreifaltigkeit saßen wir beisammen. Ich wollte gerade zu einigen Bemerkungen über die Zahl Drei und ihre grundlegende Funktion in der hellenischen Kultur anheben, doch Nummer 76 – mal nannte ich ihn Unterbrechungsspinne, mal Zerstörungsspinne (bis ich mich am Ende für Samson-Spinne entschied) – erzählte bereits hocherregt von zwei jungen reichen Typen, die er mitgenommen hatte.
    Ich habe die beiden einsteigen lassen, erzählte er, sobald sie drin waren, fingen sie hinten an, eine Show abzuziehen. Dann fragten sie mich, wie mein Abend so laufe, und ich erklärte, dass sie meine ersten Kunden seien, ich hätte gerade erst angefangen. Ich hatte schon zehn Stunden auf dem Buckel, aber wenn man das irgendjemandem erzählt, haben alle nur noch den Batzen Knete im Kopf, den man angeblich verdient hat. Und trotzdem sagte der eine: Ich wette, du hast es unter dem Sitz.
    Was habe ich unter dem Sitz?
    Du weißt schon, das Geld.
    Und was geht Sie das an?
    Alles, du Arsch, sagte der Kleine.
    Ich sah in den Spiegel, eine Waffe hatten sie offenbar nicht. Ich sah nur zwei kleine Wichser in teuren Anzügen, die mich einschüchtern wollten.
    Haltet euch gut fest, ihr Volltrottel, sagte ich, ihr habt nämlich den verrücktesten

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